Ein "fotografischer Volltreffer"

Von Bianka Eichinger   08.November 2018

Der Preis für das beste Pressefoto in der Kategorie Sport der Austria Press Agentur (APA) ging dieses Jahr ins Innviertel: Florian Ertl beeindruckte mit seinem Bild namens "First Time" von der Frauen-Fußball-EM 2017 laut Jury vor allem mit "der bestechenden Kombination aus Nachrichtenwert und handwerklicher Qualität." – Einen "fotografischen Volltreffer" nannte es Markus Kiesenhofer vom Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ). Im Interview verrät der 32-jährige Lohnsburger, was für ihn ein gutes Foto ausmacht und warum er trotz seines Erfolges immer noch gerne Unterhaus-Partien im Innviertel fotografiert.

Ein "fotografischer Volltreffer"
Das Siegerfoto von Florian Ertl trägt den passenden Titel „First Time“.

Das Siegerfoto

 

Volkszeitung: Warum trägt Ihr Siegerfoto den Titel "First Time"?

Ertl: Weil es die erste Qualifikation war, die das österreichische Damen-Fußballnationalteam geschafft hat, das erste Spiel und der erste Tor-Jubel.

Und wie war’s so viele Tage mit der österreichischen Damenmannschaft zu arbeiten?

Unkompliziert, in ziemlich entspannter Atmosphäre. Wir waren auch nur zwei Fotografen aus Österreich vor Ort und vielleicht drei Journalisten. Trotzdem verlief alles ganz professionell.

Gibt es einen Unterschied zu männlichen Kicker-Teams?

Nein, von der Professionalität her eigentlich nicht. Der Fußball ist einen Hauch langsamer, aber die Frauen sind eindeutig hart im Nehmen und schauspielern viel weniger, als so mancher männliche Kollege.

Der "Objektiv"-Preis war Ihre erste große Auszeichnung. Wie war das Gefühl, als Sie davon erfahren haben?

Ich reiche sonst eigentlich nie meine Fotos bei Bewerben ein. Nur beim "Objektiv" mache ich immer mit und war auch schon mal mit einem Bild von mir nominiert. Mir bedeuten Auszeichnungen nicht viel, aber natürlich habe ich mich gefreut, dass ich heuer gewonnen habe. Ich bin definitiv nicht der, der sich ins Rampenlicht stellt. Es hat schon seinen Grund warum ich hinter der Kamera stehe.

Neben der subjektiven Beurteilung jedes Betrachters - was macht objektiv für Sie ein gutes Foto aus?

Es gibt Grundregeln, die zu beachten sind, wie zum Beispiel der sogenannte "Goldene Schnitt". Wichtig ist ganz einfach, dass das Foto handwerklich richtig ist. Da reden wir von Belichtung und so weiter. Ich fotografiere nie mit Automatik, sondern nur manuell. Gerade im Sportbereich ist Automatik selten richtig.

Gibt es Sportarten, die Sie besonders gerne fotografieren bzw. würden Sie eine als Ihr Steckenpferd bezeichnen?

Fotografisch ist Skispringen ein Wahnsinn. Und Biathlon ist auch super interessant. Im Sommer ist Leichtathletik besonders attraktiv. Um gute Fußball-Bilder machen zu können, braucht man Erfahrung, da man schon immer vorher wissen sollte, wo die Spieler den Ball hinschießen. Trotzdem ist Fußball meiner Meinung nach gut geeignet, um mit der Sportfotografie zu beginnen. Ein Fehler am Anfang ist häufig, dass sich die Neuen stellen und nicht hinsetzen. Wir Profis sitzen alle und das hat auch seinen Grund: die Perspektive ist ganz einfach besser!

Ein "fotografischer Volltreffer"
Florian Ertl fotografiert nahezu jedes Heimspiel der SV Ried. Selber hat er einige Jahre bei Neuhofen gekickt.

Sie fliegen mit den Kickern von Red Bull Salzburg im Privatjet zu internationalen Spielen. Trotzdem fotografieren Sie für die OÖN auch Unterhaus-Partien. Haben Sie das überhaupt noch nötig?

Ich mache es einfach gerne. Und die Aktionen sind vom Einsatz und der Verbissenheit her im Unterhaus oft gleich gut wie bei den Profis. Die hauen sich richtig rein und ich habe einige wirklich super Fotos von Unterhaus-Partien. Die spielerischen Aktionen geben zwar nicht immer tolle Bilder her, dafür die Emotionen am Spielfeld.

Und wie sieht es mit Ihrer fußballerischen Karriere aus? Wie fit muss ein Sportfotograf selber sein?

Ich hab bis vor zirka acht Jahren selbst gekickt, mich dann aber verletzt und aufgehört. Sportlich muss ein Sportfotograf auch nicht sein, aber eine Grundfitness sollte er oder sie schon haben. Alleine deshalb, weil man die Ausrüstung, die sicher so um die 20 Kilo wiegt, ständig herum tragen muss. Und falls man Wintersport fotografieren möchte, sollte man schon gut Skifahren können.

Sie haben mit einem Informatik-Studium begonnen, aber abgebrochen. Hat sich letztendlich Ihre kreative Ader durchgesetzt?

Ich habe schnell gemerkt, dass das nicht das Richtige für mich ist. Den ganzen Tag vor dem Computer zu sitzen und programmieren, das ist nichts für mich. Ich habe dann ein Kolleg für Grafik und Mediendesign gemacht.

Haben Sie den Schritt in die Selbstständigkeit jemals bereut?

Naja, sagen wir mal so, einfach ist es nicht. Alles hat seine zwei Seiten und es ist schon schwierig als Selbstständiger zu überleben. Die freie Zeiteinteilung ist natürlich klasse. Dafür muss ich aber auch meist abends und viel am Wochenende fotografieren, wenn alle anderen frei haben und etwas unternehmen können. Abstriche im sozialen Leben muss man also definitiv machen. Ohne Agentur im Hintergrund könnte ich mir nicht vorstellen, als selbstständiger Sportfotograf zu überleben. Das ist sehr schwierig.

Wie sehen Ihre Zukunftspläne aus? Können Sie sich zum Beispiel vorstellen ein Fotostudio im Innviertel zu eröffnen?

Ich bin Sport- und Pressefotograf und will das auch bleiben. Gestellte Fotos sind nicht mein Ding. Ich möchte in dem Metier bleiben.

Ein "fotografischer Volltreffer"
Florian Ertl fotografiert nahezu jedes Heimspiel der SV Ried. Selber hat er einige Jahre bei Neuhofen gekickt.

Wordrap

Wenn ich nicht Fotograf geworden wäre, würde ich heute …
als Tischler oder Zimmermann arbeiten.

Glücklich bin ich ...
Ich bin prinzipiell ein glücklicher Mensch. Zurzeit passt bei mir alles.

Darauf bin ich richtig stolz?
Auf unser Haus, das meine Frau und ich gerade bauen.

Dieser Schritt hat mich viel Mut gekostet?
Mich selbstständig zu machen.

Welcher Rat hat Ihnen weitergeholfen?
Ich würde eher sagen, es war ein Mensch und zwar Alois Furtner. Er ist mein Mentor, mein Freund und auch derjenige, der mich mit der Sport-Fotografie infiziert hat.

Was heißt Selbstverwirklichung für Sie?
Einfach das tun zu können, was mir Spaß macht und mich begeistert. Keinesfalls hat Selbstverwirklichung für mich etwas mit Verdienst, Prestige oder Geld zu tun.

Wie eitel sind Sie?
Gar nicht.

Welche Macke können Sie sich nicht abgewöhnen?
Da fällt mir keine ein. Da müssten Sie meine Frau fragen.

Womit kann man Sie nerven?
Wenn Leute denken, dass man mit einer teuren Kamera automatisch gute Bilder macht. Wichtig sind im Grunde fotografisches Grundwissen, Intuition und Erfahrung.

Welchen Kollegen finden Sie richtig gut?
Da gibt es einige, wie zum Beispiel Matthias Hangst von Getty oder Kai Pfaffenbach von Reuters.