Ein Wikinger mit totem Winkel

Von Elisabeth Ertl   02.Dezember 2017

Er ist groß, blond, stark und etwas haarig. Kurz gesagt: ein stattlicher Mann. Die Rede ist von Siegfried, dem Maskottchen der SV Guntamatic Ried. Seine imposante Erscheinung verursacht zwar bei Frauen nur selten weiche Knie, doch bei den Kindern ist er der große Star auf dem Fußballplatz.

Seit mehr als einem Jahr haucht Alexander Zeppetzauer dem starken Wikinger Leben ein. Der 21-jährige Mehrnbacher macht derzeit eine Umschulung zum Altenbetreuer und schlüpft in seiner Freizeit im Schnitt vier bis fünf Mal pro Monat in die Rolle und das Kostüm des Siegfrieds. Eine Figur, die ihre Tücken hat. "Gleich bei meinem ersten Engagement vor gut einem Jahr bin ich mit der SV Ried nach Salzburg gefahren. Auf dem Weg ins Stadion war ich noch nicht ganz sicher auf den Beinen und bin mit vollem Karacho gegen eine Glastür gelaufen. Gott sei Dank war das noch im Spielertunnel, deshalb haben es nicht ganz so viele Leute mitbekommen, aber die Ordner hatten ihren Spaß", erinnert sich der junge Innviertler an seine unvergessliche Premiere als Siegfried.

Zu jedem seiner Auftritte darf Alexander Zeppetzauer eine Begleitperson mitnehmen. Vor allem am Anfang sei das dringend notwendig gewesen. "Ein Freund von mir hilft mir meistens beim Anziehen. Mit der Zeit bin ich aber immer besser geworden und jetzt kann ich es schon alleine." Nach seiner Verwandlung in einen Wikinger macht sich der Mehrnbacher auf den Weg in Richtung Kids-Corner. Dort können die Kinder vor den Heimspielen der SV Ried Fotos mit Siegfried machen und ihrem Idol ganz nahe sein. "Diese Nähe muss man aushalten können, aber damit habe ich überhaupt kein Problem", sagt der 21-Jährige. Nicht ganz so einfach ist die Fortbewegung inmitten der Kinder. "Durch das Kostüm entsteht ein toter Winkel, deshalb sehe ich einen Meter vor mir so gut wie gar nichts. In diesen Situationen ist meine Begleitperson gefragt. Sie muss darauf acht geben, dass ich kein Kind übersehe oder über den Haufen renne", sagt Zeppetzauer.

Der rettende Strohhalm

Körperlich anstrengend findet der Innviertler seine Rolle als Siegfried nicht – außer im Sommer. Bei schweißtreibenden Temperaturen hilft dann nur eins: viel Wasser trinken. Während eines Spiels kommen da an die drei Liter zusammen. Damit er dafür nicht jedes Mal seinen Kopf "abnehmen" muss, hat sich Alexander Zeppetzauer etwas einfallen lassen: Er hat sich extra lange Strohhalme gekauft. "So muss ich nicht andauernd im Spielertunnel verschwinden, denn vor den Kindern kann ich mir schlecht den Kopf herunterreißen."

Dabei wären die Kinder neugierig, wer sich unter dem langen Bart versteckt. "Die jüngeren sind davon überzeugt, dass es sich um einen Spieler der SV Ried handelt. Oft wird dann diskutiert, wer es sein könnte", sagt Alexander Zeppetzauer, der angehalten ist, so wenig wie möglich zu sprechen. Ein mitunter schwieriges Unterfangen. "Manche Kinder sind wirklich hartnäckig."

Schöne Momente mit den Kindern, Schulbesuche und Auftritte bei Weihnachtsfeiern machen einen Großteil von Siegfrieds "Arbeit" aus. Daneben gibt es ein paar weniger erfreuliche Situationen – zum Beispiel, wenn das Maskottchen der SV Ried den Unmut der Leute zu hören bekommt. "Das passiert aber selten. Vor allem jetzt, wo es sportlich so gut läuft. Im letzten halben Jahr vor dem Abstieg war das anders", erinnert sich der 21-Jährige. "Da muss man einfach auf Durchzug schalten."

Nomen est omen

In jedem Fall hat Siegfried seiner Mannschaft in dieser Saison schon viel Glück gebracht. Das liegt vielleicht auch an seinem Namen, der sich aus Sieg (sigu) und Friede (fridu, beides Althochdeutsch) zusammensetzt. Und wenn die SV Guntamatic Ried das letzte Spiel der Herbstmeisterschaft (Freitag, 1. Dezember, 20.30 Uhr auswärts bei SC Austria Lustenau) noch siegreich beendet, ist der vorweihnachtliche Friede auf jeden Fall gesichert.