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"Die Sprache der Pferde kann man nicht lernen"

Von Elisabeth Prechtl   03.August 2016

Braun ist das Fell, schwarz sind Mähne und Schweif. Für den Auftritt vor der Kamera wird beides extra noch gebürstet. Schließlich soll sich Quarter-Horse-Hengst "Brunch" von seiner Schokoladenseite präsentieren. Neugierig blickt er mit seinen dunklen Augen die Besucher an, die Ohren reagieren auf jedes Geräusch, und der einen oder anderen Streicheleinheit ist er nicht abgeneigt.

Neben ihm steht sein Besitzer David Wolkersdorfer und erzählt stolz von den liebenswerten Charaktereigenschaften seines vierbeinigen Freundes. Er berichtet aber auch von den Schattenseiten des Pferdesports, den Schmerzen und Leiden von Turnierpferden und ihren toten Augen. David ist trotz seiner erst 18 Jahre ein profunder Pferdekenner und sehr begabter Zureiter. Schwer erziehbar oder gar böse? Das gibt es für ihn nicht, denn eines ist klar: "Auf der ganzen Welt gibt es nichts Klareres als ein Pferd."

Der Reiter passt sich dem Tier an

Wolkersdorfer war schon in seiner Kindheit von Tieren begeistert, seit er acht ist, nimmt er Reitstunden. In früheren Jahren ist er auch selbst bei Turnieren angetreten und hat an Landesmeisterschaften teilgenommen. Bis ihm klar wurde, dass der Wettkampfsport nur auf Kosten der Tiere geht: "Die Menschen denken ausschließlich an sich und ihren eigenen Erfolg. Sie sind egoistisch und kümmern sich nicht um die Bedürfnisse der Pferde."

Der Umgang, das wurde ihm schnell klar, muss auch anders funktionieren. Und von wem könnte der Mensch dies besser lernen als vom "Objekt" selbst? "Ich habe Stunden damit verbracht, Pferde auf der Weide zu beobachten, ihre Art der Kommunikation und wie sie sich bewegen", sagt Wolkersdorfer. Dabei hat er eine Menge über ihr Verhalten gelernt: "Die Leute sind schnell in ihrem Urteil, sagen, die Pferde wären bockig oder böse. Dabei sind sie häufig einfach nur verwirrt." Pferde sind Fluchttiere, wenn sie Angst haben und keinen Ausweg sehen, fangen sie an, sich zu wehren, aber viele glauben, dass es sich dabei um einen Angriff handelt. Unreitbar oder gefährlich lautet dann die Diagnose.

Problemkinder auf vier Beinen

Dies ist der Punkt, an dem der 18-Jährige einschreitet: In seiner Freizeit besucht er vierbeinige "Problemkinder" und gibt Tipps, welche Änderungen der Reiter im Umgang mit dem Pferd vornehmen sollte. Respekt und eine positive Körpersprache sind in der Arbeit das Um und Auf. Keinesfalls darf Druck ausgeübt werden, denn jedes Pferd hat seinen ganz eigenen Charakter, der zu berücksichtigen ist. Der Halter muss seine Emotionen kontrollieren, und die Zeit darf in der Arbeit keine Rolle spielen. Führungssticks, oft mit einer "Reitgerte" verwechselt, sind keinesfalls zur Disziplinierung da. Zum Beweis schlägt er mit diesen so fest, wie es geht, auf den Boden – und Brunch? Der bleibt seelenruhig stehen. Würden mehr Reiter nach Wolkersdorfers Methoden arbeiten, gäbe es im Reitsport nicht so viele Pferde mit Gelenksschäden und Verhaltensstörungen. Welche Früchte die Arbeit trägt, zeigt sich, als der Westernreiter sich in den Sattel schwingt: Ohne Sattel und Zaumzeug, nur mit Balance und Gewichtsverlagerung lenkt er Brunch: "Man sieht, was man mit Pferden alles machen kann, und man bekommt auch viel zurück."

Wolkersdorfer sieht sich dabei als Übersetzer zwischen Mensch und Tier: "Die Sprache der Pferde können wir nicht lernen, aber einen bestimmten Weg der Kommunikation." Vergessen Sie Pferdeflüsterer Robert Redford – die Bedürfnisse von Pferden kennt kaum jemand besser als David Wolkersdorfer.

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