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Impfpflicht? 14 Masernfälle befeuern Diskussion

Von Gabriel Egger und Alfons Krieglsteiner   31.Jänner 2019

Er hatte sich nur ein bisschen unwohl gefühlt. Als ein 15-jähriger Schüler am 11. Jänner mit leichtem Fieber in die Ambulanz des LKH Graz kam, wusste er noch nicht, wie gefährlich sein Aufenthalt auch für andere Patienten werden könnte. Der Bursch war an Masern erkrankt. Und alle 300 Personen, die sich mit ihm in der Kinderklinikambulanz und rund zwei Stunden danach im Wartebereich aufhielten, waren potenzielle Kontaktpersonen.

Drei Wochen später liegen bei der Landessanitätsdirektion bereits 14 gemeldete und großteils bestätigte Fälle auf. Unter ihnen sind drei erst vier Monate alte Babys. Weitere Fälle sind laut Fachbereichsleiterin Marianne Wassermann-Neuhold zu erwarten. Denn die Inkubationszeit beträgt 21 Tage, und man könne nicht ausschließen, dass das Virus durch die Mitnahme in Kinderarztpraxen weiter übertragen wurde.

 

Ministerin gegen Impfpflicht

In der oststeirischen Gemeinde Anger (Bezirk Weiz) hat die Bezirkshauptmannschaft deshalb eine ungewöhnliche Maßnahme ergriffen: 26 ungeimpften Volksschülern wurde der Schulbesuch verboten, nachdem ein Mitschüler nach einem Skiurlaub in Salzburg erkrankt war. Sie dürfen laut Bescheid auch öffentliche Plätze und Einrichtungen nicht besuchen.

Die ersten Masernfälle in Österreich 2019 haben auch die Diskussion um die Impf-Notwendigkeit neu entfacht. Denn obwohl das Gesundheitsministerium darauf verweist, dass "Masern eine schwere, hoch ansteckende Erkrankung und Impfungen dringend anzuraten sind", ist Österreich von der empfohlenen Impfrate immer noch weit entfernt. 93 bis 95 Prozent wären das von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vorgegebene Ziel. In Österreich liegt sie derzeit bei 83 bis 85 Prozent. Eine Impfpflicht gibt es nicht. Daran soll sich laut Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FP) auch nichts ändern. Sie lehnte eine Impfpflicht gestern ab, plädiere weiterhin für"Selbstbestimmung und Aufklärung". Aufklärung betreiben Oberösterreichs Kinderärzte schon lange. "Was in Graz passiert ist, ist das, was wir immer befürchten. Deshalb kämpfe ich dafür, dass die Kinder geimpft werden", sagt Tilman Königswieser, ärztlicher Leiter des Salzkammergut-Klinikums. Man könne sich auch als Erwachsener impfen lassen, das sei vor allem für Frauen wichtig, weil Masern in der Schwangerschaft dem Baby schaden können.

"Heuer gab es bei uns noch keinen Masernfall, im Vorjahr waren es vier", sagt Landessanitätsdirektor Georg Palmisano. Doch auch in Oberösterreich könne es zu einem größeren Ausbruch kommen: "Weil es auch bei uns eine Impflücke gibt", sagt der Experte. Sie betreffe vor allem die Gruppe der 30- bis 45-Jährigen – und die ungeimpften Kinder unter einem Jahr. Ab dem neunten Lebensmonat sei die kostenlose Impfung anzuraten, bei einem akuten Ausbruch vorsorglich schon ab dem sechsten Lebensmonat.

Seit zehn Jahren werde das Thema zunehmend kontroversiell betrachtet. Mit Info-Broschüren und Aufklärung durch das Gesundheitspersonal müsse man versuchen, Skepsis und Verunsicherung der Impfgegner zu zerstreuen: Gegner wie die Selbsthilfegruppe "xund bleiben – nix impfen", die sich einmal im Monat in Linz trifft.

Video: Das Thema Impfen war auch Thema in der Sendung OÖN-TV

Masern sind alles andere als harmlos

Es ist rund und gerade einmal ein Zehntausendstel Millimeter groß: das Masern-Virus. Es gehört zur Familie der Paramyxoviren, die durch Tröpfcheninfektion (Sprechen, Niesen, Husten) auch über größere Distanzen, etwa von einem Raum zum anderen, verbreitet werden. Beim Menschen können sie auch Mumps und grippale Infekte auslösen.

Masern gehören zu den ansteckendsten Krankheiten überhaupt. Wer einmal daran erkrankt ist, hat in der Regel einen lebenslangen Schutz. Man kann Masern also nur einmal bekommen. Doch sie sind alles andere als harmlos. Die WHO hat erst Ende 2018 vor der rasant steigenden Zahl der Infektionen gewarnt.

2017 wurden weltweit um 30 Prozent mehr Fälle gemeldet als im Jahr davor. 110.000 Menschen sind daran 2017 gestorben, die meisten davon Kinder. Die Impfung ist deshalb so wichtig, weil die Krankheit, ist sie erst einmal akut geworden, nicht behandelt werden kann. Bricht sie aus, sind die Behörden verpflichtet, jede Kontaktperson zu identifizieren, den Impfstatus zu erheben und gegebenenfalls zu impfen. Wer nicht ausreichend gegen Masern geschützt ist, kann im Fall eines Kontakts mit einem Erkrankten bis zu drei Wochen vom Besuch öffentlicher Einrichtungen ausgeschlossen werden. Im Jahr 2017 waren in Österreich mehr als 500.000 Menschen bis 30 Jahre nicht ausreichend geschützt.

Der Impfstoff

Zur Immunisierung gegen das Masern-Virus wird ein sogenannter „Lebendimpfstoff“ verwendet. Er enthält lebende Masern-Viren, deren Oberflächenstruktur im Labor so umgebaut wurde, dass sie die Krankheit nicht auslösen können. Doch das menschliche Immunsystem reagiert auf die entschärfte Variante, lernt das Virus dadurch kennen und tötet dann auch seine ansteckende Variante ab, ehe sie sich im Körper breitmachen kann.

 

3 Fragen an

3 Fragen an Tilman Königswieser

Der ärztliche Leiter des Salzkammergut-Klinikums ist Experte fürs Impfen.

Wie viele Österreicher sind gegen Masern geimpft?

Unter den Zwei- bis Fünfjährigen haben 95 Prozent die erste Impfung, 81 Prozent auch die zweite Impfung. Beide sind notwendig. Es gibt aber eine Impflücke bei den 15- bis 30-Jährigen, da sind nur 70 Prozent geimpft.

Warum lassen manche Eltern ihre Kinder nicht impfen?

Sie sind verunsichert. Die Impfung ist eine Maßnahme, die auch Nebenwirkungen hat, das können Abgeschlagenheit und Fieber bis hin zu sogenannten Impfmasern sein, die aber nicht ansteckend sind. Das alles ist kein Vergleich zu den Folgen einer Maserninfektion. Jeder Tausendste Infizierte stirbt daran.

Sind Sie für eine Impfpflicht?

Ich bin für Aufklärung, um den Eltern die Angst zu nehmen. Auch Erwachsene können sich noch impfen lassen.

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29. März 2024