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Frisch, saftig, Köstlich

02.Oktober 2021

Äpfel mit Birnen zu vergleichen, ergibt wenig Sinn. Aber man könnte Äpfel mit Wirtshäusern vergleichen. Beide holen geschmackliche Erinnerungen an die Oberfläche, Äpfel und Wirtshäuser sind in der Bevölkerung beliebt, und dennoch verschwand ein Teil von ihnen von der Bildfläche.

2000 Apfelsorten gibt es in Österreich, nur zehn Sorten sind marktrelevant. Sehr gerne greifen die Österreicher zu Golden Delicious, einer Sorte, die in den USA entdeckt wurde. Und obwohl der Apfel laut Verein "Land schafft Leben" das beliebteste Obst im Anbau und in der konsumierten Menge ist, werden die Apfelbauern weniger. "In 15 Jahren hat ein Drittel aufgehört. Die Bauern, die noch Äpfel anbauen, bewirtschaften dafür eine insgesamt größere Fläche", schreibt der Verein.

Die Situation der Wirtshäuser ist bekanntermaßen, verglichen mit den vergangenen Jahren, auch nicht besonders rosig. 2010 gab es in Oberösterreich noch 1683 Wirtshäuser. Die Zahl schrumpfte bis 2020 auf 1289 Betriebe. Der Tiefpunkt dürfte allerdings erreicht sein, die Situation erholt sich und die Zahl der Wirtshäuser steigt wieder an, und auch immer mehr Bauern erkennen den Wert der Vielfalt.

Wer Äpfel und Wirtshäuser in einem Atemzug nennt, landet bei der Familie Rahofer, die beides bietet: Apfelsaft aus eigenen Gärten und Wirtshaus. Bereits 1524 war der ehrwürdige Vierkanthof Stützpunkt für hungrige Reiter, 1888 übernahm Familie Rahofer den Betrieb vom Schloss Lamberg, die vergangenen vier Jahrzehnte kochte Rudi Rahofer großartig auf, vereinte Wirtshaus und Restaurant unter einem Dach und verlieh mit seiner Frau Eva der gastronomischen Perle Glanz.

Beginn der Blüte

Anfang 2020 ging die Leitung an Tochter Marie, Carina Kaiser und Florian Gintenreiter über. Auch wenn kurz danach die Coronakrise mit Lockdown kam und nahezu jedes Wirtshaus wie einen blühenden Baum vor dem Frost traf, ergriff das Trio rechtzeitig Schutzmaßnahmen.

Der beste Schutz, um ein Wirtshaus erfolgreich zu führen, ist Qualität, Ehrlichkeit, Freundlichkeit und ein stimmiges Ambiente. Das ist in geballter dreifacher Form vorhanden. Die jungen Gastronomen weisen Einsätze in den besten Häusern auf: Döllerer, Taubenkobel, Filippou, Henssler oder Schuhbeck lesen sich wie ein Wunschkonzert des idealen Lebenslaufs. »

» Die Konstellation war nicht von langer Hand geplant, sondern hat sich so ergeben. Kaiser und Rahofer kennen sich bereits seit Jugendjahren, und man war sich schnell einig, wie es mit dem Wirtshaus weitergeht. Die erfolgreiche Ausrichtung wird in groben Zügen beibehalten: "Wir verfolgen das gleiche Schema mit à la carte und Menü und die zwei Schienen von Restaurant und Wirtshaus", sagt Marie Rahofer. "Gäste erwartet nur eine andere Art von Kreativität, die unserer Ausbildung geschuldet ist. Aber es gibt immer wieder Beuschel – Schnitzel sowieso – oder Rostbraten", sagt Rahofer.

Der Erfolg zeigte sich bereits im ersten Jahr: drei Sterne im A la Carte, zwei Hauben im Gault-Millau-Guide und zwei Gabeln im Falstaff. Gekocht wird leicht, ehrlich und kreativ bodenständig. "Man muss sich immer weiterentwickeln und darf nie aufhören zu denken. Sonst bleibt man stehen", sagt Gintenreiter. Aktuell greift er gerne zu Äpfeln. "Sie sind sehr vielseitig. Egal ob süß oder sauer, Saft oder Chutney, man kann alles damit machen. Ich schaue, was ich von den Bauern bekomme, und verarbeite das nach bestem Gewissen. Sie sind für jeden Koch eine schöne Herausforderung."

Äpfel sind aber mehr: Sie holen Kindheitserinnerungen hervor. "Ich hab mir immer einen gspritzten Apfelsaft bestellt", sagt Rahofer. Apfelsaft begleitet sie ihr Leben lang, zumal ihr Papa neben seiner Kochprofession auch leidenschaftlicher Gärtner und Bauer ist.

Erntezeit in Kronstorf

Heute gönnt sie sich gerne die alkoholische Variante von ihrem Freund Hansi Reisetbauer: Apfelbrand im Eichenfass oder neuerdings den Blue Gin Organic, der mit Apfelbrand verfeinert wurde. Apfelstrudel hat sich bei ihr sensorisch genauso verankert wie bei Gintenreiter. Wenn man ihn fragt, was er mit Äpfeln verknüpft, antwortet er schneller, als Wilhelm Tell schießen kann: "Apfelstrudel von der Oma. Überbacken mit Royal (Eierstich) und Vanillesauce."

"Meine Oma nahm die saure Milch von den Bauern, gab ein paar Eier rein, mixte es auf und gab es über den Strudel. Mit Rosinen und angeschwitzten Semmelbröseln", erzählt Gintenreiter von seiner aromatischen Kindheit. "Sie hat sicher fünf Blech für die ganzen Enkerl gemacht", sagt der Koch – und präzisiert: "Wir waren vier Enkerl."

Heute übernimmt Carina den süßen Part. "Das überlasse ich noch nicht dem Flo", sagt sie mit einem Schmunzeln. Die Köchin und Diplom-Sommelière perfektionierte die Mehlspeisen und begann zudem Brot zu backen. "Das habe ich im ersten Lockdown begonnen." Äpfel sind für Kaiser ein hervorragendes Obst, das sich vielfältig einsetzen lässt und Tradition mit individueller Erfahrung verknüpft. "Den beliebten Mostschober vom Rudi haben wir übernommen, wenn lauwarme Desserts gewünscht werden." Ansonsten gibt es "bochene Apfelradln" oder karamellisierten Bratapfel vor Weihnachten. Kaiser lernte auch in Frankreich und zaubert einige Desserts aus dem Ärmel: Tarte Tatin (französischer gebackener Apfelkuchen) – oder Apfel Millefeuille mit Vanillecreme und Karamell. Eine paradiesische Kombination, die wohl jeden Genießer beim Herzen abholt.

Ebenso unschlagbar ist es, Äpfel mit Roten Rüben zu vermählen. Gintenreiter kocht die Rüben, schneidet sie fein und mischt sie mit dünnen Apfelscheiben. Bevorzugt verwendet er den weißfleischigen, saftigen, süß-säuerlich schmeckenden "Berner Rosenapfel" aus Reisetbauers Obstgarten. Eine alte Sorte, die mit ihren roten Backen hübsch anzusehen ist.

Kann man den Apfel mit anderen Sorten vergleichen? "Nein, der ist einzigartig im Geschmack und mit seinem Süß-sauer-Spiel besser als irgendein Einheitsapfel", sagt Reisetbauer. Einzigartig wie das Gasthaus Rahofer. «

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