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Die Mundart als Buch

02.Oktober 2021

Wer glaubt, dass Hochdeutsch etwas mit einer höheren Sprache im Sinne von höher gebildet zu tun hat, der irrt. Es ist schlicht eine Bezeichnung für einen Sprachraum im höher gelegenen Teil Deutschlands – im Gegensatz zum Beispiel zum Niederdeutschen in Norddeutschland.

Somit sei dem Dialekt ein etwaiger Minderwertigkeitskomplex genommen. Mehr noch, er kann sogar jede Menge Selbstvertrauen tanken, denn dem Hochdeutschen liegen die Dialekte zugrunde. Und einer, der meißnische (benannt nach der deutschen Stadt Meißen), wurde prägend für unser Hochdeutsch. Einfluss auf das Vokabular hatte auch das Oberdeutsche, zu dem der baierische Sprachraum zählt, dessen größter Vertreter Österreich ist.

Aus vielerlei Gründen war im Laufe der Jahrhunderte eine Einheitssprache nötig geworden – Buchdruck, Handel, militärische, aber auch gesellschaftliche Verständigung waren einige davon.

In Österreich wurde diese mit der Unterrichtspflicht sukzessive implementiert. Die Mundart konnte damit aber freilich nicht abgeschafft werden. Einerseits gab es weder Radio noch Fernsehen, ein Sprachaustausch, wie wir ihn heute haben, fand also nicht statt. Zudem ging die Verbreitung nur langsam voran, nämlich primär über die Schulen – und das dauerte Jahrzehnte. Zum anderen gab und gibt es Wörter, die nie ins Hochdeutsche übertragen wurden, jedoch die ländliche Arbeitswelt prägten – wie zum Beispiel der "Wiesbam", der bei der Heuernte über das Gras auf dem Leiterwagen gebunden wurde.

Außerdem war und ist die Mundart in manchen Bereichen nuancierter und präziser als die heutige Hochsprache. Beispiele dafür haben der Sprachforscher Stephan Gaisbauer vom Stifterhaus sowie Klaus Huber, OÖN-Kolumnist und Obmann des Stelzhamerbundes. "Im Dialekt gibt es für das Wort ‚arbeiten‘ 40, 50 verschiedene Wörter, die je eine zusätzliche Bedeutung haben", sagt Gaisbauer. Und Huber ergänzt die Richtungsadverbien wie "daná", "herbei", "vüri". Diese geben nicht nur recht knackig die Richtung an, in die jemand gehen soll, sondern machen auch hörbar, dass sich der Angesprochene an einer konkreten Stelle (Haus, Mensch ...) befindet.

Schluss mit Theorie. Denn das neue Buch der OÖN, das im Trauner-Verlag erscheint, beschäftigt sich primär mit der Praxis – es sind aber auch Interviews mit Gaisbauer und Huber über die Sprachentwicklung sowie zwei Quiz enthalten.

Für das Buch haben wir die wöchentliche Dialekt-Kolumne überarbeitet und jene Wörter, die uns Leserinnen und Leser geschickt haben, in Kapitel eingeteilt. So geht’s in der "Familienaufstellung" um alte Bezeichnungen für Familienmitglieder – Áhnl: Oma, Ähnl: Opa, Niftl: Nichte –, bei "-itzn/-átzn" um Wörter mit ebendieser Nachsilbe – bleangitzn: blinzeln, goamátzn: gähnen, pfugátzn: kichern – oder bei den Kapiteln "Ausflug ins Französische/Lateinische/Ungarische" um Dialektwörter, die aus diesen Sprachräumen in die Mundart übernommen wurden, als hätte es sie hier immer gegeben.

Die Mundart stirbt nicht aus, sagt Gaisbauer, aber sie verändert sich. Und freilich verschwinden immer wieder auch Wörter aus dem aktiven Sprachschatz. Das Buch "Sag ámoi" hebt diesen und leistet so einen Beitrag, um diesen auch zu erhalten. (wm)

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28. März 2024