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Bam, Oida!

02. Oktober 2021, 00:04 Uhr
Bam, Oida!
Bild: VOLKER WEIHBOLD

Am Apfel scheint kein Weg vorbeizuführen, seit Eva von der verlockenden Frucht am Baum der Erkenntnis naschte – weshalb auch Adam in den sauren Apfel beißen und das Paradies verlassen musste. Für Isaac Newton war ein herabfallender Malus (die lateinische Bezeichnung für Apfel) ein Bonus, weil er – so zumindest die Mär – dem englischen Physiker die Augen für das Gesetz der Schwerkraft öffnete. Und schließlich hat die Gattung aus der Familie der Rosengewächse in angebissener Form die digitale Welt erobert, als Apple-Logo.

An Äpfeln einen Narren gefressen hat Ernst Junger, besonders an den alten, raren, heimischen Sorten mit ihren eigenartigen Namen: "Roter von Simonffy", "Prinzenapfel", "Kuhländer Gulderling", "Paradeiser", "Sepperlapfel", "Prinz Albrecht von Preußen" oder "Schafsnase". Äpfel waren im Leben des 59-jährigen Bauern und Baumschulbetreibers aus Dorf an der Pram einfach immer da. Genauso wie sein holzgetäfeltes, 1660 erstmals erwähntes Geburtshaus, das dem nagenden Zahn der Zeit trotzt. Es ist nur eines von elf Gebäuden in Jungers paradiesisch anmutendem Dschungel, in dem es rankt, blüht, wuchert und wächst.

"Man ist halt mit den Äpfeln aufgewachsen. In meiner Kindheit war es mit den Süßigkeiten noch nicht so, und meine Leut’ haben es sich nicht leisten können, uns zu verwöhnen", erinnert sich der Innviertler. Wenn er in der elterlichen Landwirtschaft ums Kuhfutter geschickt wurde, "noch ohne Frühstück, aber schon mit halbwegs einem Hunger", dann hat er zu einem Apfel gegriffen. Beschreibt er den Semmelapfel, wird heute noch sein Mund wässrig: "Der ist ein Chamäleon. Wenn er noch grün ist, schmeckt er wie ein Granny Smith, reifer ist er wie parfümiert, geht sogar in Richtung Birne. Diese Nuancen sind gewaltig."

Keine scharfe Axt

Wie viele Sorten in seinem bewusst so geschriebenen ApfelNatUrwald gedeihen, kann Junger nicht sagen. Irgendwann hat er zu zählen aufgehört. An die 200 werden es schon sein, die auf einer Fläche von 14 Hektar wurzeln. Die meisten Jahresringe hat ein Roter Passamaner gebildet, der kundigen Pomologen auch als Danziger Kantapfel geläufig ist. Der Urgroßvater dürfte den um die hundert Jahre alten Baum gepflanzt haben. "Normal heißt es, der Gärtner braucht eine scharfe Axt und ein hartes Herz, aber in das Schema pass ich wahrscheinlich nicht so gut hinein", sagt Junger, der auf seine Alten schaut. »

» Als Junger noch jung war, setzte er Bäume an – wissend, dass ihm die Zeit fehlte, sich darum zu kümmern. Aber jetzt tragen sie, und mit dem Schneiden kriege man es schon irgendwie hin, "und der Baum weiß manchmal eh besser Bescheid, wie er wachsen soll".

So hat er seine Altbestände nur ein bisschen ausgelichtet, Streuobstwiesen wachsen lassen und die Jungen zwischen die Alten gepflanzt. Das schützt den Nachwuchs vor Wind und Wetter, und den Schädlingen rücken die in dieser Wildnis reichlich vorhandenen Nützlinge wie Marienkäfer, Ohrwürmer, Florfliegen, Wespen und Vögel zu Leibe, "denn ich tu ja nix spritzen". Sein Interesse galt stets einem Leben in und mit der Natur, "da gehören die Pflanzen, die Viecher und die Menschen dazu", sagt er.

Es foamt beim Maul

Wie seine 13 Rinder – Mutterkühe, Kälber und Ochsen –, die die großen Streuobstwiesen beweiden, die 30 Schafe, die zwischen den mittelgroßen Stämmen grasen, und die 80 Gänse, die der Halme rund um die Bäumchen Herr werden. Die Äpfel, die er nicht verwerten kann, überlässt der Bauer den Kühen, die genau wissen, wo die köstlichsten reifen. "Das geht so weit, dass sie sich ein Astl holen und schütteln, bis die Äpfel fallen. Dann rennt die ganze Herde zusammen, wie wenn du den Hendln ein Futter hinschmeißt. Und dann vernaschen sie die Äpfel, dass es gerade so foamt beim Maul", schildert Ernst Junger.

"Du Brave", sagt er mit sanfter Stimme zur Kuh mit dem prall gefüllten Euter, die wie der Rest der Herde umgehend den Weg freigibt, der zu einer Reihe von Bäumen führt, die vor rund 30 Jahren angesetzt wurden. "Den da", sagt der Ernst und holt mit dem Pflücker eine Frucht vom Ast, "nenn’ ich Süßer Danziger, der ist mild, mit blumigem Aroma." Ein paar Schritte weiter bückt er sich nach einem rot leuchtenden im Gras und reibt die Schale an seinem Hemd. "Ein Berner Rosenapfel, der glänzt, wenn du ihn polierst. Der hat einen super Geschmack, ganz fein für Saft. Und dort, der Sepperlapfel, den kennt keiner, ein Spätblüher." Mit dem scharfen Taschenmesser schneidet er ein Speigerl heraus und schiebt es sich in den Mund. "Noch ein bissl säuerlich", befindet er, "aber wenn er reif ist, schmeckt er wie ein Marshmallow." Seine Lieblingssorte? "Die, die gerade reif ist", sagt er und grinst.

Die Streuobstwiesen, die einem Gutteil Oberösterreichs ein prägendes Gesicht verliehen, sind deutlich weniger geworden. "Da ist schon viel verloren gegangen. Ein Baum ist ein Biotop und eine Streuobstwiese ist wieder ein Biotop für sich, mit hunderten Lebewesen", sagt Junger. Schließlich tue ein Baum auch der Seele gut: "Untersuchungen zeigen, wenn in einem Bürogebäude von einem Fenster aus nur ein Baum zu sehen ist, sind die Leute gesünder, als wenn du gar nichts siehst."

Die Sortenvielfalt macht das Leben nicht nur bunt, es hilft auch in Jahren, in denen der Spätfrost zuschlägt – dann erfreut man sich der Spätblüher, die Früchte liefern. Geschmacklich stellt er die alten, raren Sorten über jene wenigen, die der Handel vertreibt, auch wenn ihnen das Makellose fehlt, zu dem die Konsumenten erzogen wurde. Wer sich auf Äußerlichkeiten einlässt, dem bleiben innere Werte verborgen, mit denen etwa ein "Baya Marisa" glänzt, der mit seinem roten Fruchtfleisch überrascht. Oder der Prinzenapfel, der bis Weihnachten hin zeitig wird – "und als Schlotterapfel scheppert, wenn du ihn schüttelst". Nicht zu vergessen der Plangerer oder Plankenapfel, eine alte heimische Sorte, die durch ihr würziges Aroma besticht. Und wenn’s um den Apfelstrudel geht, lässt Ernst Junger die Finger von den gängigen Sorten, die demselben Gen-Pool entstammen, also aus Kreuzungen mit Golden und Red Delicious, Cox Orange, Jonathan, McIntosh oder James Grieve. Da greift er lieber zu einem alten, robusten "Paradeiser", einem "Roten Passamaner" oder zu einem "Schöner von Boskoop". Denn wie heißt es so schön: Der Geschmack macht Sie sicher. « baumschulejunger.at

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