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Ausg'schnapst: Tradition gegen Kitsch

05. Dezember 2015, 00:05 Uhr
Tradition gegen Kitsch
Bild: VOLKER WEIHBOLD

Dem einen sind die Lichterketten im Advent ein Gräuel, der andere erfreut sich an der grellen Beleuchtung der Häuser. Bernhard Lichtenberger bat die früheren ORF-Kollegen Bert Brandstetter und Karl Ploberger zum vorweihnachtlichen Streitgespräch.

Bert Brandstetter, Präsident der Katholischen Aktion Oberösterreich, mag es nicht, dass der Weihnachtsmann dem Jesukind den Rang abläuft. Biogärtner Karl Ploberger hingegen erfreut sich einer Sammlung von 140 Santa-Claus-Figuren. Im Gasthaus Göttfried in der Linzer Altstadt tauschten die beiden ihre Ansichten aus – mit einem Schmunzeln.

 

Was gehört für einen Traditionalisten zur Adventzeit?

Brandstetter: Der Adventkranz, Kerzerln, Weihrauch – und die Dinkellebkuchen meiner Frau. Ploberger: Lichterketten müssen schon auch sein, aber nicht die kalt-blauen, sondern die warm-goldenen. Brandstetter: Das ist der Kitsch! Ploberger: Wenn schon, dann ein Kitsch mit Gefühl, denn ein Jesukind mit blinkenden Augen mag ich auch nicht. Brandstetter: Aber diese Lichteln sind doch grauenhaft, davon geht die Welt unter. Wir brauchen so viel Strom dafür, LED hin oder her. Wir haben eine große Laterne, in der zünden wir jeden Abend eine Kerze an, meist eine selbst gegossene aus Resten. Das ist ein schönes, warmes Licht, schöner als ein elektrisches. Ploberger: Eine eindeutige Stimmung haben wir bei uns zu Hause nicht. Ich mag die Lichterketten bei der Haustür, meine Frau nicht. Dafür stellt sie überall im Haus die Teelichter auf. Das Knistern des Feuers im offenen Kamin gefällt mir auch. Brandstetter: Beim Feuer sind wir endlich einer Meinung ... Ploberger: ... aber Lichterketten lass’ ich mir nicht nehmen!

Tradition gegen Kitsch
Bild: VOLKER WEIHBOLD

Steht der Trend zu Lichterketten in den vergangenen Jahren für eine weitere Amerikanisierung?

Ploberger: Ach, Lichterketten hatten wir schon vor 40 Jahren, denn wir sind einmal mit dem Christbaum fast abgebrannt. Ab da hat sich meine Mutter den echten Kerzen verweigert und nur noch elektrische verwendet. Brandstetter: Ich war einmal im Advent bei euch, da hab’ ich geglaubt, ich bin in Rothenburg ob der Tauber – überall grausliche Weihnachtsmänner und elektrische Lichter. Ploberger: Wann warst du das letzte Mal bei uns? Brandtsetter: Das ist schon eine Zeit aus. Ploberger: Du wirst auch nicht mehr kommen (lacht). Übrigens kann ich meine Lichterketten übers Handy steuern, ich bin ja ein sehr elektronischer Mensch.

Karl Ploberger umklammert gerade seine Weihnachtsmann-Figur. Regt es den Präsidenten der Katholischen Aktion nicht auf, dass der Weihnachtsmann dem Jesukind den Rang abläuft?

Brandstetter: Aufregen tut es mich nicht, da steh’ ich über den Dingen. Aber mögen tu ich es nicht. Ploberger: Mein Weihnachtsmann hat eine lange Geschichte. Als 19-Jähriger bin ich mit meiner damaligen Freundin und heutigen Frau nach Amerika geflogen, wo wir uns diese Figur im Disneyland gekauft haben. Das ist ein echter Coca-Cola-Weihnachtsmann. Mittlerweile habe ich 140 Weihnachtsmänner.

Tradition gegen Kitsch
Brandstetter im Mariendoem, Bild: VOLKER WEIHBOLD

Ist Kitsch nicht auch dazu da, einen Kaufanreiz zu setzen?

Brandstetter: Das ist auch seine Legitimität. Kitsch ist leicht verfügbar, wiederholbar und regt nicht zu einem Tiefgang an.

Wie sieht Ihr Tiefgang im Advent aus?

Brandstetter: Da will ich mich besinnen, zurückschalten, mich auf eines der höchsten Feste der Christenheit vorbereiten und zu mir selber kommen. Das tut einer Seele einfach gut. Ploberger: Ich bin ja kein Gegner der Tradition, aber etwas Anderes gehört halt auch dazu. 

Welcher Advent-Kitsch spricht Sie noch an?

Ploberger: Zum Beispiel die amerikanischen Weihnachtslieder wie "Rudolph the Red Nosed Reindeer". Die bringen eine beschwingte Stimmung rein. Das Besinnliche mag ich erst am Weihnachtsabend. Brandstetter: Dafür gibt’s bei uns die Kekserl erst am 24., da ist meine Frau ganz streng.

In der pastoralen Literatur wird beklagt, dass aus dem christlichen Weihnachtsfest ein Familienfest mit Kitsch, Stimmung und Kommerz geworden ist.

Brandstetter: Ja, schon. Aber heuer hat das Weihnachtsfest mit der Herbergsuche in Europa eine andere, fast tragische Note bekommen. Und wenn ich dann durch die Gegend fahre und die vielen Lichtergirlanden sehe, frage ich mich schon: Sind wir denn wahnsinnig? Wir tun so, als wäre Weihnachten 2015 so wie allemal, dabei steht es aufgrund der aktuellen Flüchtlingssituation diesmal unter ganz anderen Rahmenbedingungen.

Tradition gegen Kitsch
Ploberger im Kitschtaumel Bild: VOLKER WEIHBOLD

Ist das, was wir heute Tradition nennen, nicht stets eine neue Form des Kitsches gewesen?

Ploberger: Das wollt’ ich sagen: Früher hat es gar nichts gegeben, irgendwann haben sie alles erfunden: den Christbaum, den Adventkranz, den Adventkalender, das Lametta. Brandstetter: Ich will mich da nicht in die puristische Ecke drängen lassen, aber auf meinem Christbaum gibt es keine Gutsis, sondern nur ein paar Kerzerl und ein paar Sternderl. Aber was ist Kitsch? Ein Freund hat mir gesagt, Kitsch ist das, was einem gefällt, wenn man allein ist. Das halte ich für eine gute Definition. Ploberger: Kitsch strahlt Wärme aus, dieses Romantische und Gefühlvolle, das die Menschen dort abholt, wo sie sind.

Verlieren die Kinder durch die Pop-Weihnachtsmusik aus dem englischsprachigen Raum den Bezug zu unseren traditionellen Weihnachts- und Winterliedern? Hört das Singen auf?

Brandstetter: Das hätte so auch aufgehört, und dem trauere ich als Sänger und Musiker nach. Es ist schade, dass man sich nicht mehr zusammensitzen kann und wahrscheinlich nur noch in den wenigsten Familien, selbst wenn es "Stille Nacht" ist, selbst gesungen wird. Da wird halt eine CD eingelegt, das find’ ich kitschig. Lieber falsch singen, als sich berieseln lassen.

Wie schaut nun der Plobergersche Weihnachtsbaum aus?

Ploberger: Da gibt es bei uns daheim immer Diskussionen. Meine Frau möchte am liebsten einen Biedermeier-Christbaum, nicht höher als 50 Zentimeter, auf einem Tisch mit ein paar Kerzen. Und ich will, das habe ich von daheim mitgekriegt, einen zimmerhohen Christbaum, am Anfang mit Kerzen, aber dann wirklich mit Lichterketten. Brandstetter: Meine Frau war die, die gesagt hat, jetzt hör’ ma mit dem Christbaum irgendwann einmal auf. Aber jetzt sind die Enkerl dazugekommen, da geht das gar nicht. Die Kinder haben ja fast schon das traditionelle Recht auf einen Christbaum. Da man sie nicht umerziehen kann, spielen wir das Theater halt mit.

Tradition gegen Kitsch
Bild: VOLKER WEIHBOLD

Muss Tradition veränderbar sein?

Brandstetter: Da sag’ sogar ich ja. Ploberger: Sie muss veränderbar sein, ist in einer Familie aber schon ein stabiler Faktor.

Welche Kindheitserinnerungen an den Advent haben sich eingebrannt?

Brandstetter: Das gemeinsame Musizieren mit der Mutter, die noch lebt und mit 96 Jahren noch Zither spielt. Damals gab es bei uns im Mühlviertel zum Essen einen bescheidenen Aufschnitt. Heute gibt’s einen Zander, eine Tradition, die wir von der Familie meiner Frau übernommen haben. Nur einmal haben wir ausgesetzt, wegen der Kinder, wegen der Gräten. Und am 25. Dezember machen wir in der Familie seit Jahren eine Blindverkostung von Bockbieren. Und somit ist es nun eine Tradition. Ploberger: Bei uns hat es zu Weihnachten immer eine Gans gegeben, das halte ich bis heute so. Und auch unsere Tochter will das. Dafür ist ein neuer Kitsch dazugekommen, die Christmas Crackers aus England. Brandstetter: Bitte, was ist denn das? Ploberger: Das sind Knallbonbons, an denen zwei Leute ziehen. Bei wem das größere Stück in der Hand verbleibt, der erhält das Geschenk, das drinnen ist. Außerdem enthält so ein Christmas Cracker eine Papierkrone, die man sich aufsetzt, und Witze, die aber meistens nicht gut sind. Brandstetter: Das ist nicht meine Welt, mir gefällt auch der Rudy the Red Nosed Reindeer nicht. Ploberger: Der steht aber bei uns im Garten. Brandstetter: Schön?

Tradition gegen Kitsch
Bild: VOLKER WEIHBOLD

Was spricht gegen aufblasbare, beleuchtete Rentiere im Vorgarten?

Brandstetter: Ich sehe ja solche Dinge, wenn ich durch die Gegend fahre. Das ist wider den guten Geschmack. Vielleicht ist es populär geworden, weil es etwas anderes ist oder es der Nachbar noch nicht hat, wie den Weihnachtsmann, der auf der Leiter hängt. Aber vielleicht gibt es Leute, denen das gefällt. Es soll jeder nach seiner Fasson selig werden. Ploberger: Wenn’s zu viel wird, halt ich es auch nicht aus. Es geht wohl um ein leistbares Zeigen, dass man etwas geschaffen hat.

Welches Weihnachtslied gefällt Ihnen am besten?

Ploberger: "Driving home for Christmas" von Chris Rea, weil ich gerade im Advent viel unterwegs bin. Da freue ich mich aufs Heimkommen. Brandstetter: Ich bin ein Fan von Barockmusik, aber im Advent mag ich lieber Kärntner Weihnachtslieder wie "Is finster draußt".

Was wünschen Sie einander zu Weihnachten?

Brandstetter: Dass er auf dem Boden bleibt. Ploberger: Dass er so bleibt wie er ist – und dass er ein bissl abnimmt.

 

Zu den Personen

Bert Brandstetter: Der 65-jährige Präsident der Katholischen Aktion OÖ arbeitete ein Vierteljahrhundert als Nachrichtenmann im ORF-Landesstudio. Als OÖN-Gastkommentator ist er nach wie vor journalistisch aktiv. Brandstetter lebt in Neumarkt im Mühlkreis. Er ist verheiratet und hat vier Söhne.

Karl Ploberger: Der 56-jährige Biogärtner der Nation, Buchautor, OÖN-Gartenexperte und Moderator der ORF Sendung „Natur im Garten“ ist in Seewalchen daheim, verheiratet und Vater einer Tochter.

 

Wikipedia-Definitionen

Kitsch: Zumeist abwertend für einen aus Sicht des Betrachters minderwertigen, sehnsuchtartigen Gefühlsausdruck. In Gegensatz gebracht zu einer künstlerischen Bemühung um das Wahre oder das Schöne, werten Kritiker einen zu einfachen Weg, Gefühle auszudrücken, als sentimental, trivial oder kitschig.

Tradition: Die Weitergabe von Handlungsmustern, Überzeugungen und Glaubensvorstellungen u. a. oder das Weitergegebene selbst (beispielsweise Gepflogenheiten, Konventionen, Bräuche oder Sitten). Tradition geschieht innerhalb einer Gruppe oder zwischen Generationen.

 

 

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2  Kommentare
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u25 (4.941 Kommentare)
am 26.03.2016 08:06

Leider nur ein banaler Lückenfüller

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haspe1 (23.645 Kommentare)
am 05.12.2015 00:26

Mit Verlaub: Über weite Strecken ist dieses Doppel-Interview derartig, banal, belanglos und öde, dass es einen schüttelt! Was ist daran berichtenswert, dass der eine LED-Lichterketten mag und der andere nicht? Was ist daran interessant, dass der eine Weihnachtsmann-Figuren sammelt und der andere damit nichts anfangen kann? Ist das wichtig, nur weil die beiden viele kennen.

Das ist kein Qualitäts-Journalismus, sondern Belanglos-Tratsch, was in diesem Bericht steht, also,tiefster Boulevard.

Was kommt demnächst? Welche Muster die beiden auf ihren Unterhosen und Krawatten mögen und welche nicht?

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