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"Für mich ist Design der Grund, warum ich aufstehe"

Von Reinhold Gruber, 26. Juni 2019, 00:04 Uhr
"Für mich ist Design der Grund, warum ich aufstehe"
Bild: Kevin Rogers

LINZ. Das 6. "Forum Creative Industries" stellt heute ab 18 Uhr das Thema Design in den Mittelpunkt des Austausches der Kreativen in der Linzer Tabakfabrik. Jessica Covi, Creative Director BMW Group, ist eine Hauptrednerin. Die OÖN haben vor der Veranstaltung der Creative Region mit ihr gesprochen.

OÖN: "Design is everything" lautet der Titel ihres Talks in der Linzer Tabakfabrik. Was darf sich der Laie darunter vorstellen?

Jessica Covi: Design ist viel mehr als Industriedesign, Grafik- oder Autodesign, es ist die Kuration verschiedener Elemente, die ein Erlebnis erzeugen. Elemente, die unsere Sinne miteinander verbinden. Von Sound bis Haptik, visuell und sogar olfaktorisch. Toll ist es, wenn man ein Erlebnis entwickelt, das den Menschen in Erinnerung bleibt.

Warum braucht es Design überhaupt? Nur um Produkte besser vermarkten bzw. verkaufen zu können?

Design ist nicht eine Verschönerung, ein Anmalen der Dinge. Unser Ziel als Designer ist eine ganzheitliche Betrachtung, um Probleme zu lösen. Ich habe zum Beispiel eine ganz spezielle Gartenschere, bei der die Federn zum Zuschnappen in eine geschützte Verkleidung eingebaut sind, damit das Harz von den Ästen die Federn nicht verklebt. Das ist einfach, aber macht das Produkt so viel besser.

Wie verändert Design unser Leben?

Für mich persönlich ist Design alles! Es ist der Grund, warum ich aufstehe. Ich bekomme Gänsehaut, wenn ich großartiges Design erleben darf. Ich verliere mich auch ganz darin und vergesse oft, wie spät es ist, wenn ich an etwas arbeite, was mich mitreißt. Ich finde Produktdesign fesselnd, da man hier auch sehr viel haptisch erlebt. Die Grete Kraft Atelier-Produkte könnte ich tagelang anfassen und so bewerte ich auch, ob ein Design gut oder noch nicht gut genug ist: Fühlt es sich gut an, wenn man über die Maserungen fährt, die Kanten und Abrundungen? Ich finde, dass man Details und Proportionen so sehr gut begreifen kann. 

Wie schaut es mit digitalem Design aus?

Da suche ich immer einen Zauber – etwas, was mich überrascht. Wir leben mit so viel Technologie, dass ich mich immer über die Momente freue, wenn mich etwas überrascht und nicht "nur" funktioniert. Ich lasse mich viel von Motion- und Charakterdesign, wie von Disney oder Dreamworks, inspirieren und begeistere mich für Animation-Movies. Am Ende des Tages verändern wir unser Leben selbst. Ich behaupte nicht, dass Design uns retten kann. Design kann uns aber dabei unterstützen, die Richtung, in die wir gehen wollen, zu stärken. Wenn wir eine nachhaltige Zukunft wollen, kann der Designprozess und die daraus kommenden Ideen und Lösungen uns zum Beispiel unterstützen dorthin zu kommen. 

Als Creative Director der BMW Group haben Sie es mit motorisierten Fortbewegungsmitteln zu tun. Wie viel Industriedesign-Ideen können Sie da verwirklichen?

Ich beschäftige mich mit der Symbiose von Digitalem und Analogem. Das eine soll das andere nicht ersetzen, aber verstärken. Unsere Markenwerte drehen sich um Freude und Präzision. Es ist spannend, diese Terminologien in die digitale Welt zu bringen. Wie fühlt sich ein Erlebnis mit einem BMW-Produkt an, wenn man kein Logo sieht.

Was würden Sie jemanden antworten, der Ihnen sagt, dass Design nur der Oberfläche dient, während die Zweckmäßigkeit von Autos viel wichtiger ist?  

Früher war das sicher noch mehr getrennt. Wenn man über Design so denkt, handelt es sich meistens mehr um Ornamentik und Dekor als um Design. Margarete Schütte Lihosky hat schon Anfang des 20. Jahrhunderts Küchen komplett neu gedacht, mit dem Menschen und seinen Arbeitsabläufen im Mittelpunkt. Und diese Küchenarchitektur sieht man heute noch überall. Die Zweckmäßigkeit ist ja nicht vom Design getrennt, sondern diktiert das Grundgerüst. Was ist die Zweckmäßigkeit eines Lieferwagens? Eines Sportautos? Wer ist die Zielgruppe und für was für Use Cases, für was für ein Leben entwickeln und designen wir dieses Produkt? Zweckmäßigkeit ist auch immer von Menschen definiert. Und Menschen haben Emotionen. Solange wir Emotionen als Bewertungsfaktor miteinbeziehen, ist Design, Ästhetik und Kunst essentiell für uns als Gestalter. 

Was fällt Ihnen als erstes auf, wenn Sie ein Produkt betrachten? 

An Proportionen und Materialität kann ich sehr schnell ein gutes Handwerk erkennen: wie fühlt sich das Produkt an, wie schwer ist es, wie ist die Gewichtsaufteilung? Und dann natürlich: funktioniert es so intuitiv wie möglich? 
Ich achte auch auf den Klang von Produkten: Wie hört sich das Schließen einer Tür an, wie klingt es, wenn man ein Produkt auf den Tisch legt?

Wie hat sich das Design in den vergangenen Jahren verändert und in welche Richtung geht es Ihrer Meinung nach? 

Ich höre oft: „Jetzt, im neuen Zeitalter der Digitalisierung…“ Ich glaube aber, dass das Zeitalter der Digitalisierung und wie diese unser Leben und Design beeinflusst nicht erst anläuft. Meiner Meinung nach sind wir jetzt schon mitten drin und müssen uns auch vorausschauend mit den Konsequenzen und Chancen auseinandersetzen. Natürlich findet hier eine Spannung zwischen analoger und digitaler Welt statt. Als Industriedesignerin sehe ich, wie die Welten verschmelzen. Wir entwickeln physische Produkte, die digitale Themen vermitteln.  Viele denken, dass die Zukunft wie einen Science-Fiction-Film wird. Die Frage ist aber, muss Technologie sich kalt und „techy“ anfühlen? Wir nutzen Technologien jeden Tag. Ich habe in den USA und Australien gelebt. Durch Videoanrufe habe ich meiner Familie aber weiterhin sehr nahe sein können.

Was unterscheidet gutes von schlechtem Design? 

Gutes Design ist ein Handwerk. Handwerk benötigt sehr viel Arbeit, um sehr gut darin zu werden. Und man arbeitet sein Leben lang daran besser zu werden. Das ist auch das unglaublich spannende an meiner Arbeit, dass ich jeden wirklich Tag so viel dazu lerne und merke, wie mein Handwerk dadurch besser wird. 

Design ist ja auch eine Geschmacksfrage. Muss man sich daher als Industriedesignerin auch mit der Frage beschäftigen, was zum Beispiel der Masse gefällt, um verkaufbares Design zu entwickeln? 

Das ist tatsächlich die Frage, mit der wir uns intensiv im täglichen Tun auseinander setzen müssen. Unsere Integration mit Designresearch ist daher wichtig, um die Konzepte und Designs zu testen. Viele Menschen 
können dabei beim ersten Testen nicht sofort in Worte fassen, welche Probleme sie noch sehen. Aber indem man beobachtet und dokumentiert, wie die Probanden mit den Produkten umgehen, lernt man am meisten.  
Bezüglich dem Design und der Ästhetik finde ich es sehr spannend, wie man revolutionäres Design testen kann, da es oft ein Bruch mit dem Bekannten ist. Es ist spannend zu sehen was Reibung erzeugt und Positives oder Negatives in Menschen erweckt. Am Ende des Tages geht es darum, wie sich die Menschen dabei fühlen.

Persönliche Frage: Wie sind Sie zum Industriedesign gekommen? Gab es da irgendwann in Ihrem Leben, wo Sie gesagt haben: Genau das will ich machen?  

Ich habe als Kind schon immer Grundrisse gezeichnet, ständig Zimmer umgeräumt, Möbel aus Schachteln gebaut. Ich glaube, das macht man - oder nicht. Und ich kann nicht nicht. Meine Gedanken kreisen ständig darum, Gestaltungsprobleme zu lösen und die Umgebung, Erlebnisse und Dinge für meine Mitmenschen besser zu machen. Das kann auch sehr anstrengend sein, aber ich kann es nicht abstellen. Zuerst besuchte ich die HTL für Grafik- und Kommunikationsdesign  in Innsbruck und dann habe ich entdeckt, dass es an der Universität für angewandte Kunst in Wien nicht nur Grafikdesign, sondern so etwas wie Industriedesign gibt. Diese dritte Dimension hat mir einfach noch gefehlt, um meine Ideen zu verwirklichen. Für mich war das in dieser Sekunde klar, dass dies das ist, was ich machen muss.  

Zur Person

Sie habe schon als Kind immer Grundrisse gezeichnet, ihr Zimmer ständig umgeräumt, sagt Jessica Covi. Die österreichische Designerin und Gründerin des Grete Kraft Ateliers war vor ihrer Tätigkeit bei der BMW Group als Designberaterin in verschiedenen Branchen aktiv.

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Autor
Reinhold Gruber
Lokalredakteur Linz
Reinhold Gruber

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4  Kommentare
4  Kommentare
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wauzbert (179 Kommentare)
am 26.06.2019 11:34

Typisches Designer-Gelaber. Nehmt euch nicht so wichtig.
Ich weiß, wovon ich rede. Selbst 30 Jahre als selbständiger Grafik-Designer Produkte ausgelobt, ohne deren Sinnhaftigkeit zu hinterfragen. Heute denke ich anders.

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Gugelbua (31.807 Kommentare)
am 26.06.2019 10:40

so manche Einweg designten Dinge werden einfach nur wegen dem Kommerz gestaltet, schrecklich unpraktisch einfach nur Müll, brauch nur an so manche Sitzmöbel denken bei denen man schon bei ansehen kreuzweh bekommt : - )

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reibungslos (14.393 Kommentare)
am 26.06.2019 12:33

In dieser Angelegenheit empfehle ich die Filme des franz. Regisseurs Jacques Tati, speziell "Mon oncle" und "Playtime". Der hat schon in den 1950ern erkannt, wie sinnlos modernes Design und wie unmenschlich moderne Architektur sein kann. Gerade modernen Sitzmöbeln hat sich Tati gerne in seinen Filmen gewidmet. Er hat vermutlich oft genug darunter gelitten.

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lentio (2.769 Kommentare)
am 26.06.2019 00:30

„Hätte Sie geschwiegen, dann wäre sie ein Philosoph geblieben.“

Ihr Beispiel mit der Gartenschere zeigt wie wenig sie verstanden hat: Der „Harzschutz“ (wenn das für das Produkt überhaupt Relevant ist) ist sicherlich kein Designmerkmal sondern eine Funktion...
FFF!

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