Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

Freiheit im Freibad

Von Roman Sandgruber, 29. Juni 2019, 00:04 Uhr
Freiheit im Freibad
1847 ließ der Waffenfabrikant Josef Werndl für seine Arbeiter im Wehrgraben in Steyr eine eigene Badeanstalt errichten. Bild: Schwimmschule Steyr

Die von Josef Werndl für seine Arbeiter im Steyrer Wehrgraben errichtete Schwimmschule ist Österreichs ältestes Freibad.

Wenn es so heiß ist, wird die Sehnsucht nach Abkühlung riesengroß. Ab ins rettende Nass und in ein Gefühl der Schwerelosigkeit und Freiheit im Wasser: durchatmen, loslassen, sein Gewicht nicht tragen zu müssen, ja sogar getragen zu werden. Dennoch wird die Zahl der Kinder, die sich kaum über Wasser halten oder gar nicht mehr schwimmen können, von Jahr zu Jahr höher, berichten Sportlehrer und Wasserretter.

Doch bis ins frühe 20. Jahrhundert gehörte der größte Teil der österreichischen Bevölkerung ganz generell zu den Nichtschwimmern. Auch Menschen, die berufsbedingt mit dem Wasser zu tun hatten, wie Seeleute oder Fischer, konnten es nicht. Man hatte einfach keine Zeit dazu. Auch die Obrigkeit förderte es nicht, nicht nur, weil man es als eine unnütze Zeitvergeudung oder gar als einen Anreiz für Pflichtvergessenheit ansah, sondern auch als eine Gefährdung der öffentlichen Sittsamkeit. Beide Motive flossen in die vielen obrigkeitlichen Verordnungen gegen die Unverschämtheit und den Fürwitz der jungen Leute ein, in Flüssen und sonstigen offenen Gewässern zu baden, und das vielleicht gar in bezechter Weise.

Erst im 19. Jahrhundert hatte sich die Einschätzung zu ändern begonnen. Man erkannte die hygienischen, gesundheitlichen und auch militärischen Vorteile des Badens und Schwimmens, kritisierte aber immer noch die daraus entstehende Gefahr der Vermischung der Geschlechter und der sexuellen Liberalisierung. In Wien wurden im frühen 19. Jahrhundert die ersten Badeschiffe eröffnet, von denen aus die Badewilligen in großen Körben streng nach Geschlechtern getrennt ins strömende Wasser der Donau gesenkt wurden. Schwimmen brauchte man dazu vorerst nicht zu können. Doch Militär und Wirtschaft begannen sich mit den Argumenten der physischen Abhärtung und der Dämpfung der Sexualität im möglichst kalten Wasser immer mehr für das Schwimmen zu interessieren.

Die von Josef Werndl für seine Arbeiter im Steyrer Wehrgraben errichtete Schwimmschule ist Österreichs ältestes Freibad. Die Konzepte der Sozialreformer seit dem späten 19. Jahrhundert sahen die Forcierung des städtischen Bäderbaus vor, nunmehr ohne die strenge Trennung der Geschlechter. Die Sommerfrischler brachten das Schwimmen auch in die Urlaubsorte. In Traunkirchen war es der Schubert-Freund Joseph Ritter von Spaun, der 1848 dort einen Sommersitz erworben hatte und mehr als 200 Traunkirchnern das Schwimmen beigebracht haben soll, wie Marie-Theres Arnbom in ihrem neuen und amüsanten Buch über die Traunseevillen zu berichten weiß. Schwimmen wurde für einige Zeit zum wichtigsten Freizeitsport. Doch die moderne Erlebnisgesellschaft nagt an der Schwimmkultur. Wichtiger sind heute die Fun- und Spaßelemente auf den Wasserrutschen und in den Wellen- und Abenteuerbecken. Doch das Gefühl, frei wie ein Fisch im Wasser zu schwimmen, können sie nicht ersetzen.

Roman Sandgruber ist emeritierter Professor für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte an der Johannes Kepler Universität Linz. 

mehr aus Oberösterreich

Polizei löste Klima-Demo auf: Stau im Linzer Stadtgebiet

Die mehr als 3600 Pläne des Mariendoms werden archiviert und digitalisiert

34-Jährige in Zug von Schärding nach Linz sexuell belästigt

Als vor 20 Jahren die letzte Stunde für die Zollwache schlug

Autor
Roman Sandgruber
Roman Sandgruber

Interessieren Sie sich für dieses Thema?

Mit einem Klick auf das “Merken”-Symbol fügen Sie ein Thema zu Ihrer Merkliste hinzu. Klicken Sie auf den Begriff, um alle Artikel zu einem Thema zu sehen.

Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

0  Kommentare
0  Kommentare
Zu diesem Thema wurden noch keine Kommentare geschrieben.
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
Aktuelle Meldungen