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Flut 2002: Die doppelte Katastrophe

Von Philipp Hirsch und Robert Stammler, 06. August 2022, 00:04 Uhr
Flut 2002: Die doppelte  Katastrophe
13. August 2002: Erst Luftbildaufnahmen machten die gigantischen Ausmaße der Überflutungen sichtbar. Im Bild: Saxen im Machland (Bezirk Perg) Bild: APA

LINZ. Zwei Hochwasserwellen im Abstand von nur wenigen Tagen ließen im August 2002 weite Teile des Landes versinken. In der Krise rückte Oberösterreich zusammen, Tausende Freiwillige halfen beim Kampf gegen die Fluten.

Als Redaktionsfotograf der OÖNachrichten war Waldemar Wassermann den Anblick von Katastrophen gewohnt. Galtür, Kaprun, zerstörerische Unwetter, Großbrände und Überschwemmungen – Wassermann hat sie alle mit seiner Kamera festgehalten. Aber das Bild der Zerstörung, das sich ihm bei seinen Ausfahrten während der Jahrhundertflut 2002 in Oberösterreich bot, hat "alle meine bisherigen Erlebnisse und Vorstellungen übertroffen. Ich bin geschockt vom Ausmaß der Schäden", schrieb er in einem Bericht am 12. August vor 20 Jahren. Es war der Höhepunkt der Flutkatastrophe.

Bildergalerie: Hochwasser-Katastrophe 2002: Die Erinnerungen der OÖN-Leser

Hochwasser-Katastrophe 2002: Die Erinnerungen der OÖN-Leser
(Foto: Regina Trauner) Bild 1/69
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Weite Teile des Landes standen unter Wasser. Hunderte Menschen in Oberösterreich waren innerhalb von wenigen Tagen obdachlos geworden. Das Land stemmte sich mit vereinten Kräften gegen die Katastrophe. Teils mit bloßen Händen beseitigten Soldaten, Feuerwehrmänner und freiwillige Helfer Unmengen von Schlamm, Geröll und Treibholz. Die Katastrophe, die alleine in Oberösterreich einen Schaden von rund drei Milliarden Euro anrichten sollte, hatte schleichend begonnen.

Josef Haslhofer, Meteorologe der ZAMG, teilt die Starkregenereignisse, die zur Flut führten, in drei Phasen ein. Von 31. Juli auf den 1. August boten die gemessenen Niederschlagsmengen einen ersten Vorgeschmack auf das, was noch kommen sollte. So wurde an der Messstelle in Oberkappl im Bezirk Rohrbach 84 Liter pro Quadratmeter gemessen, in Windhaag bei Freistadt waren es 78 Liter. Zum Vergleich: Im Klimamittel von 1971 bis zum Jahr 2000, das für die Hochwasserkatastrophe 2002 als Maßstab herangezogen wird, regnete es in Freistadt in einem durchschnittlichen August 86 Liter pro Quadratmeter, in Linz waren es beispielsweise 87 Liter. So regnete es also schon Anfang August fast eine ganze Monatsmenge.

Die zweite Regenphase folgte eine Woche später, am 6. und 7. August 2002, wobei es neuerlich extrem feuchte Luftmassen aus dem Mittelmeerraum bis zur Alpennordseite schafften. Erneut war das Mühlviertel schwer betroffen. "Unsere Messstelle in Freistadt wies allein an diesen beiden Tagen 242 Liter Regen auf", sagt Haslhofer.

Am 7. August wurde langsam klar, welches Ausmaß die Katastrophe angenommen hatte. Vor allem in Oberösterreich, Niederösterreich und Salzburg traten die ersten Gewässer über die Ufer. Besonders betroffen waren das Untere Mühlviertel, das nördliche Machland sowie das Krems- und Kamptal.

Schwertberg überflutet

Im Bezirk Perg war Schwertberg mit seinen 5000 Bewohnern vom Wasser eingeschlossen. Es war in der Nacht von 7. auf 8. August, als die Gemeinde überflutet wurde und bis zu 1,20 Meter unter Wasser stand. Die ansonsten beschauliche Aist war zu einem reißenden, schäumenden Strom angewachsen, der Autos, Zäune und sogar Mauern mit sich riss. Das Hochwasser hatte die Menschen überrumpelt. "Ich war noch kurz davor auf dem Sportplatz. Auf dem Nachhauseweg stand mir das Wasser schon bis zum Bauch", schilderte damals ein Bewohner den OÖNachrichten. Dutzende Schwertberger saßen in den oberen Stockwerken ihrer Häuser fest. Viele von ihnen mussten per Boot oder Hubschrauber gerettet werden. Am 9. August hatte sich das Wasser an vielen Orten wieder weitgehend zurückgezogen. Die Aufräumarbeiten liefen an und nährten die Hoffnung, dass alles bald wieder vorbei sein würde. An diesem Tag ahnte noch niemand, dass es noch schlimmer kommen würde.

Flut 2002: Die doppelte  Katastrophe
Besonders das Untere Mühlviertel und das Machland waren betroffen: Weite Teile Oberösterreichs waren nur noch mit Zillen erreichbar. Bild: OÖN

Am 11. und 12. August setzte die dritte große Regenphase ein: Der meiste Niederschlag an diesen zwei Tagen wurde in Laussa im Bezirk Steyr-Land gemessen: 228 Liter pro Quadratmeter. Im Bereich des Bodinggrabens bei Molln waren es fast 200 Liter. Die Donau in Linz erreichte einen Wasserstand von bis zu 8,20 Meter. Zum Vergleich: Gestern wies der hydrografische Dienst einen Pegel von 3,48 Metern aus. Die Auswirkungen des neuerlichen Starkregens waren in den folgenden Stunden und Tagen fatal.

Sieben Menschen kamen in Österreich durch das Hochwasser ums Leben. Auch in Oberösterreich gab es Todesopfer zu beklagen. In Hartkirchen (Bezirk Eferding) ertrank ein Feuerwehrmann auf einem überfluteten Feld in seinem Privatauto. In Kirchheim im Innkreis wurde ein Landwirt von einem Erdrutsch erdrückt, als er versuchte, Wasser bei einer Scheune abzuleiten.

Flut 2002: Die doppelte  Katastrophe
Landeshauptmann Josef Pühringer zeigt Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Landwirtschaftsminister Wilhelm Molterer (alle VP) die Ausmaße des Hochwassers in Steyr. Bild: Kraml

Lebensretter auf der Autobahn

Nur der Heldenmut mancher Landsleute verhinderte, dass es noch mehr Todesopfer zu beklagen gab. In der Nacht auf den 13. August brachen die Dämme an der Krems. Binnen weniger Minuten stand die Westautobahn bei Ansfelden meterhoch unter Wasser. Unter Einsatz seines eigenen Lebens rettete der damalige Polizeimajor Johannes Prager mehrere Menschen vor der Flut.

In Grieskirchen verloren die Einsatzkräfte den Wettlauf mit den steigenden Fluten. Am Vormittag des 12. August versuchten die Einsatzkräfte den Trattnachdamm mit Tausenden Sandsäcken zu erhöhen. Trotz aller Bemühungen schwappte das Wasser schließlich über die Dammkrone und überflutete das Zentrum der Bezirkshauptstadt.

Flut 2002: Die doppelte  Katastrophe
Gefährlicher Einsatz in den Fluten: Viele Helfer in Oberösterreich riskierten ihr Leben, um Landsleute, die von den Fluten eingeschlossen waren, zu retten. Bild: OON

Auch in Alkoven und Pupping mussten Dutzende Häuser evakuiert werden. Deren Bewohner wurden, genauso wie viele andere Gerettete, in eilig eingerichteten Notquartieren in Schulen und Turnhallen untergebracht. Viele von ihnen hatten ihren ganzen Besitz in den Fluten verloren.

Es dauerte Wochen, bis zumindest die gröbsten Schäden beseitigt waren. Die langfristigen Folgen der Katastrophe waren aber jahrelang zu spüren. Hunderte Millionen Euro wurden nach der Flut für den Ausbau des Hochwasserschutzes ausgegeben. Eine Investition, die sich wenige Jahre später lohnen sollte. Anfang Juni 2013 standen wieder weite Teile des Landes unter Wasser. Die Pegelstände erreichten an vielen Flüssen eine ähnliche Höhe wie beim Hochwasser 2002. Die Schäden fielen aber dank der neuen Schutzbauten deutlich geringer aus.

Bildergalerie: Aus dem Archiv: Hochwasserkatastrophe 2002

Hochwasser 2002
Hochwasser 2002 (Foto: Feuerwehr Puchenau) Bild 1/65
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Oberösterreicher erinnern sich

„2002 habe ich erlebt, wie hilflos man gegen Naturgewalten ist. Aber auch, wie beeindruckend die Feuerwehr arbeitet.“ Klaus Luger, Bürgermeister Linz

„Heute können wir über vieles wieder lachen, aber ein halbes Jahr lang waren wir alle in der Siedlung traumatisiert.“ Gerhard Schmid, Architekt in Steyr

„Als wir mit den Arbeiten im Gebiet rund um die Salzach fertig waren, sind wir täglich in den Bezirk Perg gefahren, um dort zu helfen.“ Alois Wengler, Feuerwehrmann aus Überackern (Braunau)

„Wir haben damals 50 vom Hochwasser betroffene Familien ins Salzkammergut eingeladen. Es waren berührende Begegnungen dabei.“ Johann Panhuber, aus Bad Ischl, damals Touristiker

„Nach dem Dammbruch am Traunufer mussten wir viele Menschen auffordern, ihre Häuser zu verlassen. Sie sind in der Volksschule untergebracht worden.“ Erwin Zeppetzauer, damals Vizebürgermeister in Ebensee

„Überflutungen gab es in Waizenkirchen und Grieskirchen, in der Folge wurden dann Hochwasserspeicher gebaut.“ Josef Öberseder, Einsatzleiter der BH Grieskirchen

„Es ist ganz schnell gegangen und das Wasser war da. Sogar Fische und Frösche hatten wir in den Büros.“ Karl Mayr, Geschäftsführer von Fussl Mode, Ort/Innkreis

„Wie die Leute nach dieser Katastrophe zusammengehalten haben, diese Solidarität war erstaunlich.“ Kurt Apfelthaler, Orgelbauer in Steyr

„Ich bin mit Bundespräsident Klestil im Hubschrauber über die Stadt geflogen, das Wasser floss bis ins Zentrum.“ Wolfgang Großruck, Altbürgermeister von Grieskirchen

„Es gab Schweine, die nicht gerettet werden konnten. Die Schreie der Tiere in ihrer Todesangst werde ich nie vergessen.“ Barbara Marksteiner, aus Haid bei Mauthausen

„Ich war auf Urlaub in Norwegen, als mich ein Feuerwehrkamerad anrief, ob sie bei mir daheim ausräumen sollen.“ Josef Lindner, Feuerwehrmann aus Naarn im Machland

  • Welche Erinnerungen haben Sie an das Hochwasser, das vor 20 Jahren enorme Schäden angerichtet hat? Senden Sie uns Ihre Bilder! Schicken Sie uns Ihre Fotos und Erinnerungen an online@nachrichten.at! Wir veröffentlichen Ihre Fotos in einer Bildergalerie.
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Autor
Philipp Hirsch
Leiter Regionalressort
Philipp Hirsch
Autor
Robert Stammler
Redakteur Land und Leute
Robert Stammler

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2  Kommentare
2  Kommentare
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elhell (2.100 Kommentare)
am 08.08.2022 12:23

Was in der Berichterstattung fehlt: es war wochenlang davor heiß und trocken. Deshalb war der Boden nicht in Lage, große Teile der Niederschlagsmenge aufzunehmen.

@ SMOKER: dass es selten, dann aber viel regnet, ist mittlerweile mehr die Regel als die Ausnahme. Wen des heute net interessiert, wird es in ein paar Jahren vielleicht am eigenen Leib verspüren.

Es stellte sich auch heraus, wo überall im Laufe der Jahre Menschen Häuser hingebaut hatten - neben Wildbäche, ins Schwemmland, in Senken etc., wo hunderte Jahre davor nie jemand auf die Idee gekommen wäre, dort was hinzustellen. Da haben Grundbesitzer und Bürgermeister Blut an den Händen oder zumindest Dreck unter den Fingernägeln.

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( Kommentare)
am 06.08.2022 21:59

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