"In der Informatikbranche müssen wir unsere Mutmacherinnen erst finden"
HAGENBERG. 26 Experten erarbeiteten Plan für neuen Studiengang, zwei Drittel davon sind Frauen
Informatik ist graue Theorie, kompliziert und vor allem eines: Männersache. Mit diesem Vorurteil möchte die Fachhochschule Hagenberg aufräumen. 26 Experten erarbeiteten den Plan des neuen "Design of Digital Products"-Studiums (DDP), zwei Drittel von ihnen sind Frauen.
"Wir müssen Frauen die Scheu vor der Informatik nehmen, und dafür brauchen wir Vorbilder", sagt Martina Gaisch, sie ist nicht nur die designierte Studiengangsleiterin, sondern auch seit 13 Jahren wissenschaftliche Leiterin des Diversity Managements der Hochschule. "Es scheint so, als hätten wir keine Mutmacherinnen, aber sie sind nur zu sehr im Hintergrund. In der Informatikbranche müssen wir unsere Mutmacherinnen erst finden."
"Mach das lieber nicht"
Im Rahmen einer Studie befragte Gaisch vor drei Jahren 100 unter 17-jährige Schülerinnen. Warum studieren trotz vieler Bemühungen noch immer so wenige Frauen Informatik?
Neun von zehn gaben an, dass ihnen vom Informatikstudium abgeraten worden war. Sie sollten stattdessen doch etwas Soziales oder Kommunikatives machen. "Es war erschreckend, dass diese Ratschläge meist von Eltern und Lehrern kamen", sagt Gaisch. Zudem hätten viele Mädchen mit Selbstzweifeln zu kämpfen. Die Überzeugung, ein Informatikstudium auch zu schaffen, hatte nur jede Vierte. Die Forschungsergebnisse setze sie auch in der Planung des neuen Studienganges um.
"Um Frauen stärker für die Informatik zu begeistern, muss ein Studium kreativ gestaltet werden", sagt die Professorin. "Während Männer tendenziell analytischer arbeiten wollen, bevorzugen Frauen Fächerübergreifendes." Das merke man auch daran, dass an der Fachhochschule Studien wie Medien- oder Medizininformatik stärker von Frauen besucht seien als reine Informatik-Studien.
Frühe Praktika
Der neue Studiengang, der 30 Studierende fasst, wurde daher auch um die Fachbereiche Ethik und Nachhaltigkeit ergänzt. "Im Studium wollen wir den Spagat zwischen Design und Programmieren schaffen", sagt die Studiengangsleiterin, "indem die Studierenden etwa Algorithmen für Onlineprogramme von Unternehmen programmieren, diese dann aber auch optisch mitgestalten." Ein Hauptaugenmerk liegt daher auf den Praktika: Studierende können ab dem ersten Semester Projektanstellungen absolvieren. "Beim Studieren muss ich sofort erkennen, in welchen Bereichen ich das Gelernte auch anwenden kann", sagt Gaisch.
Bei der Gestaltung des Studienganges waren auch Unternehmen wie Porsche Informatik, die Energie AG, SKF GmbH, FEMtech sowie zwei Bundesministerien beteiligt. Bei ihnen sollen Studierende Praktika absolvieren und Mentoringangebote in Anspruch nehmen können. Eine Online-Bewerbung für DDP ist bereits möglich. (mis)