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Fälle, die die Kriminalisten nicht kalt lassen

Von Gerhild Niedoba, 22. Juni 2019, 00:04 Uhr
Fälle, die die Kriminalisten nicht kalt lassen
Auch der auffällige und seltene Citroen ist seither verschwunden.

FREISTADT. Das Verschwinden zweier Mühlviertler ist ein "Cold Case" – aus dem Alltag der Ermittler.

Ungeklärte Morde, die Jahrzehnte zurückliegen. Vermisste, von denen seit langer Zeit jedes Lebenszeichen fehlt: Kriminalisten bezeichnen derartige Fälle als "Cold Case", weil die Spuren sprichwörtlich "erkaltet" sind.

Kurt Linzer, Chefermittler im Bundeskriminalamt, und sein vierköpfiges Team lassen aber nicht locker. Österreichweit gibt es sechs "Cold-Case"-Fälle (siehe unten), darunter einer aus Oberösterreich: Es war vor zwei Jahren, als die Staatsanwaltschaft die Sonderermittler mit der Suche nach den beiden seit 2015 verschwundenen Mühlviertlern Andreas Leitner und Maximilian Baumgartner betraute. Wie berichtet, waren die Freunde aus Kindheitstagen in der Nacht auf den 12. September von Zwettl an der Rodl mit Maximilians Citroen weggefahren. Wohin, ist nicht klar. Das Auto wurde wenig später nahe der tschechischen Grenze vom Radar "geblitzt". Seither fehlt von den beiden als friedfertig und bescheiden geltenden, damals 27-Jährigen sowie dem Pkw jede Spur.

Fälle, die die Kriminalisten nicht kalt lassen
Zwettl an der Rodl: Vor Maximilian Baumgartners Wohnhaus steigen die beiden Freunde in der Nacht auf 12. September 2015 in den Citroen und fahren davon. Wohin, ist unklar.

"Wir sind keine ,Über-Kriminalisten‘. Als Cold-Case-Ermittler können wir uns aber fernab vom Polizeialltag um einen Fall kümmern. Diese Exklusivität ist für die Angehörigen der Vermissten oder der Opfer gut", sagt Linzer. 1985 begann er als Gendarm in Perchtoldsdorf, im Laufe der Zeit machte er sich durch bekannte Kriminalfälle, wie etwa jenem von Entführungsopfer Natascha Kampusch oder dem Briefbomben-Attentäter Franz Fuchs, einen Namen.

Fälle, die die Kriminalisten nicht kalt lassen
Waxenberg: Andreas Leitner wohnt sieben Kilometer von seinem Jugendfreund entfernt. Am Abend vor ihrem Verschwinden spielen sie noch bei Maximilian Karten.

Seit Übernahme des oberösterreichischen Vermisstenfalles pendelt Linzer bis zu fünf Mal pro Monat ins Mühlviertel. Etwa, um sich mit Kollegen über den Ermittlungsstand auszutauschen oder um Angehörige, Freunde oder ehemalige Arbeitgeber des Kfz-Technikers und des Tischlers aus Zwettl an der Rodl bzw. Waxenberg zu befragen. Immer und immer wieder. In der Hoffnung, dass auch die kleinsten Mosaiksteinchen irgendwann einmal ein großes Ganzes ergeben.

Kontinuität und Teamarbeit

Denn Kontinuität, sagt er den OÖN, sei der Schlüssel im Cold-Case-Management. Neben Konsequenz stelle Zuhören eine wichtige Komponente dar: "Dadurch habe ich oft viel mehr erfahren als durch Vernehmungen." Jede noch so banale Wahrnehmung oder auch Vorlieben des Opfers könnten plötzlich bedeutend werden.

Cold-Case-Ermittlungen würden drei Phasen durchlaufen. Nach Sichtung aller Infos (Justiz- und Polizeiakten, Befragungen) folge die arbeitsintensive Teamarbeit: Mit Fachleuten wie Kriminalpsychologen gelte es die Hauptfrage zu klären: "Was hat der Täter noch gemacht, was er für die Tat nicht unbedingt hätte tun müssen? War es Overkill oder wollte er nur Spuren verwischen?"

In der letzten Phase würden Experten, etwa aus dem Landeskriminalamt (LKA), für Suchaktionen und Einvernahmen hinzugezogen. Im Fall der abgängigen Mühlviertler sind die Cold-Case-Ermittler an diesem Punkt angelangt. LKA-Chef Gottfried Mitterlehner spricht von einer "ganz mysteriösen Angelegenheit". Auch, weil bisher weder der Pkw gefunden, noch der Tatort oder ein Tatgeschehen ausgemacht werden konnten. "Es gibt keine Kampfspuren oder Hinweise, dass sie mit jemandem in Konflikt geraten sind." Das mache die Sache so schwierig, sagt er und führt eine weitere mögliche Option an: "Vielleicht sind sie untereinander in Streit geraten und es handelt sich um Mord und Selbstmord?"

Tausende Seiten umfasst die Akte Leitner/Baumgartner inzwischen. Wann diese geschlossen werden kann, kann Linzer noch nicht sagen, er hält aber fest: "Wir sind in einer guten Richtung. Wir werden den Fall lösen."

Ein Team, seine Aufgaben: zwei Morde, fünf Vermisste

Insgesamt sechs österreichweite Cold-Case-Fälle werden derzeit vom Chefermittler des Bundeskriminalamtes, Kurt Linzer (56), und seinem Team bearbeitet.

Der älteste Fall stammt aus dem Jahr 1972: Der Grazer Tanzschulbesitzer Heinz Kern starb nach dem Konsum vergifteter Fleischwaren, die er zuvor per Post erhalten hatte – von wem, konnte nie restlos geklärt werden.

1. Auch der Mordfall „Rosi“ beschäftigt das Cold-Case-Team: 1993 wurde auf einer Pferdekoppel im burgenländischen St. Margarethen eine skelettierte Leiche gefunden. Laut Ermittlungen war die Prostituierte Julia Margarita Rijo alias „Rosi“ erdrosselt und monatelang zwischengelagert worden. Ihre Identität wurde 2016 geklärt.

Julia Margarita Rijo alias „Rosi“ Bild: BKA Bundeskrimalamt (APA/AFP/ANGELA WEISS)

2. Das Verschwinden von Heidrun Wastl aus Wiener Neustadt gibt weiterhin Rätsel auf: Die damals 37-jährige Kindergartenhelferin wollte am 28. September 2001 ihren Sohn von der Schule abholen, kam dort aber nie an.

Heidrun Wastl
Heidrun Wastl Bild: Archiv (APA/AFP/ANGELA WEISS)

3. Seit 17. Oktober 2003 verschwunden ist der steirische Gastwirt Hubert Schmied (40) aus Seebach. Seine Nichte sah ihn zuletzt mit seinem Audi davonfahren. Auch der Pkw ist seither nicht mehr aufgetaucht.

Hubert Schmied
Hubert Schmied Bild: Privat, Bundeskriminalamt (APA/AFP/ANGELA WEISS)

4. Vor zwei Jahren verschwand aus einem Heim in Laa an der Thaya (NÖ) Marianne Schmid. Seither wird die demente 82-Jährige vermisst.

Marianne Schmid Bild: BKA (APA/AFP/ANGELA WEISS)

Die beiden Mühlviertler Andreas Leitner und Maximilian Baumgartner fuhren in der Nacht auf den 12. September 2015 mit ihrem Pkw Richtung Tschechien – die Freunde sowie der silberne Citroen sind seither verschwunden. 

 

Drei Fragen an Kurt Linzer

Der gebürtige Niederösterreicher startete 1985 als Gendarmeriebeamter. Seit 2010 leitet der Chefermittler das Cold-Case-Management im Bundeskriminalamt.

1. Wodurch unterscheidet sich Ihre Arbeit als Cold-Case-Ermittler von der Tätigkeit anderer Kriminalbeamter?

Da wir nicht in das polizeiliche Alltagsgeschehen eingebunden sind, können wir uns ausschließlich mit einem Fall befassen.
2. Was sind die Grundbedingungen für Sie und Ihr vierköpfiges Team der Cold-Case-Sondereinheit?

Stressresistenz, Kontinuität und die Fähigkeit, zuhören zu können. Dazu braucht es Zeit, sich alle Ängste und Sorgen der Angehörigen anzuhören. Auch emotionale Intelligenz und Empathie ist wichtig, man muss zu allen Menschen Zugang finden.

3. Gibt es Momente, in denen Sie mit Ihrer Arbeit hadern?

Jeder Polizist will helfen. In einem Vermisstenfall steht man aber vor dem Problem, dass man den Angehörigen nicht unmittelbar helfen kann. Das ist ein großes Problem und eine Riesen-Herausforderung.

 

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Autorin
Gerhild Niedoba
stv. Leiterin Regionalressort
Gerhild Niedoba

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3  Kommentare
3  Kommentare
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pepone (60.622 Kommentare)
am 22.06.2019 13:08

ich habe schon hunderten solche Fälle im Fernsehen gesehen ,sei es aus England, Deutschland oder USA die dank der neue Forensic geklärt wurden .

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( Kommentare)
am 22.06.2019 09:31

Es kann aber auch sein, daß die vermissten nicht gefunden werden wollen. Nur fuer die Eltern ist es eine enorme nervlich Belastung. Nur die Polizei ist auch kein Alleskönner. Die machen was in ihrer Macht steht, leider lässt sich nicht jeder Fall aufklären. Zb. Der vom Journalisten schaedel, welcher in der Altstadt erschossen wurde.

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renele (3.081 Kommentare)
am 22.06.2019 08:36

Kampusch ? Noch immer ein dubiose Fall

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