Die tschechischen Sternsinger

Von Michael Schäfl   11.Jänner 2019

Während die Halleluja-Gesänge auf Österreichs Straßen weniger werden und die Kreidezüge an den Türrahmen zunehmen, geht die Dreikönigsaktion zu Ende. Nicht so in Tschechien, denn hier startet sie erst am Dreikönigstag, hierzulande übrigens kein staatlich aner-kannter Feiertag.

Wenn vor der Prager Thomaskirche am 6. Jänner alljährlich die Fanfaren ertönen, wissen die Einheimischen, es ist Zeit, Platz zu machen. Denn in Kürze ziehen drei Kamele in Richtung Altstädter Ring. Auf ihren Rücken keine Geringeren als die Heiligen Drei Könige, oder zumindest deren Darsteller. Auf ihrem Weg zum Jesuskind am Prager Weihnachtsmarkt werden sie von Pauken, Trompeten und Passanten begleitet. Dort übergeben sie dem Kind in der Krippe ihre Gaben und beenden somit offiziell die Weihnachtszeit. Gleichzeitig läuten sie die Dreikönigssammlung der tschechischen Caritas ein.

Die Dreikönigsaktion, die in Österreich auf eine private Initiative eines Wiener Beamten, der 1946 mit seinen Kindern Spenden für die Renovierung des Stephansdoms sammelte, zurückgeht, blickt in Tschechien auf eine junge Vergangenheit zurück. Erst seit dem Jahr 2000 sammeln Kinder und Jugendliche als "Kapar", "Melichar" und "Baltazar", die Heiligen Drei Könige, "tr?i králové", für caritative Zwecke.

Der Erzbischof von Prag lernte die Praxis des Sternsingens in Deutschland kennen und brachte sie nach Tschechien, wo Jahr für Jahr mehr Verkleidete mit Spendenbüchsen vor Kirchen, Schulen und Metro-Stationen stehen. Die Sammlung, die 2012 ihr Rekordergebnis von drei Millionen Euro erzielte, läuft bis Mitte Januar. Grund zur Freude gibt die folgende Faschingszeit sicherlich genug.

Und als kleine Einstimmung habe ich noch eine kleine Geschichte für Sie: In Prag finden sich, abgesehen vom Tierpark, nur am 6. Jänner Kamele im Stadtbild, in Pilsen befindet sich das ganze Jahr eines im Stadtwappen. Es erinnert an die Belagerung durch die Hussiten 1433 und zeugt von der Tapferkeit der Pilsner.

Denn diese brachen eines Nachts in das Lager der Okkupanten ein und stahlen ein Kamel, ein Geschenk des polnischen Königs an die Hussiten. Das unbekannte Tier wollten sie nutzen, um den Pilsnern Angst zu machen, doch diese führten es unbemerkt in die Stadt und gingen dort damit spazieren. Nach vielen gescheiterten Auszahlungsversuchen zogen die Hussiten ab und die Pilsner schenkten ihr Wappentier in spe an die Stadt Nürnberg weiter.

Falls Sie Lust auf eine weitere lustige Kurzgeschichte bekommen haben, darf ich Ihnen Michael Haas´ "Behmische Weihnachtsgeschichte oder Der vierte Heilige Drei König" ans Herz legen. Viel Freude und tak zatím!

 

Michael Schäfl berichtet für die OÖN regelmäßig vom Alltag unserer böhmischen Nachbarn.