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Die Schultüte und woher sie kommt

Von Roman Sandgruber, 07. September 2019, 00:04 Uhr
Die Schultüte und woher sie kommt
Eine Schultüte für die Erstklassler ist bei uns mittlerweile Standard. Bild: APA

Von Menschenhand gedrehte Spitztüten – natürlich nicht aus Papier, sondern aus Blättern – gehören als Verpackung und Behälter zu den ältesten Dingen des Alltags.

Schon der Name verrät die Herkunft: Die Schultüte ist norddeutsch. In Österreich müsste man sie Stanitzel nennen, oder wenn das Behältnis geklebt und gefaltet ist, auch Sackerl, obwohl wir auch die Tüte kennen, wenn wir sagen, jemand habe vom Tuten und Blasen keine Ahnung. Denn die Tüte leitet sich von der "Tute" ab, einem horn-, trichter- oder röhrenförmigen Blasinstrument.

Von Menschenhand gedrehte Spitztüten, natürlich nicht aus Papier, sondern aus Blättern, gehören als Verpackung und Behälter zu den ältesten Dingen des Alltags, obwohl davon wegen ihres geringen Werts und ihrer leichten Zerstörbarkeit praktisch kaum etwas erhalten geblieben ist. Um 1550 ist das Wort "Papiertüte" erstmals erwähnt. In Pieter Bruegels Kinderspiele-Bild, das um 1560 entstanden ist, findet man auch eine Abbildung solch einer Papiertüte, die deutlich erkennbar aus bedrucktem Altpapier gefertigt ist. Das nimmt die schreckliche Vision Heinrich Heines vorweg, dass eines Tages die Krautkrämer seine Bücher missbrauchen würden, um "für die alten Weiber Kaffee und Schnupftabak hineinzuschütten." Zuletzt passen wir ja alle in eine Tüte: "In der letzt’n Dutt findt sich alles am Ende", lautet ein askenasisches Sprichwort.

Üblicherweise, aber sicher fälschlich, wird davon ausgegangen, dass die Ursprünge der Tütenherstellung in der Gefängnisarbeit liegen. "Tüten kleben" meint im Zuchthaus sitzen. Zur Schultüte wäre es solcher Art nicht weit. Denn Fabrik, Schule und Gefängnis sind ja recht eng verwandt, wie uns die Kulturhistoriker lehren.

Mit Zuckerwerk gefüllte Tüten zum Schulanfang dürften sich im frühen 19. Jahrhundert von Sachsen und Thüringen aus verbreitet haben. Die ersten gesicherten Nachweise gibt es aus Jena, Dresden und Leipzig. In Berlin waren sie vor dem Ersten Weltkrieg noch selten. Bei uns kam der Startschuss mit dem ominösen Jahr 1938, der zweite Schub folgte in der Wohlstandswelle der fünfziger Jahre. Inzwischen ist die Gabe selbst in entlegenen Landgemeinden allgemein üblich. In Anbetracht von jährlich mehr als 85.000 österreichischen Schulanfängern ist auch der wirtschaftliche Faktor nicht zu unterschätzen. Denn wurden die Tüten früher selbst gebastelt oder gedreht und mit Nüssen, Süßigkeiten und anderen kleinen Naschereien gefüllt, so greifen Eltern heute oft viel tiefer in die Tasche und packen auch Glücksbringer, Krafttiere, Spielzeug, Geldbörserl, Wecker, Armbanduhren oder das erste Handy dazu.

Und die Schultüte hat inzwischen seltsame Varianten erfahren: An manchen Wiener Schulen erhalten Lehrer und Lehrerinnen von Kollegen oder Eltern eine kleine Tüte voll braver Ermahnungen. Es gibt Senioren- und Hundeschultüten. Vor allem: Sie sind inzwischen voll mit Kunststoff- und Plastikzeug. Ob das in Zukunft weiter recht sinnvoll ist?

Roman Sandgruber ist emeritierter Professor für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte an der Johannes Kepler Universität Linz. 

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Roman Sandgruber
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9  Kommentare
9  Kommentare
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
Gugelbua (31.930 Kommentare)
am 09.09.2019 12:16

diese Tüten vollgebackt mit unsinnigen Dingen sind ja auch nur ein Prestige Objekt genau wie Logos auf Schultaschen und Kleidung

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mitreden (28.669 Kommentare)
am 09.09.2019 10:26

Die Schultasche soll nicht mehr als maximal 10% des Körpergewichtes ausmachen, aber die Tüte kann kiloweise voll mit Gelumpe sein......

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Rufi (4.739 Kommentare)
am 09.09.2019 10:36

eine Sache für zwei, drei Tage.

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Rufi (4.739 Kommentare)
am 09.09.2019 10:36

dann ist sie tot

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Juni2013 (9.841 Kommentare)
am 08.09.2019 12:52

Sorry, passt inhaltlich zwar absolut nicht hierher, weiß mir aber anders nicht zu helfen da der Artikel "Menschliche Knochen in Pucking entdeckt" aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen nicht kommentiert werden kann.
Überschrift: "Menschliche Knochen in Pucking entdeckt"
Im Artikel heißt es dann aber ganz anders: Zitat: ""..........sagte Polizeisprecherin Heide Klopf zur APA. Es sei nicht ganz fix, ob es menschliche oder tierische Überreste sind, da die Verwesung schon sehr fortgeschritten sei."
Liebe OÖN-Redaktion: Zählt bei Ihnen auch die Schlagzeile schon mehr als der tatsächliche Inhalt? Motto: Hauptsache die Anzahl der Klicks stimmt.
Von einer Zeitung, die sich Qualität auf die Fahne geschrieben hat und die ich käuflich erwerbe erwarte ich mir, dass sie auch übernommene Artikel auf ihre Korrektheit überprüft.

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Harbachoed-Kater (4.911 Kommentare)
am 09.09.2019 07:53

Stimmt, Juni, nur waren die OON absolut nicht allein mit dieser Idiotie. Was sie nicht besser macht.

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Gugelbua (31.930 Kommentare)
am 09.09.2019 12:22

wie eine Meldung gebracht und auch recherchiert wird ist eben der Unterschied zwischen Zeitung und einem Lokalblattl😉

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jamei (25.498 Kommentare)
am 07.09.2019 10:37

Kommt aus Deutschland - sonstiger Unfug aus Amerika!

Sehr geehrter Herr Sandgruber - bitte was sind Krafttiere?!?

Bei wiki fand ich:

"Krafttier (auch Geisttier oder Totemtier) ist ein Begriff für ein Geistwesen in Tiergestalt, das in der Esoterik und im Neoschamanismus verwendet wird. Es wird als spiritueller Wegbegleiter oder als Seelengefährte beschrieben."

und das BRAUCHEN heute Erstklässler? - Huch jetzt wird ich alt.....grins

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Harbachoed-Kater (4.911 Kommentare)
am 09.09.2019 07:55

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