Die Politporträtgalerie
So dürfen sich alle, die bedeutsam sind, oder für bedeutsam gehalten werden, vor Leinwänden in Pose werfen.
Pühringer ist gemalt. Dobusch soll gemalt werden. Die einen Bilder werden aufgehängt, die anderen abgehängt. Das umstrittene Porträt des Bundeskanzlers Dollfuß ist vom Parlament ins Museum gebracht worden, jenes von Wilhelm Bock, der im Ständestaat von 1934 bis 1938 Linzer Bürgermeister war, nach dem Anschluss ins KZ Dachau gebracht wurde und sich nach den erlittenen Qualen entschloss, ins Kloster zu gehen, lag lange in einem Keller des Linzer Rathauses. Nun hat es in seinem Mutterkloster St. Florian Aufnahme gefunden.
Auch das von Oskar Kokoschka stammende Porträt des Wiener Bürgermeisters Theodor Körner landete im Depot, weil es den dortigen Rathauspotentaten überhaupt nicht gefiel. Der kunstbeflissene Linzer Bürgermeister Ernst Koref konnte es billig erwerben. So kam das Lentos zu einem berühmten Bild. Kommt man in die Festräume der Land- und Rathäuser, Universitäten, Kammern und Unternehmen, so blicken sie auf einen herab: die mehr oder weniger verdienten Ahnen.
Auch die Theater haben ihre Porträtgalerien. Gerade die Schauspieler haben es ja bitter nötig: "Den Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze", wusste bekanntlich schon Schiller. Aber nicht nur die Theaterleute, sondern auch die Bundespräsidenten, Landeshauptleute, Bürgermeister und Obleute der Gebietskörperschaften sind vom Vergessen bedroht. Dass die Frauen fehlen, wird überdeutlich. Da und dort gibt es auch Lücken, wenn ein Bild aus politischen Gründen abgehängt wurde.
Die Stadt Linz hat in ihre Galerie nur jene Bürgermeister aufgenommen, die in einem allgemeinen und gleichen Wahlrecht gewählt worden waren, wodurch man alle vor 1918 nach einem eingeschränkten Wahlrecht kreierten Bürgermeister ausschließen konnte. Damit hat man ausschließlich Sozialdemokraten in der Festgalerie und erspart sich so das Problem, vielleicht über ein Bild des jüngst wegen seiner NSDAP-Mitgliedschaft ins Gerede gekommenen Franz Dinghofer diskutieren zu müssen.
In die Ewigkeit einzugehen, ist ein unentrinnbares Schicksal. Nur eines scheint noch schlimmer zu sein: nämlich als Vergessener in die Ewigkeit einzugehen. So dürfen sich alle, die bedeutsam sind oder für bedeutsam gehalten werden, vor Leinwänden in Pose werfen. Für die Kunstgeschichte sind sie selten ein guter Ausweis. Nicht nur, weil der Geschmack der Auftraggeber nicht immer wirklich treffsicher ist, sondern weil in den Ämtern meist auch das Geld für teure Maler fehlt und noch dazu die wenigsten der heute bedeutenden Künstler auch gute Porträtisten sind. Manchmal spart man sich überhaupt die Arbeit mit Farbe und Pinsel und wählt ein sogenanntes künstlerisches Foto. Das geht schneller und ist billiger. Vielleicht wären überhaupt die Karikaturisten die besten und spannendsten Porträtisten.
Roman Sandgruber ist emeritierter Professor für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte an der Johannes Kepler Universität Linz.
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