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"Die Gruppen der Gesellschaft verlieren sich aus den Augen"

Von Alfons Krieglsteiner   11.Juli 2019

Mit einem Vortrag von Sighard Neckel, Professor für Gesellschaftsanalyse und sozialen Wandel an der Universität Hamburg, hat gestern die von den OÖNachrichten unterstützte 21. Ökumenische Sommerakademie im Benediktinerstift Kremsmünster begonnen. Bis Freitag geht es unter dem Titel "Die gespaltene Gesellschaft" um die Ursachen einer Entwicklung, die vielen Angst macht: die unübersehbaren Zeichen für verschärfte Spannungen, ethnische und religiöse Konflikte und Uneinigkeit, die zur Zerreißprobe für die Demokratie zu werden drohen.

Der Hamburger Soziologe sprach über die "Wiederkehr der Gegensätze". Seine Diagnose lautete: Wir leben in einer "Gesellschaft der Unterschiede". Doch nicht im positiven Sinn. Denn "Unterschied" bekomme immer mehr die Bedeutung, "dass einander die gesellschaftlichen Gruppen aus den Augen verlieren".

Exorbitante Spitzengehälter

Zwischen ihnen tut sich eine ökonomische Kluft auf, die in den vergangenen zwanzig Jahren in nie dagewesenem Tempo größer wird, so Neckel – dem Tempo der Ungleichheit in der Verteilung des Wohlstandes. Während die Vermögenden in den Genuss neuer Privilegien gekommen seien, sehe sich die "Unterschicht" zunehmend mit unsicheren Arbeitsverhältnissen, Armut und sozialer Isolation konfrontiert.

Seit 2000 seien die Einkommen aus Vermögen und unternehmerischer Tätigkeit um 30 Prozent gestiegen, bei Durchschnittseinkommen nur um fünf Prozent. Auch beim Privatvermögen gehe die Kluft unaufhaltsam auseinander. Die Folge: Mittel- und Unterschicht sehen sich von der Politik kaum noch vertreten und entwickeln eine Skepsis gegen die Demokratie. Eine "Postdemokratie" sei im Entstehen begriffen, "in der die relevanten Entscheidungen von der politisch-wirtschaftlichen Elite getroffen werden statt von den Volksvertretern".

Zuvor hatte Landeshauptmann Thomas Stelzer (VP) die Sommerakademie eröffnet. Er hielt am politischen Gestaltungsanspruch der Volksvertreter fest, deren Aufgabe es sei, "zu führen und zusammenzuführen". Dazu gehöre in Zeiten wachsender Vielfalt, an Prinzipien wie Menschenrechten und dem demokratischem Staatsgefüge festzuhalten. Dem pflichtete Generalvikar Severin Lederhilger bei. Bildung sei der Schlüssel gegen die ökonomisch bedingte Ungleichheit. Die gemeinsame Basis aller Menschen sei ihre "Geschöpflichkeit", sagte Superintendent Gerold Lehner. Die Spaltung der Gesellschaft sei überwunden im christlichen Liebesgebot.

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29. März 2024