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Der Tag nach der Dachstein-Katastrophe

Von Philipp Hirsch   10.März 2020

Am Tag nach der Katastrophe herrscht noch immer Fassungslosigkeit. Fünf Menschen sind tot. Von einer riesigen Lawine wurden sie am Sonntag um 9.20 Uhr unterhalb der Randkluft des Hohen Dachsteins aus dem Leben gerissen. Gestern wurden die Leichen der verunglückten Tschechen freigegeben, wann sie in ihr Heimatland überstellt werden, war vorerst nicht bekannt.

Die Ausmaße des Schneebrettes waren gewaltig. "Normalerweise sehen wir dort Lawinen, die auf einer Breite von 20 bis 30 Meter abbrechen und 50 bis 100 Meter weit abgehen", sagt Christoph Preimesberger, Chef der oberösterreichischen Bergretter. Das Schneebrett vom Sonntag war um ein Vielfaches größer: Auf einer Breite von 150 Metern donnerten Tausende Kubikmeter Schnee bis zu 400 Meter weit den Berghang hinab. Dass sich neben der fünfköpfigen Gruppe aus Tschechien keine weiteren Wintersportler in dem Hang befanden, war ein glücklicher Zufall gewesen. "Wäre die Lawine eine Stunde später abgegangen, wären dort schon mehr Menschen unterwegs gewesen", sagt Preimesberger.

Die fünf Schneeschuhwanderer haben die Lawine selbst ausgelöst. Eine Notfallausrüstung wie Sondierungsstangen, Schaufeln oder Lawinenverschüttetensuchgeräte (LVS-Geräte) hatten sie nicht dabei. Bei einer Tour in diesem Gebiet sei das Fehlen dieser Ausrüstung ungewöhnlich, sagt Preimesberger.

Mehrere Ersthelfer, die nur wenige Augenblicke nach dem Lawinenabgang im Kegel nach den Verschütteten mit ihren LVS-Geräten suchten, hatten so keine Chance, sie zu finden. So verstrichen wertvolle Minuten bis zum Eintreffen der Rettungsmannschaften. Ohne LVS-Geräte waren die Retter, die am Sonntagvormittag auf den Dachstein eilten, auf die Spürnasen der Suchhunde angewiesen. "Sie waren unsere beste Chance, die Verschütteten rasch zu finden." 30 Minuten dauerte es, bis die Hunde zum ersten Mal anschlugen. Für die Verschütteten kam die Hilfe aber zu spät. Ihre Leichen wurden mit Helikoptern nach Hallstatt geflogen.

>> Video: Das tragische Unglück auf dem Dachstein war auch Thema in der gestrigen Ausgabe von OÖN-TV. 

OÖN-TV: Lawinen in OÖ

Nach dem verheerenden Lawinenunglück vom Sonntag geben sowohl Alpinpolizei als auch der Lawinenwarndienst Auskünfte, auf welche Details und Einzelheiten Bergsteiger ganz besonders achten müssen.

Schwierige Identifikation

Die Identifikation der Toten stellte die Polizei vor Probleme. Die Verunglückten hatten keine Ausweise bei sich. Am Sonntagnachmittag konnte der Pkw der Tschechen in der Ramsau ausfindig gemacht werden. Im Fahrzeug fanden die Ermittler schließlich die Personendokumente der Getöteten, darunter auch die Dokumente der Rennradfahrerin Dagmar L., die bei der Junioren-EM 2010 knapp das Podest verpasst hatte.

Derart tragische Lawineneinsätze sind auch für die erfahrensten Bergretter eine Ausnahmesituation. Gestern Abend trafen alle Einsatzkräfte zu einer abschließenden Besprechung zusammen. "Das Beste, was man tun kann, ist, darüber zu sprechen", sagt Preimesberger. Für Retter, die sich schwertun, das Erlebte zu verarbeiten, stehen speziell geschulte Kameraden bereit.

War es unverantwortlich von den fünf Opfern, bei Lawinenwarnstufe 3 diese Route auf den Dachstein zu gehen? "Wir wissen, dass bei Warnstufe 3 die meisten Unglücke passieren. Die Skala reicht bis fünf. Warnstufe drei wird deswegen von vielen unterschätzt, obwohl da bereits eine geringe Zusatzbelastung der Schneedecke reichen kann, um eine Lawine auszulösen." Eine Neugestaltung des Warnsystems, um die Gefahr klarer erkennbar zu machen, werde bereits seit längerem diskutiert, sagt Preimesberger.

Der Tag nach der Dachstein-Katastrophe
Das letzte Bild: Ohne Sicherheitsabstand stieg die Gruppe am Sonntag auf.

Ein Foto (siehe oben) das nur wenige Augenblicke vor dem Lawinenabgang entstanden ist, zeigt einen tragischen Fehler der Gruppe. Sie war ohne Sicherheitsabstand in dem steilen Gelände unterwegs. "Normalerweise hätte sie einen Abstand von 20 bis 30 Metern zueinander einhalten müssen", sagt Preimesberger. Dadurch, dass sie knapp hintereinander gingen, war die Belastung auf die ohnehin instabile Schneedecke um ein Vielfaches höher. "Es war vermutlich diese große Zusatzbelastung, die das Unglück ausgelöst hat."

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24. April 2024