Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

Der Linzer Christbaum, der aus der denkmalgeschützten Parkanlage kam

Von Gabriel Egger   17.November 2020

Der Baum müsse krank sein, dachte Ursula Kail. Aus welchem anderen Grund würde man sonst eine so wunderschöne Tanne fällen. Noch dazu in einer Parkanlage, die seit Jahren denkmalgeschützt ist. Kurz nach halb neun Uhr vormittags war der große grüne Lastwagen gestern vor dem Bauernbergpark am Linzer Froschberg vorgefahren. Kail saß vor ihrem Frühstück, als die Arbeiter lautstark begannen, die Tanne mit einem Seil zu fixieren.

Die Anrainerin konnte beobachten, wie der Baum gehoben, auf den Lastwagen gehievt und für den Abtransport vorbereitet wurde. Was denn mit der Tanne jetzt passiere, wollte Kail von den Arbeitern wissen. Die Antwort war verblüffend: Er werde ab heute als Christbaum vor dem Neuen Linzer Rathaus stehen. "Mir blutet das Herz. Ich kann doch keinen völlig gesunden Baum aus der 100-jährigen Parkanlage am Froschberg schlägern und ihn dann als Christbaum aufstellen", sagt Kail. Die Aufregung in Linz war groß, das Unverständnis noch größer. Wer lässt einen Baum aus einer Parkanlage zu einem Christbaum umfunktionieren? Eine Frage, die zunächst auch Vizebürgermeister Bernhard Baier (VP), in Linz zuständig für Stadtgrün und Straßenbetreuung, nicht beantworten konnte.

Christbaumzucht am Froschberg

Er habe der Baumschlägerung jedenfalls nicht zugestimmt und sei auch nicht darüber informiert worden. "Zu Recht sind viele Menschen verärgert und aufgebracht. Mir geht es nicht anders. Schließlich laufen gerade intensive Bemühungen, mehr Bäume im Stadtzentrum zu pflanzen, und daher ist diese Baumschlägerung absolut nicht nachvollziehbar", sagte Baier. Es handle sich offenbar um einen Alleingang der Verwaltung, der nicht ohne Konsequenzen bleiben könne.

Dass Baier über die Fällung nicht informiert worden war, sei ein Fehler gewesen, den man bedauere, sagt Martin Krammer, Direktor des Geschäftsbereichs "Stadtgrün und Straßenbetreuung". Der Vorgang selbst sei aber völlig normal. "Vor 15 Jahren wurden diese Bäume im Bauernbergpark als Christbaumkultur gepflanzt. Um sie später genau für diesen Zweck, nämlich als Weihnachtsbäume im öffentlichen Raum, zu verwenden. Wir fällen nirgendwo aus Spaß einen Baum", sagt Krammer. Dem Park sei kein Schaden entstanden.

Das sieht Günter Eberhardt von der Baumrettungsinitiative Linz gänzlich anders: "Eine Christbaumzucht in einer historischen Parkanlage ist an den Haaren herbeigezogen. Dies war ein wertvoller Solitärbaum an einer besonderen Stelle, der dort seit Jahrzehnten stand. Der Auftraggeber muss Verantwortung übernehmen", sagt er. Selbst wenn eine "Christbaumzucht" die ursprüngliche Idee war, müsse man das mit dem heutigen Bewusstsein überdenken, sagt Umwelt-Stadträtin Eva Schobesberger (Grüne). "Die Bäume müssen im Park bleiben."

copyright  2024
19. April 2024