Das Salzkammergut im Freudentaumel
Von Siegesgewissheit konnte in Bad Ischl bis zum Schluss keine Rede sein. Keiner kannte die Bewerbungsunterlagen von Dornbirn und St. Pölten. Alle wussten nur: Das Salzkammergut war mit dem kleinsten Budget (30 Millionen Euro) vor die Jury getreten.
Umso größer war gestern Vormittag der Jubel in der Ischler Trinkhalle, wo die Verkündung der EU-Kulturhauptstadt 2024 bei einem Public Viewing live übertragen wurde. Zuschauer fielen sich um den Hals und Tränen flossen, als die portugiesische Juryvorsitzende Cristina Farinha "Bad Ischl" sagte – und damit das Salzkammergut meinte. Denn beworben hatte sich die Region – mit Bad Ischl als Bannerstadt.
Die Begeisterung war umso größer, als die Bewerbung selbst in der Region nicht unumstritten war. Viele Ortspolitiker mussten erst mühsam überzeugt werden. Manche Gemeinden (Altmünster, Wolfgangsee-Gemeinden) verweigern bis heute die Teilnahme, und andere warten immer noch ab. Sie müssen sich jetzt aber rasch entscheiden. Am 1. April wird die Kulturhauptstadt GmbH gegründet, bis dahin sollte geklärt sein, wer im Boot ist.
- Leitartikel zum Thema: Die Kulturhauptstadt der Solidarität, von Peter Grubmüller [OÖNplus].
- Interview: Bad Ischls Bürgermeister Hannes Heide im OÖN-Interview über den Prozess von der Idee bis zum 30-Millionen-Unternehmen Kulturhauptstadt.
- Mensch des Tages: Stefan Heinisch, der EU-Kulturhauptstadtmacher [OÖNplus].
Jede Gemeinde, die teilnimmt, muss bis 2025 pro Einwohner und Jahr 3,18 Euro einzahlen. Der Großteil dieses Geldes kommt in Form kultureller Infrastrukturförderungen direkt wieder zurück. Vor allem aber darf das Salzkammergut 2024 mit viel Geld aus Brüssel rechnen. Insider schätzen, dass das Gesamtbudget von rund 30 Millionen Euro auf diese Art verdoppelt werden könnte.
OÖN-TV Talk über die Kulturhauptstadt Bad Ischl
Der Kulturchef der OÖN, Peter Grubmüller, erklärt das Geheimnis hinter dem Konzept der Bewerbung Bad Ischls und was auf die Region in den nächsten Jahren zukommen wird.
Perspektiven für die Region
Viel wichtiger als das Geld sind den Verantwortlichen im Salzkammergut aber die Perspektiven, die sich durch die Kulturhauptstadt eröffnen. "Das Bewerbungsprogramm thematisiert zentrale Zukunftsfragen des Salzkammerguts", sagt Leopold Schilcher (SPÖ), designierter Bürgermeister von Bad Goisern. "Wie gehen wir in der Welterberegion mit unserer Landschaft um, wie können wir eine nachhaltige Mobilität im alpinen Raum schaffen, was können wir tun, damit unsere Jugend nicht abwandert?" Nicht zuletzt spielte aber auch die Zukunft des Tourismus in den Bewerbungsunterlagen eine große Rolle (Stichwort: Hallstatt).
Im Bundeskanzleramt in Wien war gestern eine Delegation aus dem Salzkammergut vertreten, darunter die Bürgermeister Hannes Heide (SPÖ, Bad Ischl) und Franz Steinegger (ÖVP, Grundlsee). Sie gelten als die politischen Motoren des Projekts. Am Abend feierten sie gemeinsam mit Kulturaktivisten und Funktionären aus dem ganzen Salzkammergut zuerst im Bad Ischler Lehártheater und dann im k. u. k. Hofbeisl.
Das Ischler Szenelokal hatte bereits seit Tagen unter dem Motto "Boogie or Blues – Feier oder Trauer" zu einem großen After-Jury-Fest eingeladen. Am Ende wurde es Boogie – und sogar Blues-Fans waren froh darüber.
<<< Bildergalerie: Stimmen aus der künftigen Kulturhauptstadt.
Zwei Bundesländer, drei Bezirke, 20 Gemeinden
Fragen und Antworten zur künftigen Kulturhauptstadt Europas:
- Welche Orte sind dabei?
20 Gemeinden sind fix an Bord, die meisten aus dem Bezirk Gmunden, dazu aber auch noch Pettenbach (Bezirk Wels-Land) und das steirische Salzkammergut. (Bezirk Liezen). - Können andere Orte noch dazustoßen?
Ja, dazu ist noch bis zum Frühjahr Zeit. Manche Gemeinden (z.B. Grünau) haben das bereits angedeutet. Andere (Altmünster, Wolfgangsee-Gemeinden) lehnten offiziell ab. - Wie groß ist das Budget?
Angepeilt sind 30 Millionen Euro. Das Geld kommt vom Bund, von den Ländern, den Gemeinden, vom Tourismus und von Sponsoren. Das Gesamtbudget für 2024 könnte sich aber verdoppeln, weil es von der EU zusätzliche Fördermittel geben wird. - Wofür wird das Geld ausgegeben?
Für Infrastruktur und Initiativen, die für die Entwicklung der Region möglichst nachhaltig sein sollen. Das war auch die zentrale Forderung der Jury. - Wer wird die Gesamtverantwortung tragen?
Nach der Gründung der Kulturhauptstadt GmbH im April wird die Stelle des Geschäftsführers international ausgeschrieben. Gesucht wird ein erfahrener Kulturmanager.
<<< Diese Gemeinden sind mit an Bord.