Holocaust-Verharmlosung: Florian O. zu 3 Monaten bedingter Haft verurteilt

LINZ. Florian O., ein prominenter Vertreter der oberösterreichischen Coronamaßnahmengegner-Szene, wurde am Freitag in Linz vor einem Geschworenengericht zu drei Monaten bedingter Haft verurteilt.
Die Anklage warf dem bekannten Corona-Maßnahmengegner Holocaustverharmlosung vor, weil er auf Internetplattformen Ausgangsbeschränkungen und Impfpflicht mit der Judenverfolgung verglichen haben. Der Angeklagte hatte sich zu Verhandlungsbeginn für nicht schuldig erklärt und fühlte sich missverstanden: "Es war eine Warnung davor, dass so etwas nie wieder geschehen darf."
Schuldig gesprochen wurde O. wegen einem von insgesamt drei abgesetzten Postings auf der Plattform Telegram. In einem Video vom 13.11.21 hatte der Angeklagte die geplante Einführung der Impflicht "als puren Faschismus" und als einen "Genozid, vergleichbar mit der Nazi-Zeit" bezeichnet. Er wurde unter Bedachtnahme vorheriger Strafen zu einer bedingten Haftstrafe von drei Monaten verurteilt. Der Angeklagte nahm das Urteil an, die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab. Das Urteil ist somit nicht rechtskräftig. Der 40-Jährige, der sich bisher in Untersuchungshaft befand, wurde noch am Freitagnachmittag enthaftet. Das bestätigte Walter Eichinger vom Landesgericht Linz gegenüber den OÖN.
Der Angeklagte war während der Pandemie immer wieder in gröbere Konflikte mit Polizei und Behörden verwickelt. Im März 2022 fasste er etwa ein Jahr teilbedingt wegen Verleumdung, falscher Beweisaussage, übler Nachrede, Beleidigung und Fälschung eines Beweismittels aus. So hat er falsche Maskenatteste vorgelegt und Behördenvertreter beleidigt und verleumdet.
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"Froh, wenn es mehr kritische Geister gegeben hätte"
Laut Anklage hatte er auf Social Media u.a. ein Erkenntnis des Oö. Landesverwaltungsgerichts, das seine Beschwerde gegen die Ausgangssperre abgewiesen hatte, als "Wiederbetätigung" bezeichnet haben, denn in der Nazizeit hätten Ausgangssperren auch für Juden gegolten. Wer gegen die Coronamaßnahmen verstieß habe eine Verwaltungsstrafe zu erwarten gehabt - wenn man sich den Maßnahmen in der Nazizeit widersetzt habe, sei man im KZ gelandet, veranschaulichte der Staatsanwalt den Geschworenen die von der Anklage gesehene strafrechtliche Relevanz.
Der Verteidiger konterte, das man in der Nazizeit froh hätte sein können, wenn es mehr kritische Geister wie seinen Mandanten gegeben hätte. "Mir ist keine traurigere Zeit eingefallen wie die damalige. Und mir ist klar gewesen, dass wir das niemals vergessen dürfen", erklärte er seine Motivation. Er habe es "als schockierend empfunden", dass Ausgangssperren wie in der Coronazeit auch in der Nazizeit für Juden gegolten hätten. Ob er den Vergleich rückblickend heute noch für angebracht halte, fragte die Vorsitzende. "Wenn ich gewusst hätte, wie es interpretiert wird, würde ich andere Worte wählen", antwortete der Angeklagte. "Es ist eine Interpretation, die nicht in meiner Intention war, als ich es gesagt habe." Er habe "aus dem Bauch heraus" formuliert.
Prozess mit Verspätung
Der Prozess gegen den Mann fand mit etlichen Monaten Verspätung statt. Er war im August des Vorjahres nicht zu seinem Prozess erschienen und untergetaucht. Im Juli 2023 ging er dann der Polizei bei einer spektakulären Verkehrsanhaltung ins Netz: Im Wagen hatte er damals die Leiche seiner Ehefrau, die wenige Stunden zuvor gestorben war, und die gemeinsamen drei Kinder.
Ein psychiatrisches Gutachten kam zu dem Schluss, dass der Angeklagte zurechnungsfähig sei. Laut der Sachverständigen Adelheid Kastner weise er eine "querulatorisch-fanatische Persönlichkeits-Akzentuierung" auf, die sich während der Pandemie manifestiert habe. Mittlerweile habe sich der Angeklagte aber von der Holocaustleugnung distanziert und unter dem Eindruck des Todes seiner Frau und der Frage nach der Versorgung seiner Kinder sei auch kein weiteres entsprechendes Verhalten zu erwarten, so Kastners Prognose.
In seinem Schlussplädoyer wies der Staatsanwalt darauf hin, dass man für den angeklagten Paragrafen 3h des Verbotsgesetzes keine nationalsozialistische Gesinnung haben müsse, es gehe einzig um die Verharmlosung des Holocaust. Diese sah er verwirklicht. Verteidiger Arthofer hingegen sagte: "Er hat sich da hertreiben lassen. Er war der Schwurblerkönig, aber er ist kein Holocaust-Verharmloser".
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