Auftragsmord? Das Opfer war ein Regimekritiker
GERASDORF/LINZ. Zwei Tschetschenen wurden als Tatverdächtige festgenommen.
Noch ist ungeklärt, was am Samstag in Gerasdorf bei Wien genau geschehen ist. Fest steht: Der Tschetschene Martin B. wurde auf offener Straße in der an Wien grenzenden niederösterreichischen Gemeinde mit mehreren Schüssen getötet.
Schauplatz des Verbrechens war die Einfahrt einer Baufirma nahe eines großen Einkaufszentrums. Ein Zeuge, der den Mord zufällig mitbekommen hat, alarmierte die Polizei. Unter Mordverdacht steht ein 47-Jähriger, der später in Linz gestellt werden konnte. Ein zweiter Mann wurde am Sonntag im Zusammenhang mit der Tat festgenommen.
War es ein Auftragsmord?
Das Opfer dürfte Angst vor einem Attentat gehabt haben, denn der Mann bat Mitte Juni um Hilfe bei der Beschaffung einer kugelsicheren Weste, berichtete gestern der ukrainische Ex-Politiker Ihor Mossijtschuk. Bei der Bluttat dürfte es sich um einen Auftragsmord gehandelt haben. Martin B. hatte politische Feinde. Er war YouTube-Blogger und kritisierte in seinen Videos den tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow scharf. Auch Beschimpfungen sind in den insgesamt 29 Videos zu hören.
Es dürfte für Martin B. eine Bedrohung vorgelegen haben. Ihm soll von den Sicherheitsbehörden Personenschutz angeboten worden sein, was dieser aber abgelehnt habe. Nachdem der ehemalige Polizist 2005 aus Tschetschenien nach Österreich gekommen war, wurde er im September 2007 als Konventionsflüchtling anerkannt. Der Wiener Verfassungsschutz führte ihn als "gefährdete Person der tschetschenischen Diaspora".
Zwei Festnahmen
Der Tatverdächtige flüchtete Samstagabend in einem silberfarbenen Pkw auf der Autobahn nach Linz, wo ihn die Cobra nach einer Großfahndung nur zweieinhalb Stunden später festnehmen konnte. Der 47-Jährige, ebenfalls Tschetschene, wurde in die Justizanstalt Korneuburg gebracht und noch gestern vernommen. Im Laufe des Sonntagnachmittages konnte auch ein zweiter verdächtiger Tschetschene festgenommen werden. Auch er befindet sich in der Justizanstalt Korneuburg.
- Video: Nach Mord in Gerasdorf: Festnahme in Linz
Der Mann soll am Tatort gewesen sein und war zunächst als Zeuge geführt worden. Bei seiner polizeilichen Befragung verwickelte er sich dann aber in Widersprüche, sodass schließlich wegen Verdachts auf eine mögliche Beteiligung an dem Verbrechen die Handschellen klickten.
Die Vermutung, dass es sich um einen Auftragsmord handelt, wurde bisher nicht offiziell bestätigt. Allerdings weist der Fall Parallelen zu dem im Jänner 2009 in Wien-Floridsdorf erschossenen tschetschenischen Asylwerber Umar Israilov auf. Dieser hatte gegen Kadyrow vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein Verfahren mit Folter-Vorwürfen betrieben. Israilov wurde auf offener Straße erschossen, weil er sich einer Verschleppung widersetzte.
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