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Arme und Ärmel

Von Roman Sandgruber, 27. April 2019, 00:04 Uhr
Arme und Ärmel
Bild: APA

Nicht nur die starken Arme haben ausgedient, auch die Ärmelschoner sind verschwunden.

Nur am Ersten Mai hat er noch Hochkonjunktur: Der starke und zur Faust ausgestreckte Arm der Arbeiterschaft. "Alle Räder stehen still, wenn unser starker Arm es will!". Der ausgestreckte Arm mit geballter Faust oder umklammertem Schwert bedeutete Kraft und Macht: die Streikmacht der Gewerkschaften ebenso wie das Gewaltmonopol des Staats.

Ein huldvoll gereichter Arm hingegen charakterisierte einst den galanten Kavalier: "Mein schönes Fräulein, darf ich wagen, meinen Arm und Geleit Ihr anzutragen?" – "Bin weder Fräulein, weder schön, kann ungeleitet nach Hause gehen", ist die berühmte Antwort in Goethes Faust-Tragödie.

Hat der starke Arm ausgedient? In der Arbeitswelt wird er immer weniger gebraucht. Auch in der Welt der Geschlechterbeziehungen zählt er nicht mehr viel. Starke Arme werden heute vornehmlich in den Fitnessstudios erworben. Denn auch wenn sie in der Arbeits- und in der Genderwelt nicht mehr viel gefragt zu sein scheinen, möchten die jungen und jung gebliebenen Männer und immer häufiger auch Frauen doch mit Muskelpaketen statt mit schmächtigen Extremitäten protzen.

Aber nicht nur die starken Arme haben ausgedient, auch die Ärmelschoner sind in unserer Überflussgesellschaft aus dem Alltag verschwunden. Einst waren diese schwarzen, halblangen Dinger, die den Bereich zwischen Ellbogen und Handgelenk vor Verschmutzung schützen sollten, das Zeichen der subalternen Beamten. Sie wurden nicht nur von Buchhaltern und Schriftsetzern benutzt, um ihre Hemdsärmel vor Tinten- und Druckerschwärze zu schützen, sondern ganz allgemein von jener unteren Herrschaftsebene in Staat und Wirtschaft, die durch Helmut Qualtingers Darstellung des Herrn Karl in unübertroffener Weise charakterisiert worden ist: Mit Brille und Ärmelschoner, pedantisch bis zum Exzess, ja nirgends anecken, aber doch immerzu hinterhältig und übergriffig.

Denn in Wahrheit signalisiert der Ärmelschoner nicht nur die untergebene Stellung, sondern auf der anderen Seite auch ein deutlich zur Schau gestelltes Überlegenheitsgefühl gegenüber einfacher manueller Arbeit. Man trägt unter den grauen Dingern ein weißes Hemd, das die bessere Stellung signalisiert. Wer nicht manuell zu arbeiten brauchte, konnte lange und weite Ärmel tragen. Früher waren sie abknöpfbar und austauschbar. Man wechselte die Ärmel und den Charakter: schlichte zuhause, schickere und elegantere zum Ausgehen, je nach Lage einmal die schwarzen, dann die roten oder die blauen. So kommt man gut zurecht und glaubt sich immerzu auf der richtigen Seite. Sind die Ärmel weit genug, kann man auch noch so manches trickreich und überraschend aus dem Ärmel schütteln.

Die Welt der Ärmelschoner und weiten Ärmel ist verschwunden. Doch die Verhaltensweisen sind geblieben.

 

Roman Sandgruber ist emeritierter Professor für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte an der Johannes Kepler Universität Linz. 

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