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"Als Polizist musst du heute viel aushalten"

Von Gerhild Niedoba, 16. Februar 2019, 00:05 Uhr
"Als Polizist musst du heute viel aushalten"
"Ich bin fast ein Urgestein", sagt Schallmeiner, seines Zeichens auch Referatsleiter für Einsatz und Verkehr. Bild: Volker Weihbold

Wie hat sich die Polizei in 45 Jahren verändert? Josef Schallmeiner weiß es.

MARCHTRENK. Josef Schallmeiner (64) hört auf: Nach 45 Dienstjahren bei Gendarmerie bzw. Polizei im Bezirk Eferding und beim Bezirkskommando Wels-Land verabschiedet sich der Chefinspektor heuer in die Pension. Davor spricht einer der dienstältesten Beamten über schwierigste Einsätze, Engpässe und psychische Belastungen.

 

OÖN: Wie darf ich Sie ansprechen? Herr Chefinspektor oder Herr Bezirkskommandant-Stellvertreter?

Josef Schallmeiner: (lacht) Die Anrede ist mir nicht wichtig, das passt schon, wenn Sie mich mit dem Familiennamen ansprechen.

Zu Jahresbeginn lieferte ein führender Polizei-Gewerkschafter, Johann Floß, Schlagzeilen. Er prangerte den akuten Personalmangel an. Hat er übertrieben?

Nein. Wir haben einen eklatanten Fehlstand, uns fehlen rund 20 Prozent des Personals.

Ist der Beruf für den Nachwuchs nicht mehr attraktiv genug?

Das glaube ich nicht. Es mangelt nicht an Interessenten. Die Fehlstände sind vielmehr mit den langen Ausbildungszeiten und der derzeitigen Pensionierungswelle zu erklären. Denn dass der Beruf attraktiv ist, bestätigen mir die jungen Kollegen immer wieder. Aber natürlich hat jeder Beruf seine Sonnen- und Schattenseiten.

Floß sprach auch von steigenden Dauerkrankenständen und Burn-out-Fällen durch Überstunden.

Natürlich gibt es diese Fälle und derartige Problem-Dienststellen. Hier muss man schauen, ob der Betroffene das psychische Rüstzeug für den Beruf und die jeweilige Dienstverwendung hat. Denn zartbesaitet darf man da nicht sein. Sonst kann man entgleisen.

Hatten es Polizisten früher leichter?

Das Bild eines Gendarmen war anders als das eines städtischen Polizisten. Am Land war ich eng mit der Bevölkerung verbunden. Das Dienstmachen war einfacher, da es in der Regel akzeptiert wurde, was der Gendarm gesagt hat. Heute wird fast alles in Frage gestellt. Allein das Erscheinen eines uniformierten Beamten löst oft eine Provokation aus. Als Polizist musst du heute viel aushalten.

Haben Sie eine Erklärung dafür, warum Polizisten immer öfter attackiert werden?

Zum einen glaube ich, dass viele Menschen den Staat an sich in Frage stellen. Das kannten wir vor 40 Jahren nicht. Zum anderen hat das Gewaltpotenzial zugenommen. Früher bin ich bei gefährlichen Drohungen auch alleine eingeschritten, davon ist heute dringend abzuraten.

Sie wurden bei einem Einsatz selbst einmal schwer verletzt. Was war passiert?

Es war im Jahr 2013, als ein alkoholisierter Gewalttäter beim Abtransport wild um sich geschlagen hat. Da hab’ ich den schwersten körperlichen Schaden genommen. Das Knie ist noch immer nicht, wie es sein soll.

Gab es für Sie Grenzfälle, die Ihnen trotz jahrzehntelanger Erfahrung mental zugesetzt haben?

Ich hab’ mit mehr als 100 Leichen zu tun gehabt. Da waren ganz schlimme Sachen dabei, das muss man erst bewältigen. Danach bräuchte man jedes Mal eine Ruhezeit, die man oft nach dem Heimkommen nicht hat. Da fällt das Einschlafen schwer. Es gibt ja keinen Kippschalter, den ich dann einfach umlegen kann.

Dazu kommt gerade am Land wohl häufig auch das persönliche Naheverhältnis.

Wenn man die Betroffenen kennt, ist das ganz schlimm. Die sind in einem psychischen Ausnahmezustand, da bist du als Ermittler ein Störfaktor, wenn nicht sogar ein Feind. Da bauen sich Spannungsfelder auf, denn als Privatmensch würde man dem ja ganz anders, tröstend entgegentreten. Wir aber müssen unsere Arbeit machen. In jeder Uniform steckt auch immer ein Mensch.

Was hat Ihnen in derart belastenden Situationen geholfen?

Mein privates Umfeld. Da spielen geordnete Lebensumstände eine große Rolle. Ganz wesentlich ist bis heute auch die gemeinsame Aufarbeitung in der Kollegenschaft.

Welches dramatische Erlebnis werden Sie wohl nie vergessen?

Eines davon war eine "Rockerfehde" im Mühlviertel Ende der 70er-Jahre, bei der zwei Menschen mit einer Pumpgun erschossen wurden. Damals mussten wir mehr als 60 Rocker durchsuchen.

Hoffentlich gab es auch schöne Erlebnisse?

Natürlich. Als wir einmal kurz vor Weihnachten einen Altersheimbewohner nach einer langen Suchaktion gefunden haben. Er war bereits völlig entkräftet, hat aber keine gesundheitlichen Schäden davongetragen. Dass man ein Leben gerettet hat, freut einen.

Als Sohn zweier Wirtsleute und mit Koch-/Kellner-Lehre schien Ihr Berufsweg programmiert, und doch kam alles anders...

Im Lokal meiner Eltern waren viele Gendarmen unter den Gästen. Die haben mich sehr umworben und mich fast dazu "überredet".

Ende des Jahres verabschieden Sie sich in die Pension. Haben Sie Angst, dass Ihnen nach Ihrer derart aufregenden Dienstzeit dann fad wird?

(lacht) Nein, gar nicht. Ich hab’ viele Hobbys, die ich aktuell in meiner 60-Stunden-Woche vernachlässigen muss. Ich freu mich aufs Radfahren, Schwimmen, Malen, Wegfahren und auf meine Trompete, die jetzt noch in der Ecke liegt...

 

Werdegang

Josef Schallmeiner wuchs in Attnang-Puchheim als eines von 7 Kindern zweier Gastwirte auf. 1974 startete die Grundausbildung, es folgten Einsätze auf mehreren Dienststellen im Bezirk Eferding. Seit 2007 ist der Chefinspektor stv. Bezirkskommandant von Wels Land. Mit seiner Frau hat er zwei erwachsene Söhne.

 

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Autorin
Gerhild Niedoba
stv. Leiterin Regionalressort
Gerhild Niedoba

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