Afrika, die drei Könige und die Flüchtlinge

Von Roman Sandgruber   05.Jänner 2019

Die Sternsinger führen nicht nur einen schönen Volksbrauch weiter, sondern sind auch ein wichtiger Baustein in der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit. Doch die Heiligen Drei Könige oder in neuerer Deutung drei Weisen aus Afrika, Arabien und Asien tragen eine schwere historische Bürde. Lange Zeit waren sie das Symbol für den Überlegenheitsanspruch des christlichen Glaubens und der christlichen Kultur. Sie kamen zur Krippe, die von Bethlehem in eine europäische Szenerie transferiert wurde, um Christus anzubeten, ihm Geschenke zu bringen und damit nicht nur symbolisch die Vorherrschaft der christlich-europäischen Zivilisation und Wirtschaft zu rechtfertigen.

Einer der drei Könige kommt aus Afrika. Er brachte das Gold. Schätze kann er inzwischen keine mehr bringen. Afrika ist zu einer sozialen und bevölkerungspolitischen Bombe geworden. Sein Bevölkerungswachstum wird zum Weltproblem. 2050 werden 2,4 Milliarden Menschen in Afrika leben, 1950 waren es nur 229 Millionen. Sein Anteil an der Weltbevölkerung stieg von acht auf 25 Prozent. Um 1,2 Milliarden wird die Bevölkerung Afrikas in den nächsten drei Jahrzehnten einem mittleren Prognoseszenario zufolge zunehmen, das allein entspricht dem Doppelten der Einwohnerzahl Europas. Es ist klar, dass Europas Aufnahmekapazität selbst bei einem kleinen Bruchteil dieser Zahl kollabieren muss. Die Migration drückt auf Europa. Warum gibt es so viele Menschen, die aus Afrika unbedingt wegwollen, wurde Kardinal Schönborn unlängst gefragt: "Weil wir, die reichen Länder, ihnen die Lebenschancen weggenommen haben", sagte er im Interview mit der römischen Zeitung Il Messaggero. Was der Kardinal anspricht, mag alles richtig sein: der Kolonialismus, die Ausbeutung der Ressourcen durch die westlichen Länder und neuerdings auch durch China, insgesamt die Konkurrenz der autogenen Wirtschaft durch die multinationalen Konzerne. Was der Kardinal aber verschweigt, ist das Bevölkerungswachstum. Dabei liegt gerade hier die Schuld der Kirche und der Päpste, die seit langem und immer noch kein klares Wort zur Geburtenregulierung über die Lippen bringen.

Auch der EU-Abgeordnete Othmar Karas zählte unlängst bei einer Diskussion im Bildungshaus St. Magdalena einen ganzen Katalog von Hilfsmaßnahmen für Afrika auf: Stärkung des Wirtschaftswachstums, Ausbau der Infrastruktur, Förderung der Bildung, insgesamt einen Marshallplan für Afrika. Doch auch er erwähnte das zentrale Problem mit keinem Wort: Afrika wächst, aber es wird immer ärmer. Die Bevölkerung nimmt viel schneller zu als das Sozialprodukt. In diesem Wachstum liegt das Problem, und so lange das nicht gelöst ist, wird der Druck auf Europa unweigerlich weiter zunehmen.


Roman Sandgruber ist emeritierter Professor für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte an der Johannes Kepler Universität Linz.