"Abenteuer sind das Salz im Leben, sie machen Menschen zufriedener"
Besondere Erlebnisse und emotionale Kicks – warum sich viele danach sehnen, erklärt der Lehrgangsleiter für Erlebnispädagogik an der Fachhochschule in Linz
"Menschen brauchen manchmal Überraschendes, Unsicheres, Neues, um mit ihrem Alltag wieder zufriedener zu sein", davon ist Werner Ebner, Leiter des Lehrgangs für Erlebnispädagogik an der Fachhochschule Linz, überzeugt. Es sei nur die Dosis, in der sich das Bedürfnis nach Abenteuern unterscheide. "Es gibt Leute, die mit kleinen Erlebnissen abseits des Alltags zufrieden sind und andere, denen es kaum aufregend genug sein kann", sagt Ebner.
Im Gespräch mit den OÖNachrichten erzählt der 63-Jährige unter anderem, warum der schnelle Adrenalinkick bei Sportarten wie Bungeejumping oder Fallschirmspringen nicht unbedingt zu jenen Abenteuern zählen, die lange nachwirken.
OÖN: Warum sehnen sich viele Menschen in einer Zeit, in der schon Beruf und Alltag viele überfordern, nach Abenteuern?
Werner Ebner: Gerade weil der Leistungsdruck heutzutage sehr hoch ist und die Vorgaben und Verpflichtungen in Beruf und Privatleben oft recht starr sind, haben viele Menschen Lust auf individuelle Gestaltung ihrer Freizeit und das Erleben von Neuem, Unvorhersehbarem.
Wie würden Sie das Wesen von Abenteuern definieren?
Abenteuer müssen aus drei wesentlichen Elementen bestehen: Sie müssen ein Kontrapunkt zum Alltag sein. Es muss sich um eine außergewöhnliche Situation handeln, die intensive Gefühle hervorruft. Und es muss einen gewissen Risikofaktor geben, also etwas Unplanbares und Unvorhersehbares haben. Bei einem Abenteuer weiß man nie, ob alles so wird, wie man es sich vorher vorgestellt hat. Außerdem sind echte Abenteuer dadurch gekennzeichnet, dass man sie nur für sich macht und nicht, weil man einen interessanten Facebook-Eintrag haben will, den viele liken.
Geht es dabei um den schnellen Adrenalinkick oder sollen Abenteuer langfristig nachwirken?
Ein Bungee-Jump oder Fallschirmsprung ist etwas, das vor allem im Moment wirkt. Man kann dann zwar ein Leben lang erzählen, dass man sich getraut hat, aber solche Adrenalinkicks verschaffen keine langfristige Befriedigung. Oft sind es unspektakulär wirkende Erlebnisse, wie etwa ein wunderschöner Sonnenuntergang nach einer schönen Wanderung, der intensive Gefühle und tiefe Zufriedenheit hervorruft, von denen man noch lange zehren kann.
Brauchen Männer mehr Abenteuer als Frauen, um ihr Leben als befriedigend zu empfinden?
Nein, das glaube ich nicht. Ich kenne auch Frauen, die sich auf extreme Expeditionen gewagt haben. Ein Unterschied ist vielleicht, dass Männer eher dazu neigen, eine Konkurrenz im Sinne von höher, schneller, weiter aus ihren Abenteuern zu machen.
Kann man Abenteuer auch in den Alltag einbauen?
Sicher. Sogar aus einer Radtour kann man ein kleines Abenteuer machen, wenn man bei jeder Kreuzung würfelt in welche Richtung man abbiegen soll. So wird es eine Überraschung, wo man landet und was man auf dem Weg erlebt. Wichtig ist, dass man bereit ist, sich auf Neues einzulassen, dann kann man mit etwas Phantasie viele kleine Abenteuer im Alltag erleben.
Was war Ihr größtes Abenteuer bisher?
Ich habe viel erlebt, aber interessanterweise sind es scheinbar unspektakuläre Naturerlebnisse, die bis heute nachwirken. So etwa als ich auf einer Reise nach Borneo zufällig eine blühende Rafflesia entdeckt habe, das ist eine Pflanze, die extrem kurz blüht und daher sehr selten beobachtet werden kann. Tief beeindruckt hat es mich auch, als ich bei einer Wanderung in einem heimischen Wald durch Zufall die Balz eines Auerhahns miterleben durfte.