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Zwölfköpfige Familie: „Wir sammeln gute Augenblicke wie Perlen“

Von Helmut Attenender   23.März 2013

Am Hof von Josef und Maria Lichtenberger, beide 43 Jahre alt, ist immer was los. Zehn Kindern hat das Paar das Leben geschenkt. Der älteste Sohn, Daniel, ist 23 Jahre, der jüngste Spross, Samuel, neun Monate alt. Ein Lokalaugenschein in einer gut gefüllten Bauernstube.

OÖNachrichten: Frau Lichtenberger, zählen Sie doch bitte die Namen Ihrer Kinder im Schnelldurchlauf auf.
Maria Lichtenberger:
Ja, sicher! Der Älteste ist der Daniel, dann Miriam, Josef, dann haben wir Franziska ... Sie sind gut! Im Schnelldurchlauf, unter Stress ... Michael und Johannes, Sarah, Raphael, Florian und Samuel. Haben S’ mitgezählt? Das müssten alle sein.

Erzählen Sie von einem ganz normalen Tag bei den Lichtenbergers.
Maria:
Der Erste, der wach wird, ist natürlich der Kleine, der Samuel. Der hat einen Durst. Wir stehen so um halb sieben auf. Dann wecken wir die vier Pflichtschüler. In der Früh ist nicht das große Heckmeck. In der Früh muss jeder tun, was er tun muss. Bis zum Jausengeldsuchen. Das einzige Problem ist das Sockensuchen. Das ist echt ein Thema. Bis jeder einmal seine Socken findet, das dauert ... Dann fahren wir die Kinder in die Schule.

Dann wird es ruhiger?
Maria:
Dann hoffe ich, dass mein Mann vom Stall hereinkommt zum Frühstück. Das ist die einzige Mahlzeit, die wir in Ruhe gemeinsam verbringen können. Da finden unsere wichtigen Gespräche statt. Und natürlich der Samuel. Wenn man ein Krabbelkind hat, ist es einfach das Wichtigste, zu schauen, dass das Kind überlebt. Da musst du immer ein Auge draufwerfen. Wir wollen ihn nicht in eine Gehschule stecken, er soll die Welt entdecken können. Gegen Mittag kommen die ersten Schüler heim. Da muss was auf dem Tisch stehen.

In welchen Mengen kochen Sie?
Maria:
Nicht so schlimm, weil nicht alle immer gleichzeitig da sind. Es ist wie eine kleine Mensa. Man ist ständig eingeteilt und das Handy läutet und läutet.

Wie oft müssen Sie Streit schlichten?
Maria:
Geh, bei uns ist doch alles rosarot ... Das können Sie wieder löschen! Wir haben endlose Diskussionen über Verzeihen und „Ihr gebt euch jetzt die Hand!“ Das Miteinander-Streiten wächst mit.

Gibt es eine Art Jahresbilanz, was die Familie Lichtenberger in einem Jahr so verzehrt?
Maria:
Besser nicht.
Josef: Jede Menge. Sechs, sieben Schweindln, Gemüse haben wir selber, Rindfleisch kommt von den Schwiegereltern. Beim Einkaufen hast du schon immer das größte Wagerl. Unter dreistellig beim Zahlen geht es sich nicht aus. Die Dimensionen sind anders. Maria: Daran soll es nicht scheitern.

War es von Anfang an klar, dass Sie viele Kinder haben wollen?
Maria:
Wir wollten schon mehr Kinder haben, das wussten wir voneinander. Natürlich kann man zehn Kinder nicht planen. Aber es passt für uns.

Es passt so gut, dass vielleicht auch noch ein elftes ...
Maria:
Das können Sie ausklammern! Josef: Da darf ich nichts dazu sagen ...

Verstehen Sie Menschen, die sagen, die Karriere ist ihnen wichtiger als Kinder?
Maria:
Irgendwie tun sie mir leid, weil sie ganz viele Sachen nicht erleben. Josef: Zum Beispiel: Bekannte von uns, die haben zwei Kinder. Jetzt sind sie 50 und die Kinder außer Haus. Weihnachten haben sie alleine gefeiert. Das möchte ich nicht. Es hat sich bei uns einfach entwickelt. Und die Maria mag Babys halt so gern. Maria: Babys, Pubertierende ...

Humor haben Sie offenbar.
Maria:
Ja, sicher. Ich kann zum Glück so reden. Wir haben keine richtigen Probleme. Keine Berge, nur kleine Maulwurfshügel. Etwa ein Fünfer in der Schule. Sicher, man geht das Risiko ein. Bei zehn Kindern hast du einfach auch das Risiko von zehn Kindern. Das volle. Und wir haben schon viel Glück gehabt. Ich bin am Abend immer glücklich, wenn ich alle durchgehe und ihnen ein Kreuzzeichen auf die Stirn gebe. Lebt noch, lebt noch ... Dafür bin ich dankbar. Wir sammeln gute Augenblicke wie Perlen.

Was bleibt zurück beim großen Kindersegen?
Maria:
Wir haben es halt relativ einfach gestaltet, im Betrieb, im Wohnbereich. Dafür haben wir unsere kleinen und großen Helden. Das erste Jahr gehört dem Kind. Samuel ist der Held des Jahres.

Das hat Eifersuchtspotenzial.
Maria:
Für den jeweils Zweitjüngsten schon. Das ist aber auch ein wichtiger Prozess. Dieses Ablösen.

Wie oft würden Sie gerne einfach davonlaufen?
Maria:
Davonrennen schon. Aber ich komme nie weit. Höchstens 200 Meter. Da gehen sie mir schon wieder ab. Manchmal ist es einfach körperlich sehr anstrengend.

Urlaub?
Josef:
Ja, doch, 1996 waren wir in Gosau. Und in Nizza waren wir. Und Holland, genau. Drei Urlaube länger als zwei Tage in 17 Jahren.

Frau Lichtenberger, welche der zehn Geburten werden Sie nie vergessen?
Maria:
Die erste und die letzte. Mit Blaulicht sind wir auch einmal gefahren, einmal ist uns das Hochwasser 2002 in die Quere gekommen. Die Sarah hatte die Nabelschnur um den Hals. Bei Samuel gab es Probleme. Er kam zur Welt, dann war alles still. Augenblicke, die ewig dauern. Da läuft der Film. Da kommen schlimme Gedanken. Wird er Sonderförderung brauchen? Solche Sachen. Endlich begann er zu atmen. Es wird nicht einfacher mit den Geburten, weil du die Schmerzen nicht wegsteckst, du speicherst sie ab.

Und Sie, Herr Lichtenberger, waren Sie bei allen Geburten dabei?
Josef: Keine Frage, dass ich da dabei bin. Etwas Wichtigeres kann es nicht geben.

Sie beide sind gebildet, haben Fachausbildungen. Die jüngste Studie des Landes besagt aber, dass die Kinderzahl mit steigender Bildung abnimmt. Haben Sie dafür eine Erklärung?
Josef:
Ich sehe bei unseren Kindern, wie schwierig es ist, wenn man so lange in der Ausbildung ist. Dann will man natürlich auch Karriere machen. Und dann muss man sich entscheiden. Dazu kommt, dass bei uns die Gesellschaft eher kinderfeindlich ist. Ja nicht aus der Norm fallen. Zwei Kinder sind schon ein Wagnis, bei drei wird man schon schief angeschaut.

Werden Sie ob Ihrer Kinderschar hin und wieder belächelt?
Maria:
Ja, sicher. Josef: Manche kommen mit dem Lächeln gar nicht mehr zusammen. Ich muss mich dafür nicht rechtfertigen, dass ich Kinder mag. Mir ist es wichtig, dass wir ihnen eine Ausbildung und eine halbwegs schöne Kindheit ermöglichen.

Welchen Stellenwert hat der Glaube in Ihrem Leben?
Josef: Das ist uns sehr wichtig. Der Glaubensabfall in unserer Gesellschaft hängt auch damit zusammen, dass man Kinder nicht mehr annimmt. Das wird immer schwieriger, weil die Konkurrenz groß ist.

Frau Lichtenberger, was lieben Sie an Ihrem Mann?
Maria:
Das gute Herz und die große Geduld, dass er mir immer wieder verzeiht, nicht nachtragend ist und mir das Auto immer volltankt.

Wie ist das bei Ihnen, Herr Lichtenberger?
Josef:
Dass sie so lustig ist und gute Nerven hat. Sie ist nicht nachtragend. Und dass sie einen Glauben hat, dass wir diesen Weg miteinander gehen können.

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18. April 2024