Weniger Asylheime: 88 Quartiere bereits geschlossen, weitere 20 folgen bald

Von Stefan Minichberger   07.August 2017

Es war eine hektische Suche: Als im Herbst 2015 zehntausende Flüchtlinge in Österreich ankamen, brauchten Bund und Länder dringend Quartiere für die Asylwerber. Mit Ex-Raiffeisen-Generalanwalt Christian Konrad setzte die Bundesregierung einen eigenen Flüchtlingsbeauftragten ein. Die Skepsis vieler Gemeinden gegenüber Flüchtlingsquartieren blieb dennoch groß.

Jetzt, knapp zwei Jahre später, werden viele der damals eröffneten Quartiere wieder geschlossen. 88 Asylheime wurden im Lauf der vergangenen elf Monate in Oberösterreich bereits zugesperrt, bei 20 weiteren steht in naher Zukunft die Schließung an – was in den jeweiligen Gemeinden nicht nur Freude auslöst.

In Vöcklamarkt beispielsweise gibt es zwei Asylquartiere, die die Caritas betreut. Je 15 Menschen haben zu Spitzenzeiten in den beiden Quartieren gelebt. Zuletzt waren es in einem nur noch sieben, im anderen 13. Ende September werden die Unterkünfte geschlossen. "Es gab keine Nachbelegung mehr. Man kann Quartiere nicht mehr wirtschaftlich betreiben, wenn die Auslastung auf unter 70 Prozent heruntergeht", sagt Caritas-Regionalberater Michael Felder im Gespräch mit den OÖNachrichten.

"Privatverzug" steigt

Unter den Bewohnern sind die Familien Tajik aus Afghanistan. Seit 22 Monaten leben sie in Österreich und sind in Vöcklamarkt gut integriert. Ehrenamtliche halten Deutsch-Kurse ab und bieten Freizeitaktivitäten an. "Das ist mittlerweile aber fast nicht mehr nötig, weil es direkten Kontakt zu Vereinen gibt", sagt Margret Kurz, eine der ehrenamtlichen Helferinnen. Sie hofft, dass die Tajiks auch nach Schließung des Quartiers bleiben können. "Diese Woche entscheidet sich, ob die Quartiere direkt als Wohnungen weitervermietet werden können", sagt Kurz.

Was in Vöcklamarkt passiert, geschieht derzeit in vielen Gemeinden des Landes. Zum einen, weil die Zahl der Asylwerber in der Grundversorgung des Landes abnimmt – von 13.419 im September des Vorjahres auf derzeit 11.160. Zum anderen wegen des "Privatverzugs" – so nennt sich das Prozedere, wenn Asylwerber von betreuten Quartieren in Privatwohnungen übersiedeln.

"Asylwerber müssen dafür bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Sie müssen Deutschkenntnisse haben und imstande sein, den Alltag selbst zu bewältigen", sagt Integrationslandesrat Rudi Anschober (Grüne). "Sonst bestünde die Gefahr, dass sich Parallelgesellschaften bilden, da sich die Betroffenen nur unter ihresgleichen bewegen würden."

Für das Land ist die Unterbringung in Privatunterkünften laut Anschober kostengünstiger als die Unterbringung in Quartieren. In betreuten Quartieren erhält der Betreiber pro Flüchtling einen Tagsatz von 19 Euro, davon ist den Flüchtlingen ein Verpflegungsgeld in Höhe von 5,50 Euro auszuzahlen. Bei Privatquartieren zahlt das Land einen Mietzuschuss (maximal 240 Euro pro Familie/Monat) und Verpflegungsgeld (200 Euro für Erwachsene, 90 Euro für Minderjährige).

Bis 1. August waren die jeweiligen Hilfsorganisationen, die die Asylquartiere betreuen, zuständig für die Genehmigung des Privatverzugs. Seither ist das Aufgabe des Landes. "Da sind wir einer Empfehlung des Rechnungshofes gefolgt", sagt Anschober.

 

Asylwerber in OÖ (PDF):

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