Was Sie bei Krankheit beachten müssen

Von Herbert Schorn (Text) und Volker Weihbold (Fotos)   07.Dezember 2017

Mit diesem Thema haben OÖN und Arbeiterkammer (AK) einen Nerv getroffen: Bis auf den letzten Platz gefüllt war am Dienstag Abend der Saal der Arbeiterkammer in Ried, als Arbeitsrechtsexperten unter dem Motto "Vorsicht, Falle! Krankheit und Ihr gutes Recht" informierten. "Journalismus bedeutet nicht nur, zu berichten, was passiert, sondern auch einen Service für die Leser zu bieten. Konsumentenschutzthemen sind uns dabei besonders wichtig", sagte OÖNachrichten-Chefredakteur Gerald Mandlbauer.

"Weniger Emotionalität"

AK-Präsident Johann Kalliauer forderte, das Thema Krankenstand weniger zu emotionalisieren: "Die Dauer der Krankenstände geht seit Jahren zurück." Lediglich die Zahl der Kurz-Krankenstände steige. Als weiteres Problem sieht er "Arbeitsverdichtung und Ausweitung der Arbeitszeit": "Die Österreicher gehören schon jetzt zu denen, die im Europa-Vergleich am meisten arbeiten."

Dann informierten Experten über das richtige Verhalten im Krankheitsfall: Reinhard Haider von der Abteilung für Arbeitsbedingungen (siehe Kasten) sowie die Arbeits- und Sozialrechtler Andrea Botta und Michael Steffan. OÖN-Ressortleiter Markus Staudinger moderierte.

Krankmeldung: "Sobald ich merke, dass ich wegen einer Krankheit oder eines Unfalls nicht arbeiten kann, muss ich unverzüglich den Arbeitgeber informieren", erklärte Steffan. Die verbreitete Meinung, man könne bis zum dritten Tag warten, sei falsch. Wie der Chef informiert wird, ist egal. "Das kann telefonisch, per E-Mail, WhatsApp oder SMS erfolgen." Um sicher zu gehen, sollte auch gleich ein Arzt aufgesucht werden.

 

Betreuung Angehöriger: Wer Kinder oder nahe Angehörige, die im gleichen Haushalt leben, im Krankheitsfall pflegen muss, kann bis zu eine Woche im Jahr freigestellt werden. Ebenso, wenn jene Person, die das Kind in der Regel betreut (etwa die Oma) ausfällt. Bis zu einer Woche erhält man auch frei, wenn man sein Kind (höchstens zehn) ins Krankenhaus begleiten muss. Aber Vorsicht: Für all diese Fälle gibt’s insgesamt nur eine Woche. Eine zweite Woche gibt’s, wenn ein Kind (höchstens 12) erneut krank wird.

 

Außer Haus: Darf man im Krankenstand das Haus verlassen? Das ist von Fall zu Fall unterschiedlich, sagte Steffan: "Wenn der Arzt Bettruhe verordnet, darf man das Haus nur für dringende Erledigungen verlassen." Bei psychischen Krankheiten sei das oft anders: "Da verordnet der Arzt mitunter sogar Spaziergänge an der frischen Luft."

 

Wiedereingliederungsteilzeit: Um nach einem längeren Krankenstand einen fließenden Einstieg zu ermöglichen, ist seit Juli die Wiedereingliederungsteilzeit möglich, sagte Botta: "Dabei kann man bis zu neun Monate das Arbeitsausmaß um 25 bis 50 Prozent reduzieren." Die Krankenkasse federt den Einkommensverlust ab.

 

Kontrollen: "Wer darf denn kontrollieren, ob man im Krankenstand wirklich zu Hause ist?", wollte Zuhörer Manfred Aigner aus Pramet wissen. Das mache die Krankenkasse, sagte Steffan: "Wenn die Kontrollore die Person nicht zu Hause antreffen, gibt es eine Verständigung, in der man die Abwesenheit begründen muss. Wer öfter nicht angetroffen wird, dem kann das Krankengeld entzogen werden." In jedem Fall werde aber der Arbeitgeber informiert. Er selbst darf aber nicht kontrollieren.

Kündigen im Krankenstand: Rudolf Rainer fragte, ob man im Krankenstand gekündigt werden könne. "Ja", sagte Steffan, "das ist definitiv möglich, wenn die Fristen eingehalten werden." Das ist AK-Präsident Kalliauer ein Dorn im Auge: Er sprach sich deutlich dagegen aus. Steffan sprach eine weitere Praxis an: Vielfach würden den Betroffenen dann einvernehmliche Lösungen vorgeschlagen: "In diesem Fall genau schauen, was man unterschreibt." Auch das sieht Kalliauer skeptisch: "Da wälzen die Arbeitgeber die Kosten auf die Allgemeinheit über."

 

Daten und Fakten

13,3 Tage waren die Oberösterreicher im Schnitt im Vorjahr im Krankenstand. Diese Zahl sinkt seit Jahren: Im Jahr 2000 waren es noch 15,4 Tage. Oberösterreich liegt aber über dem Bundesschnitt: Österreichweit waren die Arbeitnehmer im Vorjahr 12,5 Tage im Krankenstand.

39 Prozent der Versicherten waren 2015 nie im Krankenstand. 7,3 Prozent waren besonders schwer krank: Sie benötigten die Hälfte aller Krankenstandstage.

Psychische Erkrankungen: Stark gestiegen ist in den vergangenen Jahren die Zahl der psychischen Erkrankungen. 2007 gab es 11.400 Fälle, 2016 waren 20.700.

33 Prozent der Beschäftigten gingen 2016 laut AK-Arbeitsgesundheitsmonitor auch krank zur Arbeit. „Wer in der Arbeit anwesend ist, ist nicht automatisch gesund“, sagt Reinhard Haider, von der Abteilung Arbeitsbedingungen der AK. Wer krank zur Arbeit geht, tut das oft aus Pflichtgefühl den Kollegen gegenüber oder weil sie keine Vertretung haben und die Arbeit sonst liegen bleiben würde.

Um Arbeitsbedingungen zu schaffen, die Krankheitsfälle reduzieren, sei eine Balance nötig, sagt Haider: „Es ist wichtig, ein Gleichgewicht zwischen den beruflichen Anforderungen und den zur Verfügung stehenden Resourcen zu schaffen.“ Wichtig sei es, dass Betriebe das Gesundheitsmanagement ganzheitlich sehen, sagte AK-Präsident Johann Kalliauer: „Man kann oft mit kleinen Veränderungen viel erreichen.“ Er forderte, neben Arbeitsmedizinern auch Arbeitspsychologen einzusetzen.