„Tempo 80 auf Freilandstraßen und 30 im Ort sind Autofahrern zumutbar“

LINZ. Tempo 50 bzw. 100 sollen künftig die Ausnahme sein, sagt die Verkehrssprecherin der Grünen Oberösterreich, Ulrike Schwarz.
„Oberösterreich hat bei der Straßenverkehrssicherheit noch massiven Nachholbedarf. Um die Zahl der tödlichen Verkehrsunfälle zu verringern, müssen wir rasch mit den Tempolimits hinunter und deren Einhaltung auch konsequent kontrollieren“, sagt die Verkehrssprecherin der Grünen Oberösterreich, Ulrike Schwarz. Was sie dazu fordert, scheidet die Geister: „Wir brauchen grundsätzlich auf Freilandstraßen Tempo 80 und im Ortsgebiet Tempo 30. Nur in Ausnahmefällen sollten 100 bzw. 50 km/h erlaubt sein.“
Verkehrsexperten sagen zur Forderung von Schwarz „ja, aber“. Peter Jonas, Verkehrspsychologe aus Linz: „Die Akzeptanz unter den Autofahrern wird nicht wirklich vorhanden sein. Die Autofahrer müssen begreifen, warum sie langsamer fahren sollen.“ Deswegen müsste unter jeder 80er-Beschränkung eine Begründung stehen. Etwa: „Achtung Hofausfahrt“. Oder: „Spielende Kinder“ bei Tempo 30.
Toleranzgrenzen zu hoch
Ähnlich argumentiert Fritz Menzl, Verkehrsexperte aus Feldkirchen: „Geschwindigkeitsbeschränkungen sind kein Allheilmittel gegen Unfälle.“ Er findet die Toleranzgrenzen bei Strafen zu hoch. „Man muss bei einer Tempo-100-Beschränkung mindestens 140 km/h fahren, damit der Führerschein für eine Zeit weg ist. Hier muss etwas getan werden.“
Außerdem seien viele Unfälle, die unter „zu hohe Geschwindigkeit“ in der Statistik landen, eigentlich Abstandsunfälle oder Fehler der Autofahrer.
Silvia Winklhamer vom Rechtsservice des ÖAMTC lehnt ein generelles Limit ebenfalls ab: „Das macht keinen Sinn. Auf gut einsehbaren Strecken ist Tempo 100 gerechtfertigt.“ Außerdem bestehe die Gefahr, dass die Autofahrer eine generelle Einschränkung auf 80 km/h nicht einsehen und sich deshalb nicht daran halten. „Tempo 80 während der Nachtstunden ist eine interessante Idee. Es wird aber schwierig sein, die zeitlichen Grenzen festzulegen.“
Tempo 80: Vorbild Schweiz
Bettina Urbanek, Expertin des Verkehrsclubs Österreich, schließt sich der Meinung von Schwarz an: „Zwei Drittel der tödlichen Verkehrsunfälle ereignen sich auf Freilandstraßen. Zu hohe Geschwindigkeit ist meist die Ursache.“ Österreich könnte mit Tempo 80, wie es etwa in der Schweiz gilt, die Zahl der tödlichen Unfälle deutlich reduzieren. „Wenn das in der Schweiz geht, sollte das auch in Österreich möglich sein.“
3 Fragen an Fritz Menzl, Verkehrsexperte
Ist Tempo 80 eine Schikane für Autofahrer oder eine sinnvolle Maßnahme?
Es ist nicht generell sinnvoll, das Tempo auf den Landstraßen auf 80 zu drosseln. Geschwindigkeitsbeschränkungen sind kein Allheilmittel gegen Unfälle.
Also soll alles so bleiben, wie es ist?
Ich könnte mir Tempo 80 während der Nacht gut vorstellen. Zwischen 22 und 5 Uhr – der Zombiezeit – machen geringere Fahrgeschwindigkeiten Sinn, weil viele Lenker übermüdet sind.
Fühlen sich die Lenker in ihren modernen Cockpits mit all der Elektronik zu sicher?
Die Technik spielt sicher ein Rolle. Moderne Fahrzeuge lullen uns richtiggehend ein. Zum Beispiel reagieren Autofahrer immer weniger auf die Witterungsverhältnisse, weil sie glauben, dass das Auto alles von alleine macht.
Ist Tempolimit 30 und 80 für Sie denkbar?
Die Forderung der Grünen bezüglich einer Senkung des Tempolimits birgt Gesprächsstoff. Im Ortsgebiet sollen statt 50 nur noch 30 km/h erlaubt sein. Auf Freilandstraßen soll von 100 km/h auf Tempo 80 reduziert werden.
„Was in anderen Staaten funktioniert, sollte auch in Österreich möglich sein“, meint VCÖ-Expertin Bettina Urbanek.
Zwei Drittel der tödlichen Verkehrsunfälle ereignen sich auf Freilandstraßen. Zu hohe Geschwindigkeit ist laut Verkehrsclub Österreich (VCÖ) die häufigste Unfallursache.
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Umfrage
Viele Autolenker passen ihr Tempo einfach nicht der Situation an. Das neue Tempolimit wird daran nichts ändern.“
Melina Freynschlag, 20, Studentin, Linz
30 km/h im Ortsgebiet ist zu extrem. Da fährt dann eh wieder jeder schneller. Ich würde sagen, die Tempolimits 40 und 90 wären sinnvoller.“
David Plannger, 25, Student, St. Georgen an der Gusen
Auf Freilandstraßen gibt es jetzt schon oft genug Beschränkungen. Mit 30 km/h im Ort kommt man nicht vom Fleck.“
Andreas Pühringer, 43, Magistrat, Linz
Ich halte von diesem Vorschlag sehr viel. Es gibt zu viele Unfälle, die durch Raserei verursacht werden. Das muss einfach nicht sein. Ich finde, 30 und 80 km/h sind schnell genug.“
Paula Zarbl, Geschäftsbetreiberin, Linz