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Schwiegermütter

Von Roman Sandgruber, 22. September 2018, 00:04 Uhr
Schwiegermütter
Bild: colourbox

Wieder einmal ging es im größten Monsterprozess der Zweiten Republik um das sogenannte "Schwiegermuttergeld", das Karl-Heinz Grasser von seiner Schwiegermutter zur Veranlagung oder nach anderer Version als Geschenk erhalten haben will.

"Wenn Sie meine Schwiegermutter kennen, werden Sie verstehen, dass es keinen Widerspruch in dieser Frage gab", sagte der ehemalige österreichische Finanzminister, den angeblich alle österreichischen Mütter früher gern als Schwiegersohn gehabt hätten. Geld ist nicht alles, meinte er, obwohl er dann doch dem Geldadel seiner Schwiegermutter gegenüber dem wirklichen Adel den Vorzug gab. Warum Schwiegermütter auch dann ihren schlechten Ruf haben, wenn sie ihre Schwiegersöhne mit uneigennütziger Liebe umgarnen, ist eines der Geheimnisse der Familienrekonstruktion. Im Volksmund haben sie ja wahrlich keinen guten Leumund. "Wie glücklich ist das Vögelein, es hat keine Schwiegermutter", heißt es in einem südslawischen Sprichwort, und in einem spanischen: "Lobe den Brunnen, in den deine Schwiegermutter gefallen ist, aber schöpfe kein Wasser daraus." Die böse Schwiegermutter ist typischerweise die Mannesmutter. Die Mutter der Frau kam in den überwiegend patrilokalen Gesellschaften mit dem Gatten der Frau ja kaum in Berührung. In der historischen Erfahrung waren es mehrheitlich nicht die Schwiegersöhne, die unter ihren Schwiegermüttern litten, sondern die jungen Frauen, die in das Haus des Bräutigams kamen und dort auf das Regiment einer weiter die Herrschaft beanspruchenden Schwiegermutter trafen. Schwiegermütter hatten daher häufig zu Recht keinen guten Ruf: "Mischt die Bäuerin Gift zur Butter, so ist sie für die Schwiegermutter."

Erst später wurde die Mutter der Gattin zum Begriff der "bösen Schwiegermutter" und zum Ziel der damit verbundenen Schwiegermutterwitze. Schwiegermütter wurden als lästiges "Anhängsel" der Frau empfunden, dem die Gatten nicht entfliehen konnten oder von dem die Frauen sich nicht zu lösen vermochten. Als "Schwiegermuttersitz" wurde der in manchen Roadstern aus den 30er Jahren im Heck des Wagens herausklappbare, unüberdachte Notsitz bezeichnet. Doch Schwiegermütter sind nach repräsentativen Umfragen besser als ihr Ruf und sind vor allem sehr viel notwendiger geworden. Denn Großmütter und Schwiegermütter sind in der heutigen Zeit, wo die Patchworkfamilien wieder so häufig geworden sind wie in vorindustrieller Zeit, aber nicht wegen der hohen Sterblichkeit, sondern wegen der hohen Scheidungszahlen und instabilen Partnerschaften, nicht nur unverzichtbare Helferinnen in der Versorgung und Betreuung der Enkelkinder, sondern sind in unserer Generation der Erben auch wichtige Ansprechstationen bei realen oder vermeintlichen Geldproblemen. Darum ein Hoch auf alle Schwiegermütter!

 

Roman Sandgruber ist emeritierter Professor für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte an der Johannes Kepler Universität Linz. 

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