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Schinkenfleckerl mitten in Afrika

Von Claudia Riedler aus Burkina Faso   26.März 2013

Wenn jemand in Ouagadougou, der Hauptstadt von Burkina Faso (Afrika), den Satz „Ich muss noch schnell nach meiner Sachertorte sehen“ sagt, dann klingt das ziemlich exotisch. Es kann dennoch vorkommen, wenn man sich im Café Vienne aufhält, das von einer Innviertlerin betrieben wird.

Vor mehr als 25 Jahren kam Brigitta Bauchinger (56) das erste Mal nach Burkina Faso, um einer Delegation österreichischer Bauern Hilfsprojekte in diesem Land vorzustellen. Dass sie Entwicklungshelferin werden wollte, wusste sie schon sehr früh. „Ich wurde im Innviertel geboren, meine Eltern starben früh, und ich durfte nur acht Jahre Volksschule machen“, berichtet sie beim OÖN-Besuch im Café Vienne. Doch Bauchinger lernt wie besessen. Der Schuldirektor ermöglicht ihr schließlich eine Ausbildung zur Kindergärtnerin. „Und von meinem ersten Geld habe ich einen Englischkurs gemacht“, sagt sie und muss zwischendurch „mal schnell nach der Sachertorte schauen“.

Jahrzehntelang in Afrika

Die Köchinnen und Köche in ihrem Lokal im Zentrum von Ouagadougou hat sie angelernt. Schnitzel, Schinkenfleckerl, Rindsrouladen und Kaiserschmarrn stehen auf der Speisekarte, Kokosbusserl und Marmelade gibt es zum Mitnehmen. „Ich fühle mich beim Backen wohler, aber auch Guglhupf und Esterhazyschnitte können meine Mitarbeiter mittlerweile zubereiten.“ Wird sie als Frau in diesem Land akzeptiert? „Jein“, sagt die Innviertlerin. „In meinem Restaurant schon, ansonsten versuchen vor allem Männer von Behörden, mich einzuschüchtern. Das ist nicht immer einfach.“ Dabei hat sie jahrzehntelange Erfahrung mit der afrikanischen Kultur.

Mit 21 Jahren begann sie beim ÖED (Österreichischer Entwicklungsdienst) zu arbeiten und wurde nach Zentralafrika geschickt. Sie arbeitete auch für die Katholische Frauenbewegung und für den VEZ (Verein für Entwicklungszusammenarbeit) in Linz. „Heute ist das ja schon viel einfacher, weil wir Internet haben, Skype und Handy. Früher haben wir im Busch auch vier bis fünf Monate auf Post von zu Hause gewartet“, sagt Bauchinger. Dennoch sei es eine sehr „reiche Zeit“ gewesen.

Die 56-Jährige sieht sich nicht als Abenteurerin oder Aussteigerin. „Derzeit ist mein Lebensmittelpunkt eben in Burkina Faso.“ Ihre österreichische Küche kommt gut an. Viele Europäer, Entwicklungshelfer, aber auch Afrikaner kommen ins Café Vienne. „Einige Produkte wie Schokolade oder Nüsse sind hier wirklich schwer zu bekommen, die nehmen mir dann Leute von zu Hause mit“, sagt Bauchinger. Butter, Käse oder Schinken könne man auch nicht immer kaufen. „Wenn es keine Butter gibt, mache ich eben keine Esterhazyschnitte.“

Stromausfall als Luxusproblem

Für Besucher von Burkina Faso ist das Café wie eine Oase. Draußen hat es 40 Grad im Schatten, drinnen surrt die Klimaanlage und es gibt sogar selbstgemachtes Eis, Bananensplit. Stromausfälle gehören hier zur Tagesordnung. „Einmal waren wir 48 Stunden ohne Strom, da sind alle Lebensmittel kaputt gegangen.“ Manchmal falle auch der Strom aus, wenn gerade das Brot im Ofen ist. Luxusprobleme, wenn man sieht, wie arm die meisten Menschen in diesem Land sind. Bauchinger engagiert sich weiterhin in der Entwicklungshilfe. „Ich habe ein Staudammprojekt mit Spenden aus Österreich finanziert. Seither können die Bauern in dieser Region 40 Prozent mehr Gemüse anbauen“, berichtet sie.

Von Frauen aus dem Norden von Burkina Faso kauft sie Baumwolle, die sie weben und zu Decken nähen lässt. „Dann bringe ich den Bäuerinnen das Geld.“ Einmal im Jahr fliegt Brigitta Bauchinger nach Hause ins Innviertel. Ein Kulturschock? „Nein, das nicht. Aber im Supermarkt, wenn ich die Regale mit meterweise Katzen- und Hundefutter sehe, fühle ich mich wie erschlagen.“ Und was ist Luxus für sie? „Das Heimfliegen nach Österreich, Urlaube wie etwa vergangenen Monat in Portugal und das Schlafen im Zimmer mit Klimaanlage – das leiste ich mir“, sagt die 56-Jährige und serviert die Sachertorte. Schmeckt wie daheim.

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29. März 2024