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Rechtsexperten einig: Mit dem Tod erlosch Hitlers Ehrenbürgerschaft

Von Alfons Krieglsteiner   25.Juni 2011

„Laut oberösterreichischer Gemeindeordnung gilt eine Ehrenbürgerschaft nur bei Lebzeiten, es gibt keinen Ehrenbürger, der tot ist“, sagte gestern Heinz Mayer, Dekan der Juristischen Fakultät der Universität Wien und renommierter Staatsrechtler, den OÖNachrichten. Bei der Ehrenbürgerschaft handle es sich um „höchstpersönliches Recht“, das unmittelbar an die jeweilige Person gebunden sei. Nach dem Ableben „existiert die Person rechtlich nicht mehr, und damit auch nichts, was rechtlich mit ihr verknüpft war“.

Wenn der Name eines Betreffenden weiterhin auf der Liste der Ehrenbürger aufscheine (was bei Hitler natürlich nicht der Fall ist), so bedeute das nichts weiter als das Bekenntnis der Gemeinde, „dass sie ihm einmal diesen Titel verliehen hat“, also einen rein symbolischen Akt.

Noch ein anderer Grund spricht dagegen, dass eine Ehrenbürgerschaft Hitlers bis heute gültig sein könnte. Darauf weist Andreas Janko, Vorstand des Instituts für Staatsrecht an der Linzer Kepler-Universität, hin. Demnach kam es nach Kriegsende zu einem entscheidenden Bruch in der Gesetzgebung. Alle juristischen Normen mit direktem NS-Bezug wurden außer Kraft gesetzt und nicht durch einen Akt des Verfassungsrechts in die neuen Rechtsbestände übernommen. Und dass die Ernennung Hitlers zum Ehrenbürger ein typischer Ausfluss des NS-Systems war, ist unbestreitbar. „Deshalb besteht rein juristisch eigentlich kein Grund, dass Braunau Hitler eine mögliche Ehrenbürgerschaft aus dem Jahr 1938 noch einmal aberkennt“, sagt Janko.

Grüne bleiben skeptisch

Doch es gehe auch um die richtige „Optik“. Ganz im Sinn des Braunauer Bürgermeisters rät der Rechtsexperte deshalb: „Die Stadt sollte feststellen, dass eine Ehrenbürgerschaft für Hitler 1945 durch den Übergang zur neuen Rechtsordnung der Republik automatisch erloschen ist und dass man sie ihm heute noch einmal aberkennen würde, wenn das nicht der Fall gewesen wäre.“

„Mich überzeugt das nicht“, sagt Karl Öllinger, Sozialsprecher der Grünen in Wien. Seiner Ansicht nach beruhte die Verleihung der Ehrenbürgerschaft an den Diktator noch auf dem Recht des österreichischen Ständestaates. „Diese Rechtsordnung ist bis heute gültig, und darin steht nichts davon, dass die Ehrenbürgerschaft mit dem Tod des Betreffenden erlöschen würde.“

Interview mit Johann Hingsamer

Der 55-jährige Landwirt und VP-Politiker aus Eggerding ist Präsident des Oberösterreichischen Gemeindebundes. Für ihn steht fest: "Mit dem Ableben des Betreffenden erlischt automatisch auch eine Ehrenbürgerschaft."

OÖN: Wie ist in der Oberösterreichischen Gemeindeordnung die Vergabe von Ehrenbürgerschaften geregelt?

Hingsamer: Das steht alles im Paragraf 16 des 2007 novellierten Landesgesetzes. Ehrenbürgerschaften müssen mit Dreiviertelmehrheit im Gemeinderat beschlossen werden. Im Absatz 4 heißt es, dass eine solche Ehrung widerrufen wird, wenn der Betreffende wegen einer strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt wurde. Und im Absatz 5 steht, dass die Ehrenbürgerschaft mit dem Tod des Geehrten erlischt.

OÖN: Wie viele Ehrenbürger gibt es in der Gemeinde Eggerding?

Hingsamer: In unserem Sitzungssaal hängen die Fotos unserer Ehrenbürger, elf an der Zahl, darunter acht Verstorbene. Die Liste besagt aber nur, dass den Betreffenden in der Vergangenheit einmal diese Ehre zuteil wurde, das hat rein rechtlich keine Bedeutung.

OÖN: Sind Oberösterreichs Gemeinden heute mit der Verleihung der Ehrenbürgerschaft eher zurückhaltend?

Hingsamer: Es sind weniger geworden, es gibt ja viele andere Auszeichnungen, etwa Ehrenring oder Ehrenmedaillen. Die Vergabe an Landespolitiker, die den Gemeinden früher durch finanzielle Zusagen geholfen haben, hat sich mittlerweile stark reduziert. Heute ist ausschlaggebend, ob der Betreffende für die Gemeinde über längere Zeit etwas Besonderes geleistet hat.

OÖN: Sind mit der Ehrenbürgerschaft Sonderrechte verbunden?

Hingsamer: Sämtliche Ehrungen durch die Gemeinde begründen weder Sonderrechte noch Sonderpflichten. Sie stellen nur eine Anerkennung für das Geleistete dar.

OÖN: Falls Hitler tatsächlich Ehrenbürger von Braunau war, was würden Sie den Braunauer Stadtvätern raten?

Hingsamer: Ein eigener Beschluss, mit dem Hitler nachträglich die Ehrenbürgerschaft entzogen würde, ist rein juristisch nicht nötig, sehr wohl aber hielte ich eine zusätzliche Willensbekundung für ratsam. Etwa dahingehend, dass man mit der damaligen Ehrung nichts zu tun haben will.

OÖN: Haben Sie eine Erklärung dafür, warum es so lange dauert, bis man in den Braunauer Archiven den Nachweis der Ehrenbürgerschaft findet?

Hingsamer: Es ist bekannt, dass gegen Ende des Krieges viele linientreue Bürgermeister ganz bewusst gewisse Unterlagen verschwinden haben lassen. Da ist es schwer, heute etwas zu finden.

Die Ehrenbürger der Landeshauptstadt

Mehr als 90 Namen stehen auf der Liste der Ehrenbürger der Landeshauptstadt Linz, darunter Altlandeshauptmann Heinrich Gleißner, die Altbürgermeister Ernst Koref, Franz Hillinger und Hugo Schanovsky und Altbischof Maximilian Aichern.
 

Ehrenbürger werden Zeit ihres Lebens zu den Linzer Festveranstaltungen gesondert eingeladen. Zwar ende die Ehrenbürgerschaft mit dem Tod des Betreffenden, was aber nicht heißt, „dass man dann auch seinen Namen aus der Liste der Ehrenbürger löschen würde,“ sagt der Linzer Stadtarchivar Walter Schuster. Denn die jeweilige Gemeinde würde dadurch zum Ausdruck bringen, „dass sie es für sinnvoll hält, wenn die Bevölkerung auch weiterhin seiner gedenkt.“ Eine posthume Aberkennung der Ehrenbürgerschaft sei allerdings möglich.
Die Ehrenbürgerschaft werde von der Stadt Linz „mittlerweile selten vergeben“, betont der Stadtarchivar. Früher war sie die einzige Auszeichnung, die Kommunen vergeben konnten, „heute ist sie nur noch die höchste in einer ganzen Palette, vom Ehrenring bis zur Ehrenmedaille.“

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29. März 2024