Rechnen sich Flüchtlinge für das Gastland? "Erst nach fünf Jahren"

05.Oktober 2017

Die Geldleistungen, die Flüchtlinge in Österreich vom Staat erhalten, sind ein heißes Wahlkampfthema. Hanebüchene Lügen, Halbwahrheiten und nur wenige Fakten kursieren dazu in den sozialen Medien.

Volkswirt Friedrich Schneider hat gemeinsam mit seinem Kollegen Florian Wakolbinger im Auftrag von Integrationslandesrat Rudi Anschober (Grüne) die "ökonomischen Effekte von Asylwerbern und Asylberechtigten in Oberösterreich" untersucht. "Es ist falsch, bei Asylwerbern immer nur die Ausgaben darzustellen, wir müssen auch die Einnahmen zeigen", sagt Anschober.

Die Forscher interessierte in ihrer Untersuchung vor allem die Frage, wie hoch die staatlichen Aufwendungen für Flüchtlinge (Grundversorgung, Mindestsicherung, Familienbeihilfe oder Arbeitslosengeld) im Verhältnis zu den von ihnen geleisteten Steuern und Abgaben (Sozialversicherungsbeiträge, Lohnnebenkosten, Einkommen- und Umsatzsteuer) sind.

Video: Asylwerber, die sich länger als neun Jahre in Oberösterreich aufhalten, rechnen sich wirtschaftlich gesehen. 

2300 Euro mehr Transfers

In den ersten Jahren (vor allem, während das Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist) erhalten Flüchtlinge deutlich mehr Geld vom Staat, als sie an Abgaben leisten (siehe Grafik). Mit der Dauer des Aufenthalts schrumpft diese Differenz jedoch zusehends. Statistisch gesehen übersteigen die jährlich abgeführten Abgaben nach fünf Jahren die erhaltenen Transferleistungen. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer eines Flüchtlings in Oberösterreich beträgt jedoch lediglich 3,64 Jahre, sodass sie im Mittel insgesamt 2300 Euro mehr an Transfers erhalten, als sie an Abgaben abführen. Dass es fünf Jahre lang dauert, ehe sich die Transferleistungen ausgleichen, liegt für Professor Schneider vor allem an der restriktiven Arbeitsmarktpolitik gegenüber Asylwerbern: "Sie sollten Zugang zum Arbeitsmarkt haben. Und das sofort. Regelungen, die den Zugang erschweren, sind ein Fehler. Integration findet am Arbeitsmarkt statt."

Ohne Zugang zum Arbeitsmarkt würden Asylwerber "in die Schwarzarbeit oder sogar Kriminalität getrieben", argumentiert Schneider.

Landesrat Anschober fordert von der Bundesregierung daher eine "Öffnung des Arbeitsmarktes für Asylwerber in Mangelberufen ab dem 6. Aufenthaltsmonat".

Flüchtlinge sind ein Wirtschaftsfaktor. Laut Schneider gaben sie allein im Jahr 2016 183 Millionen Euro für Konsumgüter aus und sicherten so mehr als 2500 Arbeitsplätze in Oberösterreich. (hip)

Grafik: 

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