Radioaktive Windeln in Linz entdeckt

LINZ. Radioaktive Strahlung wurde am Dienstagvormittag in einem Müllwagen der Linz AG gemessen.
Bei der routinemäßigen Überprüfung eines Müllwagens der Linz AG wurde am Dienstag gegen zehn Uhr Strahlenalarm bei der Berufsfeuerwehr, der Stadt Linz, dem Land Oberösterreich und der Polizei ausgelöst: Die rasche Untersuchung der Experten ergab, dass es sich um Windeln handelt, die mit dem radioaktiven Isotop Jod 131 kontaminiert sind.
„Der Müllwagen wurde von uns in einen sicheren Bereich in einer Lagerhalle der voest gebracht und dort von unseren Männern in Spezialschutzanzügen durchsucht und in einen Container entladen“, sagte Feuerwehr-Einsatzleiter Dieter Jonas, der mit 14 Mann zum Entsorgungszentrum an der Industriezeile ausgerückt war, den OÖNachrichten. Nach knapp zwei Stunden wurden insgesamt 20 Windeln für Erwachsene ausfindig gemacht, die mit Jod 131 kontaminiert waren.
Abfall aus Krankenhaus?
Nach ersten Ermittlungen der Polizei dürften die Windeln aus einem Krankenhaus stammen: Sie dürften bei Untersuchungen der Schilddrüse, wo radioaktives Jod verwendet wird, oder bei Therapien kontaminiert worden sein. Bei der speziellen Untersuchung mit dem Fachbegriff „Szintigraphie“ wird bei verdächtigen Knoten in der Schilddrüse deren Struktur dargestellt.
Nach 80 Tagen völlig zerfallen
Das Jod 131 wird bei der Schilddrüsenuntersuchung vom Patienten in Form einer Kapsel geschluckt und über den Harn ausgeschieden. So dürfte die radioaktive Substanz in die Windeln gelangt sein. Als Verursacher des Problems kommt daher eher nur ein Krankenhaus in Frage. Derzeit wird von den Ermittlern der Weg des Müllwagens rekonstruiert.
„Wir haben den Einsatz um 13.15 Uhr beenden können“, sagte Einsatzleiter Jonas. Weil Jod 131 eine Halbwertszeit von acht Tagen besitzt, ist die Gefahr für die Bevölkerung jetzt bereits gering.
„Nach rund 80 Tagen besteht absolut keine Gefahr mehr, dann ist das Isotop vollständig zerfallen. Bis zu diesem Zeitpunkt wird der versiegelte und als radioaktiv gekennzeichnete Container gelagert und gesichert“, sagte Einsatzleiter Jonas. Der von der Berufsfeuerwehr komplett entleerte Müllwagen konnte von der Linz AG bereits wieder in den Dienst gestellt werden.
„Die ausgeschiedenen Strahlungswerte sind so gering, dass für das Spitalspersonal keinerlei Gefahr bestand“, sagt dazu auch Nuklearmediziner Dozent Siroos Mirzaei aus Wien.
Nuklearmedizin
Jod 131: Das radioaktive Isotop setzt Beta- und Gammastrahlung frei. Es wird im menschlichen Körper nur in Schilddrüsenzellen gespeichert und kann Krebs auslösen. Die medizinische Untersuchung mit Jod 131 basiert darauf, dass die Follikelzellen der Schilddrüse Jod für die Vereinigung der Schilddrüsenhormone benötigen.
Szintigraphie: Dazu benutzen Mediziner bestimmte Radionuklide – wie eben auch Jod 131 –, die in ihren chemischen Eigenschaften mit dem stabilen Jod identisch oder ihm ähnlich sind. Mit speziellen Bildtechniken in zeitlichen Abständen lässt sich die Halbwertszeit des Abbaus von Jod messen. Daraus lassen sich Schlussfolgerungen für eine gegebenenfalls abnorm verstärkte oder verminderte Aktivität der Schilddrüse ziehen. Bei der Szintigraphie setzt die Medizin heute neben Jod 131 wegen der geringeren Strahlenbelastung auf Technetium 99.