Nach Anzeige wegen Amtsmissbrauch und Untreue tritt VP-Ortschef zurück

Von Gerhard Hüttner   29.Jänner 2018

Die Tagesordnung Gemeinderatssitzung am Dienstag um 19 Uhr im Vereinsheim St. Lorenz sieht nur vier Punkte vor: Nach der Tarifordnung für den Kindergarten steht der Bericht des Bürgermeisters auf dem Programm. "Ich setze heute ein Zeichen gegen den politischen Stil, der mit der FPÖ und den Grünen in den Gemeinderat Einzug gehalten hat und trete bei der Gemeinderatssitzung von meinem Amt als Bürgermeister zurück", kündigte Johannes Gaderer (VP) an.

Gestern breitete sich die Meldung vom bevorstehenden Rücktritt Gaderers wie ein Lauffeuer in der Gemeinde aus. Am Wochenende zuvor hatte die Volkspartei beraten und sich auf diese Lösung geeinigt: Gaderer, nach dem Bericht des Prüfungsausschusses und der Anzeige bei der Staatsanwaltschaft politisch angeschlagen, tritt zurück. Vizebürgermeister Karl Nußbaumer wird amtsführend die Geschäfte des Bürgermeisters übernehmen. Die Neuwahl des St. Lorenzer Bürgermeisters wird ausgeschrieben.

Der Prüfungsausschuss hatte im Dezember berichtet, dass der Bürgermeister Aufträge an seine Baufirma vergeben haben soll, ohne die dafür notwendigen Beschlüsse der Gremien eingeholt zu haben. Allein bei fünf Fällen sollen die Aufträge mehr als 150.000 Euro ausmachen. Das brachte dem Bürgermeister eine Anzeige wegen des Verdachts der Untreue und des Amtsmissbrauchs ein.

"Ich bin der festen Überzeugung, dass ich immer nach bestem Wissen und Gewissen für unsere Gemeinde gearbeitet habe und zu keiner Zeit mein eigener oder der Vorteil meiner Firma mein Handeln für die Gemeinde bestimmt hat", betonte Gaderer in seiner persönlichen Stellungnahme. Sein Ziel es aber, weiteren Imageverlust von der Gemeinde und seiner Bürger abzuwenden. "Mir ist wichtig, dass alle Anschuldigungen gegen meine Person restlos geklärt werden."

Dazu sind sechs Ermittler im Auftrag der Staatsanwaltschaft Wels bereits am Gemeindeamt gewesen, um die Unterlagen über die Auftragsvergaben zu sichten und zu prüfen. Unter die Lupe genommen werden mittlerweile nicht nur Aufträge der Gemeinde an Gaderers Firma, sondern auch an zwei weitere Betriebe mit einem Naheverhältnis zur Gemeinde.

Dem Grünen Peter Hiller ist die Neuwahl des Bürgermeisters zu wenig. Er regt die Auflösung des Gemeinderates und dessen Neuwahl an. Es werde darüber Beratungen mit den anderen Fraktionen geben, so Hiller.