"Müssen ihnen klarmachen, was hier geht und was nicht"
LINZ/WIEN. Dass Asylwerber aus Afghanistan nun in einer ersten Reaktion pauschal verurteilt werden, kann der Afghanistan-Experte und Politologe Sarajuddin Rasuly nachvollziehen. Im OÖN-Gespräch warnt er jedoch vor einem Generalverdacht.
Es ist eine Tat, die viele Menschen ratlos zurücklässt. Warum musste Michelle sterben? Trauer und Fassungslosigkeit werden bald von Wut abgelöst. Wut auf den mutmaßlichen Täter Saber A, der sich gestern in Wien gestellt hat. Aber auch auf die gesamte Bevölkerungsgruppe der Afghanen. Sarajuddin Rasuly kennt das Land genau. Er wuchs in der Provinz Takhar, im Norden Afghanistans, auf. Seit 46 Jahren ist er in Österreich als Politologe, Dolmetscher und Sachverständiger tätig. Er will Pauschalurteile verhindern.
OÖNachrichten: In Österreich werden Afghanen immer öfter als gewaltbereit und kriminell angesehen. Verstehen Sie den Unmut der Menschen?
Rasuly: Nach einem so schrecklichen Vorfall ist das verständlich. Jede Gesellschaft der Welt würde so reagieren. Vor allem, wenn es bereits vermehrt zu Straftaten durch eine bestimmte Volksgruppe gekommen ist. Ich hoffe, dass sich die Stimmung wieder beruhigt, denn Pauschalurteile helfen niemandem. Es handelt sich um eine Minderheit, die ihre Hemmschwelle zur Gewalt völlig abgelegt hat und keine Autoritäten mehr kennt. Sie sind auf der Flucht entmenschlicht. Der Großteil der Afghanen lebt friedlich in Österreich. Auch sie fragen sich, wie sie dazukommen, wegen dieser Kriminellen in Verruf zu geraten.
Es dürfte sich um eine Beziehungstat gehandelt haben. Haben Afghanen Probleme, mit Frauen zusammenzuleben?
In Afghanistan werden Frauen als zweitrangige Menschen betrachtet. Sie haben kaum Rechte, müssen leise sprechen und den Männern untertänig sein. Das wirdschon den kleinen Buben vorgelebt und ihnen für ihr Leben mitgegeben. Afghanen, die in Österreich leben wollen, muss bereits bei der Einreise klar gemacht werden, dass das hier so nicht geht. Bei Wertekursen muss explizit auf dieses Thema eingegangen werden.
Wenn es um Hieb- und Stichwaffen geht, haben die Afghanen in der Kriminalstatistik einen beunruhigenden Aufstieg hingelegt. Warum bewaffnen sie sich mit einem Messer?
Die meisten Jungen sind schon im Krieg geboren. Auf der gefährlichen Flucht ist es zum Schutz der eigenen Gruppe oder der Person immer dabei. Viele fühlen sich auch hier noch in Gefahr. Jene, die in der Nacht unterwegs sind, legen es nicht ab.
Ab 2019 tritt ein Waffenverbot für Asylwerber in Kraft. Wird sich dann etwas ändern?
Es ist gut, dass das Tragen eines Messers verboten wird. Aber das Wichtigste ist, dass man den jungen Menschen, die aus Afghanistan kommen, klarmacht, dass man in Österreich das Gesetz nicht selbst in die Hand nehmen muss. Dass Waffen keine Gerechtigkeit bringen.
Was tun mit jenen, die sich nicht daran halten?
Kriminelle müssen konsequent zurückgeschickt werden. Jenen, die bleiben dürfen, müssen wir in Wertekursen klarmachen, was hier geht und was nicht. Es braucht eigene Kurse für Afghanen. Sie sind oft weniger gebildet, als Flüchtlinge aus Syrien und geraten sofort unter Druck. Was wir auf keinen Fall tun dürfen, ist, alle Afghanen unter Generalverdacht zu stellen.
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