Mordfall Simmer: Kroate wegen „Kriegswirren“ nicht schuldfähig?
LINZ. 19-jährige Kellnerin vor 20 Jahren in Linzer Lokal erstochen – Beschuldigter spricht von psychischen Leiden – Gutachten notwendig
Im Fall der 19-jährigen Monika Simmer, die im März 1992 in einem Linzer Spiellokal erstochen worden war und dessen mutmaßlicher Mörder erst im Vorjahr identifiziert und verhaftet werden konnte, gibt es neue Entwicklungen. Bisher war der Kroate Davor B. (45) geständig und nahm die Verantwortung für den gewaltsamen Tod der jungen Frau auf sich.
Doch am Dienstag kam es zu einer weiteren Haftprüfungsverhandlung, und der Mordverdächtige brachte erstmals seine angeblich schlechte psychische Verfassung ins Spiel. Er habe damals im Jahr 1992 als Folge der „Kriegswirren“ im ehemaligen Jugoslawien unter „massiven psychischen Problemen“ gelitten und sei daher für seine Tat nicht zurechnungsfähig. Die Rechtschutzrichterin verlängerte daraufhin zwar die U-Haft. Die Anklagebehörde müsse aber nun ein psychiatrisches Gutachten zur Frage der Schuldfähigkeit des Mannes in Auftrag geben, sagt Staatsanwalt Philip Christl. Es könne mehrere Wochen lang dauern, bis ein Ergebnis vorliegen werde. Anhaltspunkte für eine allfällige Zurechnungsunfähigkeit hätten sich aber bisher weder aus den Ermittlungsergebnissen, noch aus den Angaben des Verdächtigen ergeben. Bisher galten die Ermittlungen in dem Fall als so gut wie abgeschlossen.
Das Mordopfer dürfte in dem Lokal mit dem kroatischen Gast wegen dessen Verlusten am Spielautomaten in Streit geraten sein. Von dem Automaten-Geld am Tatort fehlten rund 228 Euro. Der Beschuldigte soll der jungen Frau ein abgebrochenes Bierglas in den Hals gerammt haben. Das Verbrechen blieb fast zwei Jahrzehnte lang ungeklärt. Im Vorjahr wurden dem Kroaten in Marseille in Frankreich wegen eines anderen Deliktes Fingerabdrücke abgenommen. Ein Vergleich mit einer bislang unidentifizierten blutigen Fingerabdruckspur am Linzer Tatort zeigte daraufhin eine Übereinstimmung. Der Kroate wurde im Dezember in Slowenien verhaftet.
Jeder Staatsanwalt behandelt 280 Fälle im Jahr
Bei der Staatsanwaltschaft Linz sind insgesamt 21 Staatsanwälte und elf Bezirksanwälte beschäftigt. Im Vorjahr langten bei der Linzer Anklagebehörde rund 30.500 Anzeigen ein. Viele Fälle wurden mangels Zuständigkeit an andere Behörden (etwa Bezirksgerichte) weitergeleitet. Rund 13.500 Akten wurden im Vorjahr durch Verfahrenseinstellung, Anklageerhebung oder Diversion erledigt. Anklage wird in rund 40 Prozent aller anhängigen Verfahren erhoben. „Fast 100 Prozent der Fälle werden von uns innerhalb eines Jahres abgeschlossen“, sagt Friedrich Hintersteininger, Chef der Linzer Anklagebehörde. Pro Jahr bedeute dies, dass jeder Staatsanwalt insgesamt 280 Fälle bearbeitet.