Kimberger: "Schluss mit Innovationshysterie in der Schule"

Von Herbert Schorn   29.November 2017

Starke Ansagen gab es gestern bei den Versammlungen der Vereine für die Pflichtschullehrer zu hören. Knapp vor Ende der Koalitionsverhandlungen sandten die Standesvertreter deutliche Signale in Richtung Wien.

So forderte Paul Kimberger, seit Dienstag neuer Obmann des Christlichen Lehrervereins (CLV), beim Treffen im Linzer Design-Center die künftige Regierung auf, beim Thema Bildung „nicht gleich blindlings aufs Gas“ zu steigen, bevor „bildungspolitisch die Hölle losbricht“. Vor Reformen sollten die Betroffenen gehört werden, sagte Kimberger vor rund 6000 Pädagogen: „Schluss mit der Innovationshysterie in Schulen.“

Ehrung für Enzenhofer

Kimberger, der als Sprecher der „ARGE Lehrer“ auch Österreichs 120.000 Lehrer vertritt, sprach sich für ein Ende des „Testungswahnsinns“ aus: „Pisa-Test und Zentralmatura haben die Schule nicht besser gemacht.“ Nur den Ansprüchen der Wirtschaft zu entsprechen, sei fragwürdig. Im Gegenzug forderte er „eine Rückkehr zur Leistung“: „Die Schule ist nichts Spielerisches. Es braucht ein Mindestmaß an Leistungsbereitschaft.“ Außerdem sei der Bildungsbereich „drastisch unterfinanziert“, sagte Kimberger: „Im Vergleich der OECD-Länder liegen unsere Ausgaben um zwei Milliarden unter dem Durchschnitt.“

ÖAAB-Chef August Wöginger gab ein deutliches Bekenntnis ab: „Wir stehen in Bildungsfragen den Freiheitlichen näher als der SPÖ“, sagte der Regierungsverhandler. Er strich die Verantwortung der Eltern in Schulfragen hervor. Bildungslandesrätin Christine Haberlander (VP) nannte Digitalisierung, Migration und Lesefähigkeit als große Herausforderungen.

Der scheidende Obmann, Landesschulratspräsident Fritz Enzenhofer, wurde mit dem Goldenen Ehrenring des CLV gewürdigt. Er erhielt Standing Ovations und minutenlangen Applaus. Enzenhofer hatte den CLV 19 Jahre lang geführt und die Zahl der Mitglieder von 11.500 auf 13.500 erhöht.

Freiheitliche Lehrer in Ansfelden

So wie Enzenhofer und Kimberger steht auch der Freiheitliche Lehrerverein (FLV) dem Plan der Regierung, wieder in allen Klassen die einheitliche Notenskala einzuführen, positiv gegenüber. Derzeit ist in den ersten drei Schulstufen der Volksschule eine verbale Beurteilung möglich, in den letzten zwei Stufen der NMS gibt es eine siebenteilige Notenskala.

Insgesamt 200 Lehrer kamen zur FLV-Versammlung nach Ansfelden. Chef Harald Sander will sich auch für eine Aufwertung der Lehre einsetzen.

Video: Der ÖVP-nahe Christliche Lehrerverein hat in Oberösterreich einen neuen Chef: Es ist Lehrergewerkschafter Paul Kimberger.

"Ein Schritt zurück"

Heftig diskutiert wurden die Vorhaben der neuen Regierung auch bei den Treffen der Grünen/Unabhängigen Lehrer in Linz und des Sozialdemokratischen Lehrervereins (SLÖ) in der Kürnberghalle in Leonding.

Beide lehnen den Plan, die Ziffernnoten für alle Schulstufen verpflichtend einzuführen, ab. "Das ist eine pädagogische Zeitreise ins vergangene Jahrhundert", sagte SLÖ-Landesobmann Franz Turek. 2000 Volksschulen hätten österreichweit eine verbale Beurteilung: "Da werden wohl die Experten nicht gescheiter sein." Hauptrednerin des Treffens vor rund 1000 Lehrern war die Journalistin Ingrid Brodnik.

Die Ausweitung der Ziffernnoten nennt Alexander Brix von den Grünen Pädagogen einen "Schritt zurück".

Undenkbar sei es auch, das Team-Teaching in den Neuen Mittelschulen abzuschaffen. Dabei stehen in manchen Fächern zwei Lehrer in einer Klasse. Zum Treffen kamen 500 Pädagogen.