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Katastrophe bei Zeltfest – "Wir rannten um unser Leben"

Von Valentina Dirmaier   20.August 2017

Es sind Bruchteile von Sekunden, die sie so schnell nicht vergessen wird. Von einem Moment auf den anderen wurde das Frauscherecker Zeltfest, ein fröhliches Dorffest, auf das die Einheimischen, die "Saiga Hanser", so stolz sind, bei dem Jung und Alt gerne zusammenkommen, die lauen Sommerstunden genießen, feiern, zum Albtraum.  Wie für eine 34-jährige Frau, ihren Mann und ihre beiden Töchter.

"Wir gingen am Freitagabend hin. Es ist Tradition, dass die Anrainer und Freunde der Feuerwehr mit Kindern dabei sind. Wir freuten uns schon lange darauf. Wir suchten uns einen Platz in der Mitte des Zelts, mit Blick zur Bühne. Man unterhielt sich, die Band spielte, verbreitete gute Stimmung und machte Witze. Unsere beiden Mädels drehten ihre üblichen Runden durch die Menge."

Ein lauter Knall

Es wurde gefeiert. Es wurde genossen. Dann, um etwa 22:30 Uhr, ein lauter Knall. "Augenblicke zuvor machte mich mein Mann noch auf das schaukelnde Zelt aufmerksam. Der Wind ging plötzlich sehr stark. Ein Sturm, von dem wir zuvor nicht wussten."

Ein Stoß. Und das Zelt war plötzlich weg. "Gläser, Tische, Bänke, Kühlschränke, Transparente, heiße Fritteusen. Einfach alles flog in die Luft. Die Helfer an der Bar wurden mit der Plane mitgerissen, manche durch die Gegend geschleudert. Die vollen Kühlschränke zogen mit großer Wucht an ihnen vorbei. Der Liedsänger stürzte von der Bühne. Dann brach das Holzkonstrukt zusammen. Die Musik verstummte, das Licht ging aus."

"Wo sind die Kinder?"

Für wenige Augenblicke war es still. Dann brach Panik in der Menge aus. "Einige versteckten sich unter den Biertischen, andere rannten zu den Kühlwägen, suchten dort Schutz." Während einige um ihr Leben rannten, schoss ihr der Gedanke: Die Kinder. Wo sind die Kinder?

"Wir hatten keine Ahnung, wo sie waren. Es war stockdunkel, man erkannte kaum Leute.Einige leuchteten mit dem Handy. Dann hörten wir die ersten Signaltöne von Rettungswägen. Die waren schnell da. Feuerwehrmänner erteilten die Anweisung, die Wiese zu verlassen. Wir weigerten uns. Wir mussten unsere Kinder suchen."

Blutüberströmte Menschen

Blutüberströmte Menschen. Ängstliche Menschen. Weinende Menschen. Viele suchten ihre Freunde, ihre Familie. "Einige lagen am Boden. Andere halfen. Das Zelt war weg. Die Aluminium-Pfosten lagen weit verstreut herum."

Dann. Endlich. Der erlösende Anruf der älteren Tochter. Den Mädchen ging es gut. "Wir wollten uns am Eingang treffen, konnten sie aber nicht finden. Möglicherweise konnten sie uns bei dem ganzen Wirbel nicht richtig hören. Wir suchten sie im Feuerwehrhaus, wo alle Kinder hingebracht wurden."

"Weinten bitterlich"

Dort fanden sich die Vier wieder. "Wir haben alle so viel geweint, als wir uns in die Arme schließen konnten. Eine Küchenhelferin saß ebenfalls dort. Sie weinte bitterlich und erzählte, dass sich ein Bekannter mit dem heißen Fett sehr stark verbrannt hatte."

Verängstigt, traurig und wie in Trance machte sich die Familie zu Fuß auf den Heimweg. "Es war dunkel. Es gab keinen Strom. Wir gingen zu unseren Familien, teilten mit, das es uns gut geht. Das war so gegen 23.10 Uhr."

Wie ein Schlachtfeld

Heute, mehr als einen Tag nach der Katastrophe, ist Saiga Hans in Schockstarre. "Jeder ist bestürzt, der ganze Ort weint, versteht nicht, wie das passieren konnte. Der Platz, wo das Zelt stand, sieht aus wie ein Schlachtfeld. Die geköpften Bäume rundherum sehen aus wie Mahnmale. Es ist unfassbar, dass so ein schönes Fest ein so unsagbar trauriges Ende nehmen musste."

Aus dem Archiv: Die Zeltfest-Katastrophe von Saiga Hans
Dabei starben zwei Menschen, 120 wurden verletzt.

Foto: Scharinger

So geht es weiter: Für 12 Uhr ist am Sonntag im Gemeindeamt in St. Johann am Walde eine Pressekonferenz anberaumt. Daran werden Landesfeuerwehrkommandant Wolfgang Kronsteiner, Bezirksfeuerwehrkommandant Josef Kaiser, Abschnittsfeuerwehrkommandant Josef Maderegger, Feuerwehrkommandant Erich Feichtenschlager, Bezirksrettungskommandant Jochen Kaser und der Bürgermeister Gerhard Berger teilnehmen. Die OÖN werden berichten. 

Video: Nach dem Einsturz eines Festzeltes in der oberösterreichischen Gemeinde St. Johann im Walde, bei dem zwei Menschen getötet und 140 verletzt wurden, ist die Staatsanwaltschaft nun auf der Suche nach den genauen Hintergründen.

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