„Fuchs war ein Bauernopfer“
LINZ/SALZBURG. Briefbomber Franz Fuchs war kein Einzeltäter. Die Hintermänner wurden von Spitzenbeamten aus dem Innenministerium geschützt. Das behauptet Historiker Heinz Dopsch, selbst Gutachter in dem Fall, der nun wieder aufgerollt wird.
Von Lukas Luger
OÖN: Herr Dopsch: Franz Fuchs war kein Einzeltäter. Wie kommen Sie zu dieser These?
Dopsch: Ein Einzelner soll gleichzeitig raffinierte Bomben bauen, lange Bekennerschreiben mit versteckten historischen Anspielungen verfassen, potenzielle Opfer auskundschaften und ins Ausland reisen, um die Briefbomben an geschichtsträchtigen Orten aufzugeben? Das ist nicht möglich.
OÖN: Verfügte Fuchs über das geschichtliche Wissen, um die Bekennerschreiben zu verfassen?
Dopsch: Nein. In den Vernehmungsprotokollen findet man etliche Passagen, wo Fuchs nicht wusste, worum es in den Bekennerschreiben überhaupt geht.
OÖN: Wer war das Bombenhirn?
Dopsch: Der leitende Kopf der „Bajuwarischen Befreiungsarmee“ war eine ganz andere Persönlichkeit als Franz Fuchs. Fuchs geht in den Verhandlungssaal und ruft Naziparolen. Das passt zu ihm. Der Verfasser der Bekennerbriefe war wohl ein gescheiterter Akademiker, etwa 70 - 75 Jahre alt. Er wollte zeigen, dass er mehr weiß, als die von ihm gering geschätzten Historiker.
OÖN: Welche Rolle spielte das Innenministerium bei der Aufklärung der Briefbombenanschläge?
Dopsch: Was mich erschüttert hat, ist, dass es offensichtlich direkte Verbindungen zwischen Innenministerium und den Hintermännern gab. In meinen beiden Gutachten, die nie veröffentlicht wurden, zeigte ich historische Ungenauigkeiten auf. In späteren Bekennerschreiben wurden diese Fehler ausgebessert. Das kann kein Zufall sein. Der Verfasser der Bekennerschreiben muss die Gutachten auf jeden Fall zu Gesicht bekommen haben.
OÖN: Fuchs, das „Bauernopfer“?
Dopsch: Ja, das könnte man so sagen. Ich will nicht ausschließen, dass er die Bomben gebaut hat. Obwohl man dafür bis heute nicht den geringsten Beweis hat. Ich glaube aber, dahinter stand ein Deal mit führenden Beamten im Innenministerium. Die Gruppe hat signalisiert, alle terroristischen Aktivitäten einzustellen, wenn es keine weiteren Ermittlungen mehr gibt. Als Gegenleistung wurde Fuchs als Einzeltäter „geopfert“.
OÖN: Eine Wiederaufnahme der Causa steht im Raum. Ihre Erwartungen?
Dopsch: Keine. Das ist eine abgekartete Sache. Erst wenn jene Beamte, die involviert waren, in Pension oder tot sind, könnte Bewegung in die Sache kommen.
OÖN: Kennen Sie den Ihrer Meinung nach wahren Täter?
Dopsch: Ich halte es für möglich, dass jener 77-Jährige, den Sonderermittler Rudolf Huber (er hat den Antrag auf Wiederaufnahme bei der Staatsanwaltschaft Graz eingebracht, Anm.) verdächtigt, der Täter ist. In jedem Fall bin ich überzeugt, man weiß im Innenministerium, wer der Drahtzieher hinter den Briefbomben war.