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„Fließband-Gutachter“ hat Millionen-Vertrag mit Land

Von Robert Stammler   29.Oktober 2011

Kürzlich strahlte das ZDF eine Dokumentation über den Fall des Gutachters Egon B. (47) aus. Wie berichtet, ermittelt die Staatsanwaltschaft Linz gegen den Mann, der bereits von der Liste der gerichtlich beeideten Sachverständigen gestrichen wurde, wegen falscher Beweisaussage.

Betroffene, die der Psychologe in Familien- und Pflegschaftsverfahren begutachtet hat, werfen B. vor, höchst einseitige Expertisen erstellt und sogar Aussagen und Tests verfälscht zu haben. Außerdem gibt es Betroffene, deren Gutachten sich in ganzen Passagen inklusive Rechtschreibfehlern völlig gleichen. Was den Verdacht nahelegt, dass der Psychologe mit vorformulierten Textbausteinen werkte, um möglichst viele Gutachten verrechnen zu können.

Die Staatsanwaltschaft beauftragte für eine Analyse der Tätigkeit von Egon B. den Berliner Psychologie-Professor Max Steller. Eine erste Stellungnahme liegt der Staatsanwaltschaft Linz nun vor. Der Deutsche übt darin heftige Kritik an der Arbeit seines Salzburger Kollegen.

In den Gutachten seien „Mindeststandards“ nicht eingehalten worden. Der Gutachter habe die Erhebungsprozesse, die ihn zu seinen Ergebnissen brachten (etwa welcher Elternteil nach einer Trennung die Obsorge bekommen soll), „nicht transparent“ dargestellt. Schlussfolgerungen seien „nicht nachvollziehbar“. Außerdem entspreche die Nutzung von Textbausteinen „in zentralen Teilen eines Gutachtens“ „nicht den Standards“. Die Ermittlungen gegen den Salzburger laufen weiter. Egon B. spricht im Zusammenhang mit den Vorwürfen von einer gegen ihn laufenden „Kampagne“. Trotz der Kritik bleibt der Beschuldigte aber im Geschäft. Denn seine Firma für familientherapeutische Arbeit mit Krisenfamilien erfreut sich großer Beliebtheit bei der Jugendwohlfahrt in Oberösterreich. 2010 betreute die Firma 180 „Fälle“, sprich Familien. Die Tätigkeit wurde mit den Sozialhilfeverbänden abgerechnet.

Bis zu drei Millionen Euro

Die Jugendwohlfahrt des Landes kann nicht beziffern, wie viel Steuergelder dabei verwendet wurden. Laut Insidern bringt die Betreuung von 180 Familien zwei bis drei Millionen Euro. Peter Binder, Sprecher von Landesrat Josef Ackerl bestätigt, dass mit der Firma nun ein „Rahmenvertrag“ vereinbart wurde. Dabei gehe es etwa um die Fixierung von Stundensätzen. „Wir sind mit der Qualität hoch zufrieden“, sagt Binder.

Bei dem Vertrag gehe es auch darum, „Aufsichtsmöglichkeiten“ festzulegen. Mit dem Beschuldigten (laut Firmenbuch der Geschäftsführer, Anm.) kooperiere das Land aber nicht, nur mit den Kollegen von der „Oberösterreich-Filiale“.

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25. April 2024