Diskussion: Alternative Wohnformen - gibt's die?

Von Claudia Werner   17.März 2010

Nicht nur Menschen ab 50 Jahren zeigen ein verstärktes Bedürfnis nach gemeinschaftlichem Wohnen, sondern schon Jüngere mit Familien suchen eine andere Form des Zusammenlebens. „Mit dem vorhandenen Angebot sind immer weniger Menschen zufrieden“, sagte Doris Eisenriegler, Seniorensprecherin der Grünen OÖ. Bezeichnend sei es deshalb gewesen, dass für die Podiumsdiskussion kein politischer Vertreter der Stadt Linz zum Thema „Alternativer Wohnbau“ ausfindig gemacht werden konnte.

Flexible Wohnformen gefragt
Eisenriegler wohnt selbst in einem Atrium-Reihenhaus und erhält als Obfrau der Grünen SeniorInnen Österreich und der Grünen 50+ laufend Anfragen von Interessierten. Eisenriegler kritisierte vor allem die langfristige Kreditaufnahme über einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren, die für ältere Menschen eine große Hürde darstelle. Albert Böker, Architekt in Ottensheim mit praktischer Erfahrung im so genannten partizipativen Wohnbau, wünscht sich vermehrt durchmischte, flexible Wohnformen quer durch die Generationen. Böker: „Besonders die Selbstverwaltung und die Ressourcen der Bewohner sollten von Anfang an durchdacht werden.“

Gäste mit eigener Erfahrung
Auf langjährige Erfahrung mit dem Cohousing-Projekt „pomali“ in Niederösterreich kann Martin Kirchner zurückgreifen. Nach skandinavischem Vorbild umfasst dieses generationenübergreifende Projekt 25 Reihenhäuser in ökologischer Bauweise. Ein wichtiges Element ist für ihn „das gemeinsame Essen: Das bindet viel mehr aneinander als viele Diskussionen.“ Denn immerhin gehe es nicht vorrangig ums Wohnen, „sondern ums Leben“. Auch Maria Wageneder, Wohnbausprecherin der Grünen OÖ., machte in den 1980er selbst die Erfahrung mit einem Wohnprojekt der anderen Art, das jedoch aufgrund zu hoher Ansprüche „leider zum Scheitern verurteilt war“. Politisches Ziel solle ein Modell für Sonderförderungen sein, auch wenn es bereits einige Fördermöglichkeiten wie etwa für Niedrigenergie, Barrierefreiheit, Einbau eines Lifts etc. gebe, so Wageneder.

Günstigere Wohnungen fehlen
Als Vertreter der WAG (Wohnungsanlagen GmbH) war Karl Peter Winkler zu Gast, Leiter Technischer Neubau und Projektentwicklung. Er hob das Projekt Lebensoase der Volkshilfe in Linz hervor, wo Betreuungsangebote und gemeinschaftliche Aktionen sehr gut angenommen werden. Weniger Akzeptanz finden laut Winkler Gemeinschaftsräume ohne entsprechende professionelle Begleitung. Winkler zeigte sich generell offen für Gruppen, mit denen gemeinsam Projekte im Mietverhältnis geplant werden können. „Die Initiativgruppe muss aber von Beginn an in die Planung miteinbezogen werden“, so Winkler. „Mittelfristig sollen leistbare alternative Wohnformen für weniger finanzkräftige Menschen ermöglicht werden.“

Politik gefordert
In dieselbe Kerbe schlug Marie Edwige Hartig, Gemeinderätin der Grünen in Linz und Mitglied im Aufsichtsrat der GWG (Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft Linz). „Aufgrund der hohen Auflagen, die im Wohnbau zu erfüllen sind, werden kaum mehr Billigwohnungen gebaut.“ Projekte liegen zwar „in der Schublade, aber der große politische Wille zur Umsetzung fehlt“, so Hartig. In der regen Diskussion mit dem Publikum wurden besonders die Wünsche nach dem „neuen Hausmeister“ und dem „Bassena-Prinzip“ laut: kommunikative Wohnformen, die sehr wohl die Möglichkeit zum Zurückziehen bieten und trotzdem regen Kontakt mit den Nachbarn oder Mitbewohnern ermöglichen. Diese geänderten Anforderungen der Bevölkerung solle die Politik so rasch als möglich wahrnehmen und konstruktiv umsetzen.