Dieser Mann spricht 40 Sprachen

Von Philipp Hirsch   27.September 2017

Der Volksmund sagt: Sprachen sind das Tor zur Welt. Wenn das stimmt, dann stehen für Richard Simcott fast alle Türen offen.

Seit seiner Kindheit beschäftigt sich der gebürtige Liverpooler, der mit seiner Frau und seiner Tochter in Skopje in Mazedonien wohnt, mit Fremdsprachen. Rekorde wolle er mit seinem außergewöhnlichen Wissen keine aufstellen, sagt er. Er sei "ein ewig Lernender". Zuletzt brachte er sich Indonesisch bei. "Weil ich mich mit den Einheimischen während des Urlaubs unterhalten wollte", sagt er. Simcott arbeitet als Sprachdirektor bei der Social-Media-Beratungsagentur "The Social Element". Die OÖN trafen ihn zum Interview und wurde von Simcott mit akzentfreiem Deutsch empfangen.

 

OÖNachrichten: Herr Simcott, wie oft verwechseln Sie bei 40 Sprachen eigentlich Vokabeln?

Simcott: Das kommt vor. Ist aber meistens nicht so schlimm. Viel schwieriger ist es, sich die sozialen Regeln zu merken. Nicht in allen Sprachen können Sie alles auf dieselbe Art sagen und glauben, dass Sie richtig verstanden werden.

Woher kommt Ihre große Leidenschaft für Fremdsprachen?

Familiäre Prägung gab es keine. Meine Eltern waren sozusagen ganz normale Leute. Das Sprachenlernen war für mich nie eine Form von Arbeit, es ist für mich ein spannendes Spiel. Angefangen hat es mit Französisch in der Schule. Das war meine erste Fremdsprache.

Deutsch ist meine Muttersprache. Sie bestimmt mein Denken. Hat sich Ihre Art zu denken durch 40 Fremdsprachen verändert?

Ich denke in Bildern und nicht in Begriffen. Ein Tisch ist ein Bild. Dieses Bild kann eben viele verschiedene Namen haben.

Wie lange haben Sie gebraucht, um Deutsch zu lernen?

Es gab damals, als ich zu studieren begann, keinen Deutschkurs für Anfänger an der Universität. Das hat mich geärgert, also bin ich auf eigene Faust drei Monate lang als Au-pair bei einer deutschen Familie gewesen. Es war eine sehr persönliche Erfahrung, die Sprache bei einer Familie zu lernen. Bis heute ist mein Verhältnis zum Deutschen von dieser Zeit sehr stark geprägt. Ich hatte zuvor schon Altisländisch gelernt. Das hat mir beim Deutschlernen sehr geholfen.

Gefällt Ihnen das Deutsche?

Das sage ich jetzt nicht nur, weil ich gerade in Österreich bin, aber ich mag Deutsch. Ich finde es niedlich. Ich mag den Unterschied zwischen ‘ich liebe dich’ und ‘hab’ dich lieb’. Ich finde auch Worte wie "Hornhautentzündung" gut. Das beschreibt exakt, was es ist. Im Englischen haben Erkrankungen meist seltsame griechische Namen.

Nach welchen Kriterien wählen Sie die Sprachen aus, die Sie erlernen möchten?

Ich hab’ da einen persönlichen Zugang. Ich musste einen Vortrag in der Slowakei halten, also hab ich Slowakisch gelernt. Zuletzt waren wir auf Urlaub in Indonesien und ich wollte mich mit den Einheimischen unterhalten. Ich hab‘ dafür vor der Reise ein paar einfache Sätze und zwei Kinderlieder auswendig gelernt. Die hab ich am Strand gesungen und bin so mit den Leuten ins Gespräch gekommen.

Wie fand das Ihre Tochter, wenn der Papa am Strand indonesische Kinderlieder zum Besten gibt?

Meiner Frau und meine Tochter haben sich ein wenig geschämt.

Teilt Ihre Familie Ihre große Leidenschaft etwa nicht?

Meine Frau spricht sechs Sprachen und meine Tochter wächst fünfsprachig (Englisch, Französisch, Mazedonisch, Spanisch und Deutsch, Anm.) auf.

Wie sieht Ihr Familienalltag in fünf Sprachen aus?

Wir machen das ungezwungen. Am Mittwoch ein Zoobesuch auf Spanisch, am Donnerstag ein Brettspiel auf Französisch, am Freitag ein Theaterstück auf Englisch. Sprachen sollen Spaß machen.

 

 

Tag der Sprachen

Richard Simcott (40) hielt gestern anlässlich des Europäischen Tags der Sprachen (ETS) einen Vortrag in Linz im Alten Rathaus. Bereits zum vierten Mal nimmt das Integrationsbüro der Landeshauptstadt den ETS als Anlass für eine Veranstaltungsreihe. Heute lädt der Linzer Lesebummelzug um 10.30 und 11 Uhr (Treffpunkt Hauptplatz) zu mehrsprachigen Lesungen für Kinder während einer Fahrt mit dem gelben Linzer Sightseeing-Zug. Am Samstag,
30. September, bieten Linzer Wirte mit internationalen Wurzeln von 10 bis 17 Uhr auf der Landstraße Schmankerl aus der ganzen Welt an und laden zum Genuss ein.