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Die Vorkoster

Von Roman Sandgruber, 29. September 2018, 00:04 Uhr
Die Vorkoster
Bild: colourbox

Das EU-Verkehrs- und Energieministertreffen in Linz und der EU-Gipfel in Salzburg sind vorbei. Außer den umfangreichen Verkostungen der österreichischen Küche bei den obligaten Abendessen und Mittagsbuffets war nicht viel an Höhepunkten zu berichten.

Ein Beruf allerdings, den man längst für ausgestorben gehalten hätte, ist dabei wieder zu Ehren gekommen: der des Vorkosters. Neben den mehr als 1000 Polizisten auf den Straßen tummelten sich an die 50 Geheimdienstleute und Cobra-Beamte während der Zubereitung des Abendessens für die 17 an diesem Abend bereits anwesenden Minister und ihre etwa 200-köpfige Begleitung in der engen Küche seines Betriebs, berichtete der Linzer Restaurant-Chef im Interview. Und da die Gipfel und Treffen traditionsgemäß mit einem Abendessen eingeleitet und einem Mittagessen am nächsten Tag abgeschlossen werden und die Leute auch frühstücken, gab es für die Vorkoster viel zu tun.

Die Angst vor Vergiftung begleitet die mächtigen Herrschaften dieser Erde, seit es Köche gibt. Vorkoster hatten einst alle reichen und berühmten Leute, die europäischen Kaiser und Könige, osmanischen Sultane und indischen Moguln, Indianerhäuptlinge und Mafiabosse, die schrecklichsten Diktatoren und heiligsten Päpste.

Vorkoster zu sein war ein gefährlicher Beruf. Im alten Rom hatte man Sklaven, deren Leben wenig zählte. Vor jeder Mahlzeit hatten diese Versuchskaninchen die fertig zubereiteten Speisen und Getränke zu kosten. Wenn nach einer angemessenen Wartezeit keine Anzeichen einer Vergiftung auftraten, hatte man eine gewisse Sicherheit, getrost zugreifen zu können.

Noch bis in die 1950er Jahre hatte bei Papstliturgien in St. Peter ein Vorkoster vor der Messe zeremoniell den Wein und das Wasser zu kosten, damit sichergestellt war, dass sie nicht vergiftet waren.

In einem der beliebten Asterix-Bände leidet der offizielle Vorkoster (Foto unten) der Königin Kleopatra unter ganz grässlichen Magenschmerzen, die durch das Vorkosten eines Kuchens verursacht wurden, der der Königin serviert werden sollte. Die Szene endet mit einer an Wortspielen reichen Rede des Vorkosters, der den Beruf satt habe, der ihm das Leben vergifte.

Geheimdienste lieben bis in die Gegenwart den Giftmord, weil er so unbemerkt abläuft. Seit den Vergiftungsfällen mit dem russischen Supergift Nowitschok im englischen Salisbury steigt die Hysterie. Der russische Präsident Wladimir Putin soll sein Team von Lebensmittel-Vorkostern auf die Größe einer "kleinen Armee" verstärkt haben. Er soll sämtliche Speisen nicht nur vorkosten, sondern von Chemikern auch genau untersuchen lassen.

Vielleicht hat er deswegen auch auf die Teilnahme an der Hochzeitstafel der Außenministerin verzichtet und sich nur auf ein weniger gefahrvolles Tänzchen samt dem viel beachteten Knicks eingelassen.

 

Roman Sandgruber ist emeritierter Professor für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte an der Johannes Kepler Universität Linz. 

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