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"Die Menschen umarmen dich und weinen mit dir"

Von Thomas Streif und Roman Kloibhofer   26.August 2017

Um 22.35 Uhr stand, um es mit den Worten von Braunaus Bezirkshauptmann Georg Wojak zu sagen, in St. Johann am Walde die Zeit still. Innerhalb von Sekunden zerstörte eine Windböe das Festzelt beim Frauscherecker Feuerwehrfest. Zwei Menschen starben, mehr als 100 wurden verletzt.

Trotz der Ausnahmesituation nahm sich Feuerwehrkommandant Erich Feichtenschlager gestern zwei Stunden lang für ein ausführliches Interview mit den OÖN Zeit. Er schickte voraus, es gebe aber noch Schwerverletzte, um deren Gesundheitszustand man nach wie vor bangen müsse. Der 53-Jährige ist verheiratet, Vater dreier Töchter und ist seit rund 30 Jahren Mitglied im Feuerwehrkommando Frauschereck, seit 2003 als Kommandant.

 

OÖNachrichten: Wie geht es Ihnen eine Woche nach der Katastrophe?

Erich Feichtenschlager: Wir, die Feuerwehr Frauschereck, werden von den Saiga Hansern und vielen Außenstehenden regelrecht durch diese so schwere Zeit getragen. Es ist aber leider noch lange nicht ausgestanden, im Gegenteil: Es gibt noch Schwerverletzte, um deren Gesundheitszustand wir bangen müssen. Unsere Gedanken sind selbstverständlich rund um die Uhr bei den Opfern und den Angehörigen.

Wie haben Sie die Sekunden der Katastrophe erlebt? Ihre Familie war ja auch im Zelt. Was haben Sie in diesem Moment gedacht?

Sekunden nach den Böen war mir sofort bewusst, dass es sich hier um eine Katastrophe handelt. Ich habe noch geschrien "um Gottes Willen, das Zelt ist weg" und ich habe meine Frau Anna gebeten, den Notruf abzusetzen und den Großalarm auszulösen. Ich bin mit einem Kollegen sofort zum Feuerwehrhaus gefahren, um die Rettungskette umgehend in Gang zu setzen. Und die hat Gott sei Dank perfekt funktioniert.

Lässt es sich mit einer solchen Ausnahmesituation besser umgehen, wenn man weiß, eine ganze Region steht hinter einem?

Ja. Jedes Mal, wenn ich zum Beispiel nach Saiga Hans einkaufen fahre, komme ich gestärkt zurück. Die Menschen drücken dich, nehmen dich in den Arm und weinen mit dir in dieser so schweren Zeit. Alle sprechen dir zu, das ist der Zusammenhalt in Saiga Hans und sicher auch mit ein Grund dafür, dass es dieses Fest seit bereits 39 Jahren gibt.

Welche Reaktionen gab es von außen?

Wir hätten am Sonntag bei den Aufräumarbeiten mehr als 1000 Leute einsetzen können, alle wollten helfen. Sogar unsere Partnerfeuerwehr aus Klausen-Leopoldsdorf in Niederösterreich hat sofort ihre Hilfe angeboten. Von den umliegenden Lebensmittelbetrieben wurden wir großzügig mit Verpflegung unterstützt, auch die Gratis-Stornierung von vielen bestellten Produkten für das Fest war überhaupt kein Problem. Einen demnächst geplanten Feuerwehrausflug nach Villach mussten wir natürlich absagen, die Stornogebühren wurden uns nicht verrechnet.

Sie haben immer wieder von einer "großen Feuerwehrfamilie" gesprochen.

Wir sind eine große Feuerwehrfamilie und tragen uns gegenseitig da durch. Wie mir von Feuerwehrseite, angefangen von Landesfeuerwehrkommandant Wolfgang Kronsteiner und Bezirksfeuerwehrkommandant Josef Kaiser, beigestanden wird, ist großartig. Gleiches gilt für Bürgermeister Gerhard Berger und Bezirkshauptmann Wojak. Ich hatte bisher nie das Gefühl, alleine zu sein. Sogar Landeshauptmann Thomas Stelzer hat mich angerufen, auch das war für uns eine wichtige Wertschätzung.

Wie geht es den Kameraden der Feuerwehr Frauschereck?

Wir sind auch vom furchtbaren Leid nicht verschont geblieben. Vier liegen noch im Spital. Einer hat Verletzungen an der Wirbelsäule, drei haben starke Verbrennungen erlitten.

Wie soll es jetzt weitergehen?

Wichtig ist vor allem, dass es den Verletzten so bald wie möglich wieder besser geht. Es stellt sich aber auch unweigerlich die Frage, wie wir in Zukunft mit einer solchen Situation umgehen. Welche Folgen hat das für künftige Veranstaltungen? Im März sind Kommandantenwahlen bei den Feuerwehren, alle schauen jetzt auf uns und warten, was dabei herauskommt. Ein Veranstalter braucht künftig Sicherheit, und wir müssen es schaffen zu erreichen, dass kein Angstszenario vermittelt wird. Wir brauchen solche Feste am Land. Auch deshalb, weil wir damit einen Teil unserer Ausrüstung finanzieren. Alles kann die öffentliche Hand nicht bezahlen. Wir sind dadurch eine schlagkräftige, gut ausgerüstete und gut ausgebildete Feuerwehr mit insgesamt sechs Bewerbsgruppen.

Sie werden ja nicht mehr kandidieren...

Das stimmt, aber das ist schon vor dem Unglück festgestanden. Ich werde das Kommando in jüngere Hände übergeben.

"Die Menschen umarmen dich und weinen mit dir"
Im Gespräch mit OÖN-Redakteur Thomas Streif

Im Gespräch mit OÖN-Redakteur Thomas Streif

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