Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

Der Alltag von geistig abnormen Rechtsbrechern

Von Manuela Kaltenreiner, 25. Juli 2014, 00:04 Uhr
Zu Besuch in der Anstalt: Der Alltag von geistig abnormen Rechtsbrechern
Eindrücke in der Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher in Asten. Bild: VOLKER WEIHBOLD

ASTEN. Das forensische Zentrum Asten wird ausgebaut – Lokalaugenschein in einer besonderen Wohngemeinschaft.

Die Männer sind freundlich und sehr zugänglich. Interessiert kommen sie auf die Besucher zu. Erzählen von ihrem Alltag, öffnen die Türen zu ihren Zimmern und zeigen Bilder, die sie gemalt haben. Warum sie in der Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher in Asten sind, geht ihnen aber nicht leicht über die Lippen.

Nach kurzem Schweigen sagt ein Neuankömmling doch noch: "Brandstiftung. Aus Zorn auf den einen. Es war a Blödsinn, dass ich das gemacht habe und es tut mir leid." Ein anderer erzählt, schon seit 1998 eingesperrt zu sein. Alle 90 Männer hier haben eine Straftat begangen – von gefährlicher Drohung bis hin zu Körperverletzung oder Mord – und sind von einem Gericht wegen einer psychischen Erkrankung nach Paragraf 21/1 für zurechnungsunfähig erklärt worden. Ein Großteil ist schizophren, andere sind nach traumatischen Erlebnissen erkrankt.

Einblick in die Anstalt

Ein Zaun mit Maschendraht umgibt das Areal. Am Eingang sitzt ein Justizwachebeamter. Taschen werden nicht kontrolliert. Metalldetektor oder Gitterstäbe sucht man vergeblich. Dafür fallen die handgefertigten Dekorationen in dem Café hinter der Glastür auf. An einem der Tische sitzt eine Psychologin mit zwei Klienten. Der eine tauscht Stofftiere, der andere hat zwei vernarbte Unterarme. "Er kann von einer Sekunde auf die andere wegbrechen, schneidet sich die Hände auf, schluckt Schrauben oder verletzt andere", sagt Martin Kitzberger, Leiter der Anstalt. Er kennt jeden, nimmt sich Zeit, schüttelt jedem die Hand und antwortet geduldig auf die Frage: "Wann komme ich hier raus?" Was die Männer im Maßnahmenvollzug von Häftlingen unterscheidet: Sie wissen nicht, wie lange ihr Aufenthalt dauern wird.

In den Therapieräumen werden nicht nur psychische Erkrankungen behandelt, sondern auch physiologische: "Viele kämpfen durch die Medikamente mit Übergewicht oder haben körperliche Beschwerden", sagt der Leiter.

Offene Türen

Die Türen in den fünf Wohngemeinschaften stehen offen. Nur die verglaste "Überwachungsinsel" mit Aufsichtspersonal ist verschlossen. Einige Männer sitzen vor dem Fernseher, andere auf einer der selbst gefertigten Bänke im begrünten Hof. "An warmen Tagen grillen wir hier und eine Errungenschaft ist die Gartendusche", sagt Kitzberger. Ein zwei Meter großer Mann sitzt im Rollstuhl, kümmert sich liebevoll um zwei Puppen und strahlt kindlich, weil er angesprochen wird. "Nicht alle sind bei uns richtig aufgehoben, aber wir arbeiten an einem Projekt mit dem Institut Hartheim", sagt der Leiter.

Durchschnittlich dreieinhalb Jahre dauere es, bis ein Klient bedingt – also mit Auflagen – entlassen werden könne. Manche kommen wieder, aber 100 Männer konnten die Anstalt in den vergangenen vier Jahren verlassen.

 

Drei Fragen an Martin Kitzberger

Er ist klinischer Psychologe und leitet das 2010 eröffnete Forensische Zentrum Asten.
90 Männer werden derzeit von Martin Kitzberger und seinem Team betreut. Sie alle haben eine Straftat begangen, für die sie wegen einer psychischen Erkrankung von einem Gericht nicht zur Verantwortung gezogen wurden.

1 Was unterscheidet den Maßnahmenvollzug vom Strafvollzug?
Die Klienten werden hinter verschlossenem Zaun behandelt, weil sie für die Außenwelt zu gefährlich sind. Aber im Haus bewegen sie sich relativ offen in den fünf Wohngruppen, im Hof oder im Cafe. Lockerungen sind wesentlich, um zu sehen, wie sich jemand im Alltag tut. Wir geben den Leuten Spielraum, um zu sehen, wie sie sich verhalten. Wenn man das nicht weiß, wäre es das größte Risiko, jemanden unvorbereitet rauszulassen.

2 Wie funktioniert das Miteinander?

Im Normalfall gut. Es gibt immer wieder Streitereien, aber Gott sei Dank noch keine schweren Verletzungen bei Übergriffen. Wir versuchen durch Analysen der Akten und Hergang der Tat das Risiko einzuschätzen. Wenn jemand beispielsweise Gewalt gegen Frauen ausgeübt hat, geht keine Pflegerin alleine ins Zimmer. Das Haus hat eine Größe, wo jeder jeden kennt, und das wird auch mit dem Zubau so bleiben.

3 Wie hoch ist die Rückfallquote nach der bedingten Entlassung?

Prinzipiell werden sieben Prozent in einem Strafdelikt rückfällig. Drei Prozent kommen zurück, weil sie Weisungen nicht einhalten, die sie nach der bedingten Entlassung einhalten müssen. Daraus ergibt sich die Rückfallquote von zehn Prozent.

 

Zubau

Die Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher in Asten ist eine von zwei in Österreich. Sie wurde 2010 für 90 Männer eröffnet. Durch den Zubau können ab Frühjahr 2015 bis zu 150 Männer betreut werden, die bisher in psychiatrischen Kliniken behandelt wurden. Der Tagsatz dort beträgt 580 Euro pro Patient. Im forensischen Zentrum, das zur Justizanstalt Linz gehört, kostet die Unterbringung hingegen nur etwa 170 Euro am Tag.

mehr aus Oberösterreich

Tödliche Bissattacke in Naarn: Hundehalteverbot hielt nur teilweise

Mordprozess in Wels: "Er konnte einfach nicht akzeptieren, dass sie ihn nicht wollte"

Grünes Licht für Tempo 30: Was sich ab Juli ändern soll

34-Jährige in Zug von Schärding nach Linz sexuell belästigt

Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

4  Kommentare
4  Kommentare
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
( Kommentare)
am 27.07.2014 21:01

Als eine von Vielen, die in unmittelbarer Nähe des Forensischen Zentrums Asten wohnt,muß ich hiermit einige korrigierende Worte zu diesem Artikel schreiben.Es gibt sehr wohl und Gott sei Dank vor jedem einzelnem Haftraum Gitter, so sehe ich es zumindest, wenn ich das nebenan liegende Altstoffsammelzentrum besuche!!Spätestens nach diesem Artikel weiß nun ein jeder Anrainer, daß doch nicht nur Bagatelldelikte in Asten einsitzen ( gefährl. Drohung, Körperverletzung, MORD),wie bisher von der Masse angenommen wurde, sondern auch richtig harte Fälle.In diesem Fall wäre es besser gewesen, die angrenzenden Menschen mit Tatsachen (Gitter, Detektoren,Kameras, Bewachung,..)zu beruhigen und nicht zu beunruhigen!!
Weiters ziehe ich meinen Hut vor jedem einzelnem, der diesen Menschen eine 2. Chance gibt und jedem, der sich an der Resozialisierung dieser Straftäter beteiligt.Im Vordergrund steht bei diesen Menschen trotzdem die Krankheit und nicht die Tat. Und diese kann jeden von uns treffen !!

lädt ...
melden
antworten
Salzkammergut (3.323 Kommentare)
am 25.07.2014 13:13

aber mit 150 "Kunden je 170€/Tag "Umsatz", das entspricht mehr als 5100€ pro Monat was das Gfrast kostet (gibt keine andere Benennung für Vergewaltiger, Kinder.., etc) habe ich ein Problem. Guter Rechtsanwalt und Gutachter und du bist heutzutage für nichts mehr verantwortlich. Kenne paar Leute die ihr Lebtag lang sich nichts zu Schulden kommen lassen haben und gearbeitet und sich kein Cafe oder Grillen leisten können sondern vegetieren mit Mindestsicherung (Ausgleich)in einem teuren Mietsloch.

lädt ...
melden
antworten
alleswisser (18.463 Kommentare)
am 25.07.2014 09:38

Ein ganz anderes Bild als das einer Klapsmühle mit Gummiwänden, was unwillkürlich vorm geistigen Auge auftaucht, wenn man wieder einmal von der "Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher" liest.

lädt ...
melden
antworten
fanatiker (6.116 Kommentare)
am 25.07.2014 08:06

sollte es eine Ausschreibung geben, in welchem Land (Albanien, Kroatien, Tschechien....) sie am günstigsten eingelocht werden können!

lädt ...
melden
antworten
Aktuelle Meldungen