Das Landleben der Zukunft: Spezialisiert und dezentral

Von Alfons Krieglsteiner   09.März 2017

"Stakeholder" sind Personen, die ein berechtigtes Interesse daran haben, was bei einem Projekt herauskommt. Gestern waren sie in der Landwirtschaftskammer OÖ. versammelt: Bürgermeister, Vertreter von Post, Apothekerverband, Regionalentwickler, Wirtschafts- und Landwirtschaftskammer und Fachhochschule. Ihr Interesse galt dem Masterplan für den ländlichen Raum, einem Projekt des Umweltministeriums mit dem Ziel, die Wirtschafts- und Lebensbedingungen auf dem Land zu verbessern. Herauskommen soll ein Forderungspapier, das im Juni beim Gemeindebundtag in Salzburg präsentiert wird.

Dezentralisierung und Spezialisierung werden im Masterplan groß geschrieben: Darin waren sich die Stakeholder einig. Ganz im Sinn der Experten, die an der Universität Krems einen Forschungsschwerpunkt für den ländlichen Raum etabliert haben: Politikwissenschafter Peter Filzmaier und Wirtschaftsforscher Gottfried Haber. Sie stimmten die Teilnehmer auf die Workshops ein, in denen Ideen zur Stärkung von Infrastruktur, Mobilität und Digitalisierung "auf dem Land" gesucht wurden. Dezentral und spezialisiert sollen künftig schon die Schulen sein: Nicht mehr verschiedene Schulstandorte, die das gesamte Bildungsspektrum abdecken, sondern die vielmehr inhaltliche Schwerpunkte setzen.

Über Gemeindegrenzen hinweg

Oder die Verwaltung. Da sollten sich Gemeinden zu spezialisierten Clustern zusammentun. Interkommunale Gewerbezentren, gemeindeübergreifende Tourismusverbände: So kann man die regionale Identität stärken.

Dezentralisierung kann die Abwanderung stoppen. Vor allem, wenn sie mit "Digitalisierung" und dem Breitband-Ausbau einhergeht. Dezentral Produktionsstätten würden qualifizierte Arbeitskräfte in der Region halten, sagt Wirtschaftsforscher Haber. Die Abwanderung der Arbeitskräfte habe teils absurde Folgen, sagt Filzmaier: "Nehmen Sie nur die Oma im Seniorenheim in Linz, deren Pfleger aus derselben Gemeinde wie sie selbst stammen und die jeden Tag nach Linz pendeln, um sie dort zu betreuen."

Wo die Landbevölkerung sonst noch der Schuh drückt, haben Filzmaier und Haber 2015 in einer bundesweiten Gemeindestudie erhoben. "Ein großes Problem ist aus Sicht der befragten Gemeindebürger der öffentliche Nahverkehr", so Filzmaier. Verständlich, wenn man an eine betagte Patientin denkt, die zum Arzt muss – "aber die paar Kilometer wohl kaum zu Fuß bewältigen kann."