Auf den Spuren eines Pornojägers
Pfarrer Karl Burgstaller hat in seiner Priesterlaufbahn unzählige Totenmessen gelesen. Doch das Ableben von Martin Humer – wie berichtet starb dieser am Sonntag an den Folgen eines Herzinfarkts – stellt auch ihn auf eine harte Probe: „Humers letzter Wille war ein Requiem im tridentinischen Ritus, bei dem der Pfarrer den Besuchern den Rücken zukehrt. Das ist zwar nicht verboten, aber umstritten.“ Burgstaller musste als Zelebrant absagen und sich nach Ersatz umsehen: „Auch wenn ich wollte, ich kann das gar nicht“, sagt der Pfarrer. Ein Mönch der Priesterbruderschaft ist nun bereit, Humers letztem Willen zu entsprechen. Das Begräbnis beginnt um 10.45 Uhr in der Aufbahrungshalle.
Der Pornojäger, katholisch-reaktionär bis in die Knochen, hat es dem als aufgeschlossen geltenden Waizenkirchner Pfarrer nicht leicht gemacht. Erst mit den Jahren kam es zwischen den beiden zu einer Annäherung: „Ich bin ein Pragmatiker, was mir im Umgang mit Humer sehr geholfen hat.“
Wurden im Gottesdienst Reizthemen angesprochen, geriet der selbsternannte Sittenwächter aber in Rage. Als eines Sonntags ein Aushilfspfarrer in seiner Predigt das Felix-Mitterer-Stück „Abraham“ erwähnte und sich für mehr Toleranz gegenüber Homosexuellen aussprach, rastete Messbesucher Humer aus: „Den Blödsinn hör ich mir nicht mehr an“, herrschte er den jungen Geistlichen an und verließ fluchtartig die Kirche.
Im Café Mair am Marktplatz ist Martin Humers Tod das beherrschende Stammtisch-Thema. Man erzählt sich verschiedene Anekdoten, etwa jene, wie Humer vom damaligen Dorfgendarmen mit Handschellen über den Marktplatz geführt wurde, weil er eine Vorladung bei Gericht ignoriert hatte: „Wenn er seine Anliegen nicht so radikal verfolgt hätte, wäre niemand auf ihn aufmerksam geworden“, verteidigt ihn Peter Beisl. Den Unternehmer lud Humer eines Abends in sein Büro: „Er hat gekocht und mich nach dem Essen in seine Schätze eingeweiht. Ihm war es schon recht ernst damit. Mir hingegen hat diese Vorführung ganz gut gefallen“, sagt Beisl mit einem Augenzwinkern.
Jahre später begegnete er Humers Erzfeind Peter Janisch: „Ich habe mitgebaut an der neuen ÖKM-Zentrale in Bad Ischl. Damals sagte Janisch zu mir: ,Herr Beisl, treffen wir uns doch mit Dolly Buster in Waizenkirchen. Wenn uns der Humer sieht, bekommt er seinen nächsten Herzinfarkt, und wir sind ihn endlich los.’“
Am Ecktisch des Kaffeehauses sitzt die 90-jährige Friederike Mayrhuber und nippt an einem Verlängerten. Jahrelang half sie Humer beim Archivieren seiner pornografischen Sammlung: „Frau Mayrhuber hat die unanständigen Bilder mit einer großen Schere aus den Zeitungen geschnitten“, verrät Beisl. Die betagte Dame beschreibt den Verstorbenen als schwierigen Charakter, der Widerrede nicht zuließ.
Humers Auflehnung gegen staatliche Institutionen trieb zuweilen recht seltsame Blüten. In der „Station 5“, einem Wirtshaus am anderen Ende des Platzes, schildert ein Stammgast, wie sein Bruder nichts ahnend in Humers Fotostudio schlenderte, um sich in Uniform ablichten zu lassen: „Der Humer hat ihn damals hochkant rausgeschmissen, weil ihn sein Bundesheer-Gwandl gestört hat.“