Alt werden in den eigenen vier Wänden

Von Sandra Chociwski   31.Oktober 2018

Sie feiert am Freitag ihren 100. Geburtstag, lebt allein in ihrer Linzer Wohnung und meistert den Alltag mit Hilfe des mobilen Pflegedienstes der Caritas. Damit gehört Maria-Anna C. – ihren Nachnamen möchte sie aus Angst vor ungebetenen Gästen nicht bekannt geben – zu jenen Menschen, die am liebsten in den eigenen vier Wänden alt werden wollen.

Sie hat viel erlebt seit ihrer Geburt im Jahr 1918. Während des Zweiten Weltkrieges lebte Maria-Anna C. in Wien. „Ich ging auf die Uni, lernte nachts und arbeitete Teilzeit beim Arbeitsamt“, sagt sie. Die Arbeitsuchenden brachten ihr oft Essen mit. „So musste ich keinen Hunger leiden.“

Dennoch: Die Schrecken des Krieges erreichten auch die damals junge Frau. Das Haus, in dem sie lebte, wurde zerbombt. „Ich hatte nur meine Aktentasche und ein paar Papiere bei mir. Alles andere war weg. Die Universitätsarbeiten, meine Kleidung, Schuhe, alles“, sagt Maria-Anna C. Nach dem Kriegsende kam dann das große Glück. Sie heiratete einen amerikanischen Besatzungssoldaten und zog mit ihm nach München, in die USA und schließlich nach England. Die „wunderbare Ehe“ wurde durch die Geburt einer Tochter gekrönt. Doch nur kurze Zeit später folgte ein schwerer Schicksalsschlag: C.’s Mann verstarb. Die junge Mutter stand alleine da. „Es war eine schwere Zeit. Manchmal war ich verzweifelt, aber ich habe immer weitergemacht“, erzählt die Witwe. Doch das Schicksal schlug noch einmal zu. Im Alter von 64 Jahren starb ihre Tochter an einem Herzinfarkt. Ihr einziges lebendes Familienmitglied ist der heute 50-jährige Enkel.

Ihren Lebensmut hat sie nie verloren. Kraft gaben ihr vor allem die Berge, in denen sie oft unterwegs war. „Wenn ich sehe, dass ein Bergfilm gespielt wird, freue ich mich den ganzen Tag darauf“, sagt die Linzerin.
Ihr Resümee, zwei Tage vor Vollendung ihres 100. Lebensjahres? „Die Menschen waren früher nicht so materialistisch. Heute sind viele auf ihre Vorteile bedacht.“